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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 3
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Liebe, Georg: Das Turnier in den Briefen deutscher Fürsten am Ausgang des Mittelalters
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0080
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Zeitschrift für historische Waflenkunde.

II. Band.

belebung einer der beiden früher dort bestehenden
entstanden, worauf Kurfürst Albrecht eiligst auch
die andere, der mehrere seiner Vorfahren angehört
hatten, erneuerte. «Wir sind vor mit gots hilfif die
fordersten im Turner gewesen und gedenkens aber
zu bleiben.» Auch in Schwaben wird 1478 nach
langer Zeit wieder ein Turnier gehalten als «alt
löblich herkomen». Ueberwiegend erscheint das
Kampfspiel jetzt als unumgänglicher Bestandteil
jeder Festlichkeit, die dem fürstlichen Hofe Gäste
zuführte, mochte dies durch die regelmässigen Fest-
zeiten, zumal Fastnacht und Martinsabend geschehen
oder bei ausserordentlichen Gelegenheiten wie den
Hochzeiten. Das Stechen, wie die gewöhnliche Be-
zeichnung ist, war eine den Gästen erwiesene Höf-
lichkeit. Der Besuch der Tochter Kurfürst Albrechts
mit ihrem Gatten Eberhard von Würtemberg bei
ihren Eltern 1481 wurde durch ein Gesellenstechen
gefeiert, wobei der junge Markgraf Friedrich seinen
Schwager herabrannte. Als Friedrichs jüngste
Schwester mit Graf Wilhelm von Henneberg 1499
Hochzeit halten sollte, schrieb dieser seinem
Schwager: «Als ir mir schreibt, dass är mit mir
rennen wolt als ein gut geselle, so will ichs worlich
auch dun und will nit allein mit euch rennen als
mit meinem freuntlichen, lieben swager, sunder als
mit einem guten gesellen.» Die ganze Freude eines
glänzenden kraftbewussten Daseins strahlt aus den
Worten Albrecht Achills (1480): «Ist konig Artes
hofe hie mit jagen, beizen, hetzen, stechen, rennen
und aller kurtzwil.»
Waren die Einladungen ergangen, so galt es
noch höchst sorgfältige und komplizierte Vorberei-
tungen. Sie gingen zunächst auf die Beschaffung
passender Rosse, denn es mussten nicht nur un-
gewöhnlich starke, sondern auch besonders zuge-
rittene Tiere sein, um bei dem Getöse ein williges
Werkzeug des Reiters zu bleiben. Seine Hoffnungen
wurden wie beim heutigen Rennen nicht selten
durch Ausbrechen des Rosses vernichtet. In den
Briefen wiederholt sich daher ständig die Bitte, dem
Schreiber ein «Stechpferd», «bestochen Pferd» zu
leihen, die keineswegs immer leicht zu erfüllen war.
1496 antwortet Markgraf Friedrich von Brandenburg
dem Kurfürsten Friedrich von der Pfalz, dass er nur
zwei Pferde zur Verfügung habe, der Fuchs sei
eben erst von Worms zurück und so müde, dass
er ihn beim Nürnberger Gesellenstechen erst zuletzt
habe gebrauchen können, weil er es sonst nicht
ausgehalten hätte; den Waldecker aber schicke er,
auf dem er nur vier Treffen gethan. Eben so pein-
liche Aufmerksamkeit erforderte der Zustand der
so kunstvoll zusammengesetzten Rüstung. Fürsten
im Besitz einer wohlversehenen Rüstkammer werden
daher häufig, auch von niedriger Stehenden an-
gegangen, Stechzeuge zu leihen. Dass die Rüstung
für den Benutzer gefertigt, «ihm auf den Leib ge-
schlagen» war, wurde ja keineswegs erfordert, doch
als Herzog Adolf von Berg nach einem «wälschen

Kürass» Begehren trägt, bittet ihn (1434) sein fran-
zösischer Agent um Uebersendung von Wams und
Hosen zum Mass. Auch Maximilian schreibt (1479)
seinem Getreuen Sigmund Prüschenk aus den Nieder-
landen: «Es ist in langer zeit kein hübscher fran-
zösischer harnisch gemacht worden, als ich jetzt
hab. Er gesteet 3 cron allein von den platner.»
Den Ansprüchen der Meisten zu genügen waren
die kunstvollen Erzeugnisse deutscher Plattnerei wohl
geeignet. Hauptstätten der Industrie waren Nürn-
berg und Augsburg, durch Maximilian gesellte sich
Innsbruck, durch die sächsischen Fürsten Witten-
berg hinzu.1 2 *) Die nach der Ausrüstung verschie-
denen Arten des Turniers erforderten schon beim
Ausschreiben genaue Angabe der Bedingungen. Die
Briefe nennen neben dem üblichen Stechen nur das
Rennen — in leichterer Rüstung — und das Stechen
im hohen Zeug — in geschlossenen Sätteln. In
dem eben angezogenen Brief erwähnt Maximilian
die «Wallisch hoffweis», wahrscheinlich das Stechen
über die Planke (Palia), das sich nachher vom öster-
reichischen Hofe über ganz Deutschland verbreitet
hat. Bei den einzelnen Kampfarten wurden ganz
gleiche Bedingungen vorgesehen und deshalb mit
der Einladung die Masse für die Höhe der Pferde
und die Länge der Spiesse mitgeschickt. Das ge-
rechte Abwägen aller Chancen scheint manchmal
Mühe genug gemacht zu haben; 1476 schreibt
Kurfürst Albrecht aus Cölln a. d. Spree seinem
Schwiegersohn Eberhard von Würtemberg, wenn
er zum Stechen komme, solle er Hader bei seinen
Gesellen verhüten, es sei dort «ein hederisch volk,
das auf irm mist niemand nachgiebt». Daher wolle
er alles Gerät in der Harnischkammer anhängen
lassen, «denn wir wollen selber harnaschmeister
sein durch die unsern und es machen, das es gleich
ist und niemands darin gribeln lassen nach alter
Frenkischer weis. Dann die underrichtung findet
man an den zetteln, wie man globt. Dann es köndt
mit den leuten sonst niemands ausskommen, son-
derlich so es nach mittag wer». Ueberhaupt atmet
der Brief Missvergnügen über den Mangel höfischer
Sitte in der Mark: «Zu zehen Hochzeiten sticht
man kaum einsten und wem wir nicht, so wurd
ganz kein stechen nit»4)
Auf glanzvolle Repräsentation bedacht Hessen
Fürsten nicht selten ihr Gefolge in gemeinsamer
Hofkleidung aufziehen, auch auf Gleichheit der
Pferde sah man wohl; 1485 sucht Markgraf Fried-
rich vergeblich zwei Rotschimmel. Seinem Sohn
Markgraf Johann verspricht Kurfürst Albrecht (1471)
Kleider und Harnisch mitzubringen und fügt launig
hinzu: «Doch so wag ein botenlon dorauff und
schreib uns, vor was färb du begerst von claydern.
Du bist ein armer kurfürgt, so du nit sovil hast,
*) v. Ehrenthal. Eine sächsische Plattnerwerkstatt xu Witten-
berg (Neues Archiv f. sächsische Geschichte 1894).
2) Priebatsch, Politische Korrespondenz des Kurfürsten
Albrecht Achilles II. No. 225.
 
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