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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 1
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Sixl, P.: Entwickelung und Gebrauch der Handfeuerwaffen, [9]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0030
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i6

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

II. Band.

die Kohle in einer Mühle gemahlen und zu Marien-
burg, Elbing und Neuteich werden Pulvermühlen
aufgestellt. Ins Feld werden zumeist nur die Ma-
terialien und Geräte für die Pulverbereitung mitge-
nommen oder bei Bedarf später nachgeschoben. In
welchem Verhältnisse Salpeter, Schwefel und Kohle
damals gemischt wurden, ist nicht zu entnehmen, weil
jede Andeutung fehlt. Das Pulver wurde in ledernen
Pulversäcken aufbewahrt, so z. B. werden im Jahre
1409 für 7 Pulversäcke 9 Scot bezahlt und im Jahre
1414 in Schochau 8 lederne Säcke mit Pulver über-
geben.
Als Geschosse für die Lotbüchsen diente das
«Gelote», aus welchem man Bleikugeln anfertigte;
zum Jahre 1401 wurde eingetragen: 3 m. «vor 9
steine blyes zu geloten»; im Jahre 1408 werden
«6 Centner blyinne gelote» erwähnt, und im Jahre
1409 werden «gelote» gegossen; nähere Angaben
über Beschaffenheit und Grösse dieser Bleikugeln
fehlen. Nicht uninteressant ist, dass im Jahre 1385
in Königsberg «2 Lotbüchsen, je zur Büchse 200
Schüsse und Pulver genug», im Jahre 1391 zu Oste-
rode bei 2 Lotbüchsen 200 Gelote, und im Jahre
1428 zu Elbing bei io Lotbüchsen 10 Schock Ge-
loten aufgezählt werden; diese grosse Anzahl von
Geschossen deutet auf einen intensiven Gebrauch
der Lotbüchsen und auf eine besondere Fürsorge
für die nötige Munition.
In den einzelnen Inventarien werden auch «rore»
genannt, so z. B. im Jahre 1414 «in Tapian 3 par
roren», im Jahre 1422 ebenda «9 par rore, 2 par
haberroren, 2 par roren gegetert». Das Tressler-
buch giebt hierzu die nötige Aufklärung; dasselbe
enthält zum Jahre 1409 folgende Ausgabepost: «4
scot vor polvermesechen, von bleche gemacht, und
vor 4 roren, do der bochsenschocze Fuver mag
inne tragen». Diese Rohre hatten demnach die Be-
stimmung, das brennende Zündmittel aufzunehmen
und sollten ermöglichen, dass man dasselbe stets
zur Hand habe, um die geladene Feuerwaffe so-
fort abschiessen zu können. Dieselben eisernen
Röhren nennt auch das Inventar des Zeughauses
von Bologna vom Jahre 1397: «14 ferros ad trandum
ignem».
Die Lotbüchsen wurden in hölzernen, beschla-
genen «laden»—die heutigen Ge wehr-Verschlüge —
aufbewahrt und versendet. Im Jahre 1409 erhält
der Schmied Jan Wernig in Marienburg «11/2 mark
vor 5 laden czu lotbuchsen czu beslohen», und im
Jahre 1410 werden zu Elbing 15 Laden angeschafft,
«lotbuchsen dorin to leggende».
Diese vorstehenden Angaben lassen sich durch
gleichzeitige ähnliche Daten leicht ergänzen, wo-

durch das Gesamtbild der Entwickelung der Feuer-
waffen sich immer mehr vervollständigt.
Schon im Jahre 1378 wurden in Nürnberg Aus-
gaben eingetragen, für Steine, die man schiesst, für
2 kupferne und 2 eiserne Büchsen1) und im Jahre
1386 kosten daselbst 3 kupferne Büchsen, die 2l/a
Centner wiegen, 27 @ und 10 kleine eiserne 30 @
hl.'2) Es wurden demnach schon im letzten Viertel
des 14. Jahrhunderts Eisen, sowie Kupfer, wahr-
scheinlich mit einem geringen Zusatz von Zinn, zur
Anfertigung der Feuerwaffen verwendet; das Gewicht
der kupfernen Büchsen war dasselbe, wie bei jenen
6 Büchsen, welche im Jahre 1401 der Hoch-
meister Conrad von Jungingen aus 14*/ Centner
Kupfer und '/2 Centner Zinn giessen liess. Die in
dem Inventar von Vestenberg vom Jahre 1389
erwähnte grosse Büchse schoss öpfündige Blei-
kugeln, was einem Kaliber von nahezu 8 cm ent-
sprechen würde. In der Zeugmeisterrechnung der
Stadt Regensburg vom Jahre 1382 wurden oben
11 gegossene, in Holz verrichtete «Büchsen», welche
zusammen 120 Pfund wogen, angeführt, daher eine
Büchse zu 12 Pfund, was auf Handfeuerwaffen hin-
deutet. (Gmeiner, Regensburger Chronik, II, 192.)
Aus dem Jahre 1410 ist eine Urkunde der Burg
Hohenkarpfen bei Tuttlingen erhalten, welche fol-
gende Schiesswaffen anführt: 20 Armrüste und 5000
Pfeile, 8 kupferne Büchsen, 4 Steinbüchsen und 4
Klotzbüchsen.3) Hier stehen 20 Armrüste 16 Feuer-
waffen gegenüber. Es wurde oben hervorgehoben,
dass schon in der Münchener Handschrift das Wort
«Klotz» in der Bedeutung von Geschoss und zwar
im Gegensätze zu «ainem stein» vorkommt, es lag
nahe, diese nach der Art der Geschosse als Stein-
büchsen, jene aber als Klotz- oder Lotbüchsen zu
bezeichnen.
Dem Pfalz. Cop. Buche Nr. 4 aus Karlsruhe
ist folgende Notiz entnommen: «Gein Waldeck ist
kommen . . . 1412 eine cammerbohsse, it. 50 stein
dartzu. it. 3 clotzbohssen und me dann IOO clotzer
dazu. 1 fessel Salpeters; 1 fessel mit polver.»4) Hier
sind die Klotzbüchsen, sowie oben die Lotbüchsen,
den Steinbüchsen gegenüber gestellt; auch die
Munitions-Menge entspricht den oben gegebenen
Daten von Königsberg, Osterode und Elbing. —
Im Jahre 1413 sind zu Fürstenberg 7 Handbüchsen
und 117 Büchsensteine vorhanden.5)
') Würdinger, II, 342 citiert: Röderi Pauli memoria Ebne-
riana p. 73.
-) Würdinger, II, 346.
3) Monumenta Zollerana, I, 442.
4) Mone, Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins. VI. 60.
6) «Quellen» 21.
(Fortsetzung folgt.)
 
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