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Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

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Braun, Joseph: Ein Pluviale mit Kapuze
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https://doi.org/10.11588/diglit.4155#0204
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293

1910. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 10.

294

Ein Pluviale mit Kapuze.

(Mit Abbildung.)

iS ist bekannt, und ich habe das auch
in meiner Geschichte der litur-
iw^S®^ gischen Gewandung des näheren
™ 1 ausgeführt, daß der heute am
Pluviale über dem Nacken angebrachte Schild
ursprünglich eine Kapuze war, die man als
Kopfbedeckung über den Kopf zog. Diese
Kapuze wurde zunächst zu einem bloßen
Zierstück und, als solches ihrem anfänglichen
praktischen Zweck ganz
entfremdet, dann zum
bloßen Schild, der nur
noch durch seine Form
eine Zeitlang an die
Kapuze erinnerte, deren
Umbildung und Ver-
kümmerung er war.
Ein Pluviale mit Zier-
kapuze befindet sich zu

Ovalen einen aus vegetabilischen Motiven be-
stehenden Kern umschließen. Es ist das
Muster, aus dem sich später der Granatapfel
entwickelt. Da die Musterung die voll aus-
gebildete Form zeigt, wie sie uns im XII. Jahrh.
auf Geweben dieser Art begegnet, werden wir
das Pluviale eben diesem Jahrhundert zu-
zuschreiben haben. Beachtung verdient, daß
die Kapuze nicht glatt am Saume des Ge-
wandes sitzt, daß viel-
mehr dieser, soweit
die Kapuze reicht, in
leichte Falten gelegt ist.
Übrigens ist das Plu-
viale nicht das einzige
seiner Art im Halber-
städter Domschatz. Es
findet sich darin noch
ein zweites mit Ka-

St. Paul in Kärnthen, ein Pluviale mit wirk-
licher Kapuze im Domschatz zu Halberstadt.
Ich gebe dieses für die Geschichte des Chor-
mantels sehr wichtige Gewandstück in vor-
stehender Abbildung wieder. Dasselbe ist
völlig schmucklos. Gemacht ist es aus einem
gelblichen, schweren Seidenstoff von der Art
der geritzten Seidenzeuge des XL und XII.
Jahrh., der auch die bei diesen Geweben sehr
gewöhnliche Musterung zeigt, symmetrisch
nebeneinander verlaufende Wellenlinien, die
mitsammen Spitzovale bilden und in diesen

puze, das jedoch so viele Flicken und Aus-
besserungen aufweist, daß ich bei meiner An-
wesenheit im Schatz angesichts der Knappheit
der mir zu Gebote stehenden Zeit von einer
genaueren Untersuchung .absah. Diese zweite
Kappa ist bedeutend kürzer als die erste, so
daß man fragen kann, ob es sich bei ihr
nicht etwa eher um eine frühe Almutia han-
delt. Doch mag diese Kürze nur die Folge
gelegentlich einer der späteren Restaurationen
erfolgten Zustutzung sein.

Luxemburg. Jos. Braun S. J.
 
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