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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]; Verein für Historische Waffenkunde [Contr.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 1.1897-1899

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5. Heft
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Sixl, P.: Entwickelung und Gebrauch der Handfeuerwaffen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37715#0129
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5. Heft.

Zeitschrift fiir historische Waffenkunde.

IIS

Köhler bemerkt, «die Angabe der Annalen von
Genf zum Jahre 1313 findet in den Thatsachen nicht
den geringsten Anhalt».1)
Die nächste Nachricht bringen die Chroniques
messines par Huguenin (Metz 1838), welche melden,
dass Metz im Jahre 1324 couleuvrines und serpen-
tines besessen habe,
Ueher diese Angaben gehen die Ansichten aus-
einander,
Jähns schreibt;2) «Nun sind die Chroniques
messines eine abgeleitete Arbeit, welche auf ein altes
Reimgedicht zurückführen: «La guerre de Metz en
1324» (Publid par E. de Bouteilles. Paris 1875) und
in diesem steht an Stelle von coleuvrines und
serpentines der dem 14. Jahrhundert durchaus ent-
sprechende Ausdruck espignoles. Dieser Ausdruck
kann allerdings engins älterer Art (Standarmrüste)
bezeichnen, ebenso gut aber aueh engins ä feu,
und da die Bearbeiter- des Reimgedichts solche
darunter verstanden haben, so ist doch wahrschein-
licher, dass es sich um Geschütze handelt als um
älteres Werfzeug,»
General Köhler ist jedoch der bestimmten An-
sicht, dass Metz im Jahre 1324 keine Feuerwaffen
gehabt, sondern nur Espingolen.8)
Nun kommt in der Zcitfolge eine Nachricht aus
Spanien, welche berichtet, dass im Jahre 1325
«Ismael, König von Granada, die Stadt Baza Tag
und Nacht mit Maschinen beschossen habe, welche
mit grossem, donnerähnlichem Geräusche Feuerkugeln
in die Stadt warfen.»
Auch diese Nachricht wird verschieden auf-
genommen.4)
Köhler schreibt:5) «Das können nun zwar
Bliden gewesen sein, aber der Chronist (Conde)
nennt zwei Arten von Maschinen und bezeichnet im
folgenden Jahr, wo der König Martos beschoss, die
Maschinen als Donnermaschinen (machinas de truenos),
was zu sehr an die Ausdrücke erinnert, die man im
Abendlande den ersten Geschützen gab.»
Jähns glaubt «die machinas de truenos, mit
denen der wenig zuverlässige Geschichtsschreiber
Conde im Jahre 1325 den König von Granada
die Stadt Baza beschiessen lässt, und die pelo-,
tas de hierro que se lazaban con fuego, welche
er denselben König 1331 gegen Alicante verwenden
lässt, sind mindestens ebenso fragwürdiger Natur,
wie die oben besprochenen Metzer Espignolen von
1324.»6)
Romocky urtheilt noch bestimmter und glaubt
«dass die spanischen Araber noch bei der Belage-
rung von Tarifa im Jahre 1340 und von Algeciras

») Köhler III, i, 236.
SJ Jähns, G. d. K. I, 226 und 227,
®) Köhler III, 1, 237.
*) Köhler III, 1, 222.
-j Conde, Historia de la dominiacion de los Arabes en
Espana III, 6, XVIII; — bei Köhler, Jähns, Romocki.
6) Jähns, G. d. K. I, 228.

in den Jahren 1342—1344 keine Geschütze gehabt
haben, wenigstens geht das selbst aus Condes und
Casiris Berichten nicht hervor«.1)
Nun kommt in der chronologischen Reihenfolge
eine Nachricht aus Italien vom Jahre 1326, welche von
mehreren Seiten2 3) als bestimmte und sichere Nach-
richt für das Vorkommen von Feuerwaffen aufgefasst
wurde. Die Urkunde ist vom 11. Februar 1326
datiert; in derselben ertheilt die Signoria von Florenz
den Behörden den Befehl, zwei Beamte anzustellen
mit dem Aufträge, auf Kosten der Republik eiserne
; Kugeln und Kanonen von Metall (pilas seu palloctas
ferreas et canones de metallo) zur Verthcidigung
der Burgen und Dörfer der Republik fertigen zu
| lassen,
Romocki8) schreibt über diese Urkunde folgen-
des: «doch gehört diese Urkunde zu den «Ent-
deckungen» des berüchtigten Libri, welcher im
Jahre 1850 aus der Pariser Academie ausgestossen
und zu zehnjähriger Zuchthausstrafe verurtheilt wurde,
da er an verschiedenen Orten Urkunden gestohlen
und, nachdem er sie durch geschickte Aendcrungen
scheinbar werthvoller gemacht, verkauft hatte, und
dürfte, wie auch Berthelot (im historischen Anhang
zu seinem Werke «Sur la force des matieres ex-
plosives») annimmt, als im Datum gefälscht zu be-
trachten sein.»
Endlich —. vom Jahre 1331 — stammt eine
zweifellose Nachricht über Vorkommen von Feuer-
waffen und zwar ebenfalls aus Italien. Es heisst in
der Chronik von Cividale — zum Jahre 1331
«ponentes vasa versus Civitatem» — «et extrinseci
balistabant cum sclopo versus Terram».4)
Die Bezeichnung «vasa», deutsch «Büchse»,
«Häfen» oder selbst «Krug», französisch «boites»,
«pots» wird für die ältesten Feuerwaffen angewendet
und entsprach wahrscheinlich der ersten Form der-
selben. Sclopus (scloppus, stloppus) Schall, Klapps-,
Schuss, — italien. schioppo bedeutet gewöhnlich
eine Handfeuerwaffe, im Gegensatz zu schwereren
Waffen.
Romocki bemerkt hierzu: «diese Nachricht deutet
keineswegs auf die arabischen Länder, sondern auf
Deutschland als Ursprungsland der Geschütze hin.»
Der Kampf spielt sich im nordöstlichsten Thcile
Italiens, dicht an der Grenze der österreichischen
Lande vor der Stadt Cividale in Friaul ab, und die-
jenigen, welche Cividale mit Geschütz angreifen, sind
deutsche Ritter., und haben «de Crusbergo» und «de
Spilimbergo» geheissen.
*) S. J. v. Romocki I, 82.
2) Dr. B. Hidber: Das erste Schiesspulver und Geschütz in
der Schweiz, 1866, p. 9, aus den sog. Riformagioni (Archivio cen-
trale die stato in Firenze). — Nach Lacabane, Bibliotheque de
l’gcole de chartes, T. I, s6rie 2, 50; — bei Köhler III, I, 215;
— bei Jähns, G. d. K. I, 228.
3) S. J. v. Romocki I, 80.
4) L. A. Muratori, «Rerum Italicarum scriptores», Bd. XXIV;
_ bei S. J. v. Romocki I, 81; — erwähnt bei Köhler III, 1, 225;
— M, jähns Hdb. 775.
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