Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

DOI article:
Witte, Fritz: Karolingisch-ottonische Einflüsse in der Architektur der Krypta zu Vreden i.W.
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4155#0187

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
269

1910. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

270

lieh steil und hat kein Eckblatt. Ebenso
fremdartig muten die Abdeckungen der Stützen
an: Bei den Pfeilern die bereits erwähnten
Kämpfergesimse und bei den Säulen des west-
lichen Teiles die kelchförmig ausladenden
Kapitale mit flachen ionisierenden Auflage-
ornamenten. In der Grundanlage haben die
Stützen der Vredener Krypta Analoga in der
starkverwandten Stiftskirche zu Essen, in
Hadmersleben, Paulinzelle, Magdeburg u. s. f.1)
Immerhin aber unterscheiden sich diese Ar-
beiten von denen in Vreden durch eine
straffere architektonische Fassung, durch stärker
ausgeprägtes plastisches Empfinden, während
letztere den Schmuck zum Teil ohne organische

der Gestaltung der Einzelheiten und vielleicht
in der glücklichen Grundrißanlage. Der Rhyth-
mus geht verloren durch die Kürze der Axe
und unverhältnismäßige Breite der Schiffe.
Vom Langschiff der Oberkirche führen zwei
Treppen mit je 7 Stufen in die Krypta nieder;
zwischen ihnen liegt eine heute zur Kirche
hin vermauerte rechteckige Nische. Die deutsche
Uranlage eine Confessio,' oder eines Heiligen-
grabes tritt hier deutlich in die Erscheinung,
ein Umstand, der aus mancherlei Gründen
wohl zu beachten ist, da er eine unverkenn-
bare Reminiszenz an italienische Vorbilder
des Frühchristentums bedeutet.

Der östliche, zweijochige Teil der Krypta,

w

0

1:200.

Abb. 1.

Verbindung aufweisen, mehr gezeichnet, auf
rein malerische Wirkung berechnet. Damit
stimmt auch das stark lineare Element im
Schmuck und die ungewöhnlich flache Be-
handlung desselben überein. Das Gefühl für
den Raum klingt in der Krypta nur sehr
schwach durch, vornehmlich nicht im Wechsel
der Stützen. Was bei den späteren Kirchen-
bauten mit Stützenwechsel den wohlklingenden
Rhythmus abgibt, die edle Proportionierung
zwischen tragenden und getragenen Massen,
die Abstände und Weiten der Stützen und
Gewölbekappen, das ist in Vreden zum Teil
recht mangelhaft, nur gemildert und vertuscht
durch das Ungewöhnliche und Fremdartige in

*) Abbildungen bei Dehio u. v. Bezold, »Die
kirchliche Baukunst des Abendlandes« Atlas III. 313.
Textband I. (Stuttgart 1892).

durch die bereits angezogenen Pfeilermassen
und durch eine merkbare Erhöhung des Bodens
und der Gewölbe scharf vom westlichen ge-
schieden, weist einige ganz prägnante Unter-
scheidungsmerkmale neben dem westlichen auf.
Die zwei Säulen haben ganz andere Propor-
tionen, andere Basen, andere Kapitale; während
die Stützen des westlichen Teiles der Krypta
aus dem weichen Baumberger Kalkstein ge-
fertigt wurden, bestehen jene aus einem weit
härteren und spröderen Material aus den
Brüchen von Bentheim oder des Teutoburger
Waldes. Deutlicher als jeder andere Umstand
spricht dieser; und wären die Anlagen und
Schmuckformen im wesentlichen identisch, die
Verschiedenheit des Materiales der Stützen
würde die Annahme von zwei Bauperioden
rechtfertigen. Dagegen sträubt sich der ein-
 
Annotationen