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Zeitschrift für christliche Kunst — 33.1920

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Witte, Fritz: Der Wille zur Tat
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https://doi.org/10.11588/diglit.4307#0025
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ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. Nr. 1/2

wir im letzten Hefte des verflossenen Jahres sagten, aus der sogenannten plan-
losen theosophisch mystischen religiösen Kunst muß wieder eine Bekenntniskunst
werden, die dennoch, vielleicht gerade deshalb eine freie ist.

Können überhaupt der Anregungen und der zielbewußten Versuche zuviele
gemacht werden? Niemand von uns sollte dem anderen, der guten Willens ist,
im Wege stehen und bekämpfen, wir sollten uns alle freundschaftlichst die Hand
reichen zum — Willen zur Tat! Es ist für alle edlen Bestrebungen Platz. Wirkt
nicht auch die deutsche Gesellschaft für christliche Kunst in München seit
Jahrzehnten auf ihre Weise zur Hebung unserer Sache? Man wird ihr viel-
seitige Erfolge nicht absprechen wollen, wenngleich man vielleicht der Ansicht
sein kann, daß sie nicht konsequent genug und auch nicht immer in rechter Weise
ihre Propaganda getätigt hat. Auch sie wird, sofern sie weiterhin Pionierarbeit mit
Erfolg leisten will, ihre Organisation über kurz oder lang mehr auf unsere Zeit
einstellen müssen. Aber bieten wir nicht alle der Reibungsflächen genug? Auch
die Zeitschrift für christliche Kunst ist sich dessen vollauf bewußt, daß sie mit
ihren Tendenzen nicht überall Anklang findet, und auch das neue Institut für
kirchliche Kunst sagt im Voraus mea culpa, es weiß sehr wohl, daß Erfahrungen
gesammelt werden müssen, daß diese Erfahrungen sowie Anregungen von außen
eine öftere Umstellung der Organisation vielleicht notwendig machen werden.
Und doch geht die Leitung mit besonderen Hoffnungen an die Arbeit; diese Hoff-
nungen ergeben sich aus dem Grundprinzip des Institutes: Aus demLeben
für das Leben, aus der Religion für die Religion schaffen!

Damit fällt von vorneherein die Verwendungsmöglichkeit blauer Theorie im
üblen Sinne; nur praktische Arbeit soll geleistet werden.

Der Aufgaben sind so viele: Es gilt zunächst, mit vereinten Kräften Front zu
machen gegen die grotesk angewachsene Fabrikkunst, die unsere gute christliche
Kunst und die Kirchen verseucht, die dadurch die breite Masse unseres Volkes
eines hervorragenden ethischen Bildungsmittels beraubt hat. Dieser Kampf muß
gleicherweise geführt werden von München, von Wien, von Düsseldorf, von Köln,
und keine Waffe ist zu scharf, um ihn auszukämpfen. Fort mit dem Unternehmer-
tum aus allen Kirchen; solange es noch das große Wort redet, ist Besserung der
Dinge unmöglich. Klerus und Volk müssen die brutale Kulturlosigkeit der aus der
Fabrik gekommenen Afterkunst erkennen und dadurch verwerfen lernen. Der
Klerus — nicht oft genug kann es betont werden — muß über ein nüchternes und
zunächst fast zweckloses oberflächliches Studium kunsthistorischer Daten und
Namen hinweg zum Verständnis der Kunst überhaupt, zum eigenen persönlichen
Urteil gebracht werden, er muß soweit eingeführt werden in die Probleme und Auf-
gaben der Kunst, daß er ganz von selbst seine Stellungnahme zu alter wie neuer
Kunst sich erobert. Er muß sowohl wie das Volk zu dem Bewußtsein kommen,
daß es wirklich einen Kunstgenuß gibt, der aus dem Werke des Künstlers
ihm von selbst erwächst. Ist der Klerus soweit, dann ist das Grab auch geschaufelt
für alle Schundkunst und der Weg in die Kirchen und in die Familien für echte
Kunst offen; dann wird die Kirche wieder das, was sie 1 V> Jahrtausend gewesen:
Hüterin der heiligen Kunst. Dann ist auch Gottes, des Ewigen Ehre gewahrt.
Dazu will das Institut für Kirchenkunst in Köln das Seinige beitragen durch
eifrigste Propaganda in vielgestalteter Form. Um die Möglichkeit zu schaffen,
wird man ständig bemüht sein, vor allem Geistliche verschiedener Diözesen heran-
 
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