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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 1.1907/​8

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Meyer, Kurt: Zur Baugeschichte des Doms in Brandenburg a. H.
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https://doi.org/10.11588/diglit.19218#0194
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Abbildung 6.

182 Kurt Meyer-Berlin.

genauesten Beobachtungen gelungen. An den vier östlichen Bögen haben sich gleich-
mäßige einfache Kämpfergesimse befunden, die aus ausgekragten unten abgerundeten
Ziegeln gebildet waren (Abbildung 6 a). Anders und zwar reicher sind die Kämpferprofile
an den Westbögen ausgebildet. Schon dieser Umstand, daß die vier östlichen Bögen
gleichgestaltet waren, zeigt, daß sie gleiche Funktionen gehabt haben müssen. Unum-
stößlich aber wird der Nachweis durch die Tatsache, daß, wie man deutlich sieht, an
dem Kämpfer des nordöstlichen Bogens später, und zwar als der Eingang geschaffen
wurde, nachgearbeitet ist. Die ausgekragten, unten abgerundeten Steine waren für den
Eingang zu primitiv, und man hat, um ein etwas reicheres Profil zu
schaffen, einfach ein Stück fortgestemmt und so das in Abbildung 6 b
dargestellte Profil erhalten. Wahrscheinlich ist der Eingang hier erst ge-
schaffen worden, als durch den großen Vorbau im Mittelschiff die beiden
westlichen Eingänge unbenutzbar geworden waren.1 Aus dieser Zeit stammt
denn auch der verzierte Schildbogen, der bedeutend kleinere Steine als die
anderen Schildbögen und Gurte hat und in die Nut des vorher dagewe-
senen Schildbogens gar nicht hineinpaßt. Dieselbe Manipulation wie an dem
Kämpfergesims dieser Öffnung ist an dem des südwestlichen Bogens bei
Einbau der Treppe vorgenommen worden. Es hat mir von Anfang an
unwahrscheinlich geschienen, daß man eine Krypta mit sechs großen Offnungen nur an
einer einzigen, ziemlich entlegenen Stelle zugänglich gemacht haben sollte, wo doch die
Bogenöffnungen nach dem Mittelschiff zu mit ihren 2,40 m breiten Laibungen geradezu
nach dem Einbau von Treppen schreien, und ich glaube, daß es mir auf die angegebene
Weise gelungen ist, das frühere Vorhandensein solcher Treppen nachzuweisen.

Adler sowohl wie Stiehl haben nun angenommen, daß die Anlage der Krypta
ursprünglich eine dreischiffige war; Stiehl sagt sogar direkt, es hätte sich die Krypta
mit drei großen Bögen nach dem Mittelschiff zu geöffnet. Anlaß zu dieser Annahme
war der Umstand, daß die beiden Offnungen an den Seiten der Westwand liegen (siehe
Grundriß), also eigentlich nicht in die großen Gewölbeschildbögen hineinpassen. Daß
keine drei Bögen vorhanden gewesen sein können, geht aus dem Umstand hervor, daß
das Mauerwerk in der Mitte der Westwand nicht das geringste Zeichen von Ausmauerung
oder Bogenansatz trägt, sondern in tadellosem Verbände bis oben hochgeführt ist. Es
ist dies auch nichts Merkwürdiges, da man den Platz zwischen den beiden Bögen im
Mittelschiff für einen Altar gebraucht hat, wie er bei ganz derselben Anordnung heute
noch in Jerichow benutzt wird. Daß einmal eine dreischiffige Krypta vorhanden war,
ist wahrscheinlich, nur können bei dieser ersten Anlage noch keine Gewölbe vorhanden
gewesen sein, da jede Spur von kleineren Schildbögen an der Westwand fehlt, wie sie
von den größeren romanischen Schildbögen noch deutlich wahrnehmbar ist. Hätte man
die Krypta nicht dreischiffig geplant, so wären wohl die westlichen Bogenöffnungen ebenso
breit gemacht worden wie die Öffnungen nach den Kreuzfmgeln zu, nämlich 2,60 m.
Nun sind sie aber nur 2,30 m breit und zwar so angebracht, daß sie gerade noch eine
Dreiteilung zulassen. Wie wir nachher sehen werden, stammen sämtliche Wandpfeiler
und Säulen aus späterer Zeit, kommen also für die erste Anlage nicht in Betracht.
Es liegt daher nahe, da allem Anscheine nach Gewölbe und Säulen fehlten, an eine

1 Uber das vermutliche Alter sowie die verschiedenen Umgestaltungen des westlichen Vorbaues,
der heute die große Freitreppe bildet, werde ich in der geplanten Spezialarbeit ausführlich berichten.
 
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