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Zeitschrift für christliche Kunst — 24.1911

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Podlacha, Ladislaus: Abendländische Einflüsse in den Wandmalereien der griechisch-orientalischen Kirchen in der Bukowina, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4275#0120
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1911. — ZEITSCHRIFT EÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.

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rung bewohnten Ländern geht eine Berührungs-
linie, an welcher die beiden Kunstrichtungen
um das Übergewicht einen Kampf führen.
Man braucht nicht lange zu überlegen, um
zu entscheiden, wer am Ende Sieger bleibt,
ob die schon sich erschöpfende und oft von
barbarischen Beimengungen nicht freie Manier
der Erben der griechischen Kultur, oder die
durch die technischen Errungenschaften und
durch die Lösung der formalen Probleme
mächtige Kunst des Abendlandes.

Die Wandmalereien der griechisch-orien-
talischen Kirchen in der Bukowina teilen mit
den griechischen
und russischen
dasselbe Schicksal,
d. h. sie unter-
liegen gleich jenen
einem nicht unbe-
deutenden Ein-
fluß der westeuro-
päischen Kunst.
Die meisten stam-
men aus dem
XVI. Jahrb., so
die Malereien der
Kirchen zu Sant-
Illie, Badcutz

(Abb. ü), Woronetz
(Abb. 2 —4, 7) und
Arborea,zum größ-
ten Teil auch
die Malereien von
Watra-Moldawitza
(Abb.l4),Homora
(Abb. 15) und Su-
czawa, die letzte-
ren mit neueren, und zwar aus dem XVII.
und XVIII. Jahrh. stammenden durchsetzt.
Es lassen sich auch Spuren von Einschleppung
russischer Einflüsse nachweisen, mit denen
manche abendländische Anleihe gekommen
ist, so in den Malereien der Klosterkirche zu
Suczawitza (Abb. 1, 5, K—1H, lü), die der Zeit
um 1600 oder gar dem ausgehenden XVI. lahrh.
angehören1). Ihrem Grundcharakter nach

') Inschriftlich l&ßt sich nur feststellen, daß die
Malereien von Woronetz in den Jahren 1547—1550,
die Malereien von Watra-Moldawitza im fahre i f>H7
ausgeführt wurden sind. Die Malereien von Sucza-
witza durften in den Jahren L6U6- US entstanden sein.
Vgl. Kozak E., »Die Inschriften aus der Bukowina«

.Wie,, 1903). I S. iss, 209 210; derselbe, »Re-
sultate meiner Forschungen im KJostei Suczawitza,,

Abb. 2. Woronetz. Heiligenfiguren. (Südapsis.)

gehören die Bukowiner Fresken dem südlichen
Kunstgebiete an: das System der Verteilung
von Malereien in der Kirche erinnert an das-
jenige in Griechenland, die Bearbeitung ver-
schiedener Sujets stimmt besser mit den An-
weisungen der griechischen Malerhandbücher
und mit der Auffassung der aus jener Zeit
in den griechischen Kirchen und Klöstern
erhaltenen Wandmalereien überein als mit
den Angaben der russischen Podlinniken2)
und mit den in den Kirchen Rußlands entstan-
denen Bildwerken. Man darf alle diese Er-
scheinungen nicht abgesondert betrachten, um

so weniger, weil
die Bukowiner
Malereien — wie
gesagt — in einem
engeren Zusam-
menhange mit
den walachischen
und griechischen
stehen, mit diesen
eine gemeinsame
Grundlage haben.
Deswegen wird es,
meine ich, nicht
ohne Interesse
sein, vor der Be-
sprechung der Bu-
kowiner Malereien
diesem Gegen-
stande näher zu
treten, um einige
allgemeine An-
haltspunkte zu ge-
winnen.

Wenn man von
der griechischen Kirchenkunst der Neuzeit
spricht, ist man geneigt, fast immer an den
hl. Berg Athos zu denken, welcher für ein
eigenartiges Milieu der mönchischen Kunst-
tätigkeit und für den Mittelpunkt aller künst-
lerischen Produktion auf dem Boden des
ehemaligen byzantinischen Reiches gilt. Legt
man diese letzte, von den russischen Ge-
lehrten schon längst verworfene Anschau-
ung, beiseite, und betrachtet man nur die

Archiv für slawische Philologie, brag von
V. Jagid, Berlin. Bd. XIV (1802)8.848, Bd. XV
(1893) S. 172.

•i Das rassische Wort »Podlinnik« bedeutet
Original, Urbild; dann in unserem Sinne eine Samm-
lung von Skizzen samt Anmerkungen, nach welchen

der Maler Kirchenbilder ausführen sollte.
 
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