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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 2.1908/​9

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Thiersch, Hermann: Antike Bauten für Musik, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.19219#0103
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89

Der Kontur des Daches nach außen hin ist wahrscheinlich auch anders gewesen,
als Niemann ihn zeichnet. Nach allen Analogien und dem Baubefund selbst dürfen
wir bei diesem hellenistischen Werke nicht mehr die steife gerade Kegellinie der
klassischen Periode erwarten, sondern eine elegantere Form, ein steiles Emporziehen der
Kegelspitze, wodurch Kurven in der Dachlinie entstehen, ähnlich der sanft geschweiften
Linie eines Zeltdaches. Diese Form sichert in Samothrake der erhaltene Rest des be-
krönenden Knau-
fes (Abb. 27), der
steil und schlank

einen weichen
Ubergang seiner
seitlichen Kontur
nach unten hin
erfordert.1 Die
entsprechenden
Dachformen,
welche späthel-
lenistische Male-
reien in Alexan-
dria und Pompeji
mehrfach Kund-
bauten geben2,
werden einer ähn-
lichen Wirklich.-:
keit entsprochen
haben. Wir ha-
ben endlich auch
eine literarische
Bestätigung hier-
für. Gelegentlich
der athenischen
Tholos, der hel-
lenistischen Filiale des alten Prytaneions, sagt Harpokrates, der Bau sei rund gebaut, ähnlich
einer &okia. Dies Wort bezeichnet aber offenbar nichts anderes als das kokette Frauen-
hütchen mit seiner elegant hochgezogenen Spitze, das uns allen von den graziösen Terra-
kotten des frühhellenistischen Tanagra her wohlbekannt ist. Einen «kuppeiförmigen»
Frauenhut, an den man bisher gedacht zu haben scheint, kenne ich wenigstens nicht.

Endlich ist im unteren Teil der inneren Wandseite des Arsinoeions eine merkwürdige
Unregelmäßigkeit vorhanden, für die noch keine Erklärung gefunden ist (vergl. a. a.O., S.83).
Die Abdeckungsschicht über den Orthostaten geht nicht quer durch die ganze Wanddicke
hindurch, wie man erwarten sollte, und wie es der Fall ist bei dem ganz entsprechenden

1 Dieser Knaufhals ist derart in der Mitte ausgehöhlt, daß man versucht ist, zu vermuten, es sei bis
in die oberste Spitze hinauf ein Mast durch ihn hindurch gegangen, der, sei es im Mittelpunkt des Boden-
kreises fest eingerammt, sei es nur ein Stück weit nach unten reichend (wie bei Caninas' Odeionrekonstruktion),
dem ganzen Dach mehr Halt und Stütze gegeben hätte. — 2 Vergl. auch das sog. Absolomsgrab.
 
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