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Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

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Podlacha, Ladislaus: Die "Göttliche Liturgie" in den Wandmalereien der Bukowiner Klosterkirchen
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Witte, Fritz: Karolingisch-ottonische Einflüsse in der Architektur der Krypta zu Vreden i.W.
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https://doi.org/10.11588/diglit.4155#0186

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267

1910. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9-

268

1

liehen Charakter der Komposition nicht be-
einflussen und diese noch scharf von der-
jenigen in den russischen Denkmälern des
XVII—XVIII. Jahrh. scheiden. Die letzteren
haben manches Analogon mit dem Süden gemein,
doch taucht bei ihnen in der genannten
Zeitperiode immer mehr eine andere Form
der Göttlichen Liturgie auf, nämlich der
Liturgie, an welcher sich drei Schöpfer
des orientalischen Ritual Joannes Chryso-
stomos, ßasilios der Große und Gregorios
der Theologe beteiligen. 18). Das ist schon

18) Es sei an dieser Stelle erwähnt, daß das dem
Werke Pokrowskis (»Die Wandmalereien«, Tafel XVIII)
entnommene und von Kraus in der »Geschichte der
christlichen Künste I S. 589 reproduzierte Bild infolge
eines Mißverständnisses fälschlich bezeichnet wurde.
Mit der Liturgia coelestis, wie Kraus die Ab-
bildung benannte, hat diese Darstellung gar nichts zu

eine weiter gehende Variante des Themas,
welche seinen Gedanken von Grund aus
ändert. Während in den athosischen und
Bukowiner Wandmalereien Christus als Hoher-
priester des Neuen Bundes dargestellt er-
scheint, wird die russische Liturgie (genauer
„der cherubische Lobgesang") eine in die
himmlischen Sphären verlegte und von den
drei Kirchenvätern vollzogene Handlung —
ein Gedanke, zu welchem die Anregung schon
in den üblicher Weise an der Wand des
Altarraums gemalten Figuren der griechischen
Hierarchen im voraus gegeben war.

Lemberg. Ladi slaus Podlacha.

tun. Es ist ein in der russischen Kunstgeschichte unter
dem Namen „Premudrost" bekanntes Bild, dessen
Entstehung in dem Spruche Salomonis „Die Weisheit
bauete ihr Haus und hieb sieben Säulen" (9j) ihre
Begründung findet.

Karolingisch-ottonische Einflüsse in der Architektur der Krypta zu Vreden i. W

(Mit 2 Abbildungen.)
laß die für die Architekturgeschichte

Deutschlands bedeutsame Krypta
der Stiftskirche zu Vreden in
Westfalen seit Lübke eine Wür-
digung, geschweige denn eine historische Fest-
legung nicht erfahren hat, mag nicht zum
mindesten daran liegen, daß Vreden einmal
etwas abseits von der großen Heerstraße liegt,
andererseits die vielfachen Denkmäler der
Kleinkunst, Plastik, Malerei u. s. f. in den
Kirchen die architektonischen Eigenarten der
Stiftskirche übersehen machen. Bei der Selten-
heit alter Bauteile aus dem ersten Jahrtausend
in Deutschland ist das um so merkwürdiger.
Die Krypta der Vredener Stiftskirche ist
ein dreischiffiger sechsjochiger Hallenbau, der
aus zwei energisch gesonderten Teilen besteht,
einem dreijochigen westlichen und einem ein-
jochigen östlichen. Die Scheidung der beiden
Teile geschieht durch zwei mächtige Pfeiler-
blöcke, die auf dem zweiten Drittel des ganzen
Raumes stehen. Die Verbindung des west-
lichen Teiles mit dem höheren östlichen wird
vermittelt durch einen größeren mittleren und
zwei engere seitliche Durchgänge. Das Chörchen
des östlichen Teiles schließt in fünf Seiten des
regelmäßigen Achteckes, entsprechend dem
oberen Kirchenchor. Das Mittelschiff hat
apsidalen Schluß, der Ansatz ursprünglicher

apsidaler Seitenchörchen ist in schwacher
Rundung der Mauermassen noch deutlich zu
erkennen. Die mit Gurtbögen versehenen
Kreuzgewölbe, die in ihren oberen Partien
kuppeiförmig gebildet sind, unten aber mit
scharfen Graten aufsetzen, ruhen wechselweise
auf stämmigen Pfeilern bzw. Säulen, seitlich
auf schwach vorspringenden Wandvorlagen
mit starkgeneigter Basis und edelgebildetem
Kämpfergesimse. Die zwei Pfeilerpaare des
westlichen Teiles ruhen auf einer sehr flachen,
weit ausladenden Basis und tragen Kämpfer-
platten, die in ihrer Profilierung denen der
Wandvorlagen entsprechen. Die Pfeiler so-
wohl wie die Säulen sind in vertikaler Richtung
durch architektonischen Dekor belebt, der mit
zum Eigenartigsten und Seltensten gehört, das
die deutsche Baugeschichte kennt. Stetig
wechselnd bei den einzelnen Stützen gibt er
einen ganzen Ornamentkanon für sich wieder:
Kanülen, breite, mit flachen Rundstäben ab-
wechselnde Rillen, abgefaste Ecken, wie die
nachklassische Kunst und die Spätgotik sie kennt,
ganz flache Pilaster mit unregelmäßigen, ge-
stelzten Bögen u. s. f. In seiner weichen, oft
flauen Behandlung wirkt dieser eigenartige
Schmuck als Nachbidung von Holz- oder
Elfenbeinschnitzereien. Die kräftig gebildete
attische Basis der zwei Säulenträger ist ziem-
 
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