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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 1.1907/​8

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Heft 6 [März 1908]
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Rott, Hans: Bauspäne von einer anatolischen Reise
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https://doi.org/10.11588/diglit.19218#0173
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Bauspäne von einer anatolischen Reise. 161

struktion der Kirche von Tomarza wie der gleich zu erwähnenden von Siwri Hissar
im Hassandagh erbringen den nahezu sichern Beweis, daß die Basilika von Kodscha
Kalesi, wie unlängst in Anlehnung an ägyptische Vorbilder richtig vermutet wurde, eben-
falls mit einer Kuppel in ihrem turmartigen Tambour zu rekonstruieren ist.

Hellenistisch ist bei diesen Kirchenbauten die Betonung der Fassade und der
Horizontalen, die symmetrische Teilung der Wandflächen durch Pilaster und Gesimse,
die regelmäßige Anordnung der großen Fenster namentlich im Chor und die vorzügliche
Bauweise. Provinziell ist dagegen die Verwendung von Zwerchpilastern am Chorabschluß,
die mit ihren plumpen Kapitalen von dreiteiligem Akanthus die proportionale Wirkung
des Gesamtbaues nicht wenig beinträchtigen. Lokal ist die polychrome Behandlung der
Gesimse, Friese und Kapitale, die einst mit blau und rot bemalt waren. Auch im
Wechsel von helleren und dun-
keln Werksteinen suchte man
eine malerische Wirkung der
Außenwände zu erzielen.

Was am meisten bei
den kappadokischen Kirchen,
ob nun Basilika oder Kuppel-
bau, auffällt, ist das durch-
gängige Fehlen des bei dem
griechischen Katholikon so ty-
pischen Narthex. Erst nach-
träglich wurde bei der Mehrzahl
ein Notbau vor dem Portal er-
richtet, der jedoch heute meist
wieder bis auf die Fundamente
herab verschwunden ist. Dafür
erhellt immer ein mächtiges
Fassadenfenster von Westen Abbildung-IIb. Plan der Panagia zu Tomarza.

her das Innere der Kirchen.

Das weitere Merkmal dieser Bauten ist der Wegfall von Diakonikon und Prothesis.

Ziehen wir die in jüngster Zeit bekannt gewordenen zahlreichen Kirchenruinen
des benachbarten Lykaonien, die Basiliken von Binbirkilisse und Daule wie diejenigen
Isauriens zum Vergleiche mit unsern Denkmälern heran. Da überrascht uns die Tat-
sache, daß in der kaum eine Tagereise entfernten Nachbarschaft der rein basilikale
Typus, sehen wir von kleinern Anlagen dabei ab, fast ausschließlich herrscht. Nur
sporadisch finden sich hier noch bis zum Beischehr See hin die kreuzförmigen Kuppel-
kirchen Kappadokiens.1 Die Form der Hufeisen wird seltener, namentlich im Aufriß, die
Chöre enden meist im Halbrund resp. gestelzten Bogen, und die architektonische Gliederung
und Plastik ist an Mauern und Kapitalen äußerst sparsam verwandt. Was diese Basiliken
aber in direkten Gegensatz zu den Kirchen des kappadokischen Hochlandes setzt, ist
die Vorhalle resp. die rechteckigen Kammern an der Westfront seitlich des Einganges. Die
hohen Chorfenster sind hier durch gekuppelte Öffnungen vertreten, und nur die Quader-

1 Briefliche Mitteilung von Miß Gertrude Lowthian Bell. Man lese ihre sehr beachtenswerten
kleinasiatischen Forschungen in der Bevue archeol. 1906/07.
 
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