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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 7
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Rose, Hermann: Das mittelalterliche Wurfbeil
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0257
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7. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

241

Der runde scharf zugespitzte Griff ist ebenfalls
hohl und in seinem unteren Teile mit einem Loch
versehen, dessen Bestimmung bis jetzt unklar ge-
blieben ist. Ein Gürtelhaken wie bei dem erst-
erwähnten Exemplar des Grafen Wilczek konnte
hier nicht gut angebracht sein, denn bei dieser
Stellung des Hakens wäre die Spitze des Rücken-


Fig. 3. Eisernes Wurfbeil mit Waffenschmiedsmarke.
T5. Jahrh. Beginn.
(Sammlung der Kaiserlichen Eremitage zu St. Petersburg.)
dornes gegen den Oberschenkel des Trägers ge-
richtet gewesen. Es erscheint dagegen nicht aus-
geschlossen, dass die Oefifnung zur Befestigung einer
Leine mittels Knebels bestimmt gewesen sein kann
(also etwa wie bei einer Harpune).
Bei der Verwendung des Wurfbeils im offenen
Felde freilich wäre dies wegen der durch eine solche
seitliche Befestigung bewirkten Ablenkung der Waffe

beim horizontalen Wurfe nicht recht glaublich, wohl
aber lässt sich dies, wie Herr von Lenz vermutet,
bei der Verteidigung von festen Plätzen von den
Mauerzinnen herab, also bei einem Wurfe von oben
nach unten, schon eher denken, um die einmal ge-
schleuderte Waffe zu wiederholtem Gebrauche wieder
hinaufzuziehen.
Jedenfalls ist aus der ganzen Konstruktion des
Beiles zu ersehen, dass dasselbe hauptsächlich für
den Wurf bestimmt war. Denn der runde Griff
schliesst die Befestigung an einer Stange aus, auch
lässt sich die Aushöhlung gerade dieses Teils mit
Sicherheit auf die Absicht zurückführen, dieses Ende
der Waffe zu entlasten und den Schwerpunkt mög-


Fig. 4. Eisernes Wurfbeil mit Waffenschmiedsmarke (a).
15. Jahrh. Beginn. Gefunden bei Memmingen (Süd-Bayern).
(Sammlung des Verfassers.)
liehst nach der Mitte zu verlegen. Für den Ge-
brauch als Faustbeil wäre der Griff nicht nur nicht
erleichtert, sondern sein Gewicht wie auch das der
ganzen Waffe wesentlich erhöht worden.
Obgleich bei der grossen Seltenheit derartiger
Waffen eine genauere Datierung schwierig ist, wird
nach Herrn von Lenz die Anfertigung dieses Beils
aus verschiedenen Gründen nicht in das 14., son-
dern in den Anfang des 15. Jahrhunderts zu ver-
setzen sein, und dürfte dieselbe Zeitbestimmung
auch für das gleichartige zweite Exemplar der Wil-
czekschen Sammlung zutreffend erscheinen.
Ein viertes Exemplar ist vor Jahresfrist vom
Verfasser dieser Zeilen für seine Sammlung erworben
worden. Dasselbe ist gleichfalls aus einem einzigen
Stück Eisen geschmiedet und zeigt die eigentliche
Beilform.
 
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