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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 7
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Rose, Hermann: Das mittelalterliche Wurfbeil
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0261
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7. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

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Axthelmes einen Stachel, Stiel mit Spitze, zeigt
und wie der Czakan geworfen wurde»,1) sowie die
Mordhacke, lange. Mordhacke und die Streitaxt der-
jenigen Waffengattung angehören, welche man auch
bei Fussturnieren brauchte.2 *)
In der That finden wir im «Freydal»8) auf Blatt 19
einen Fusskampf des Kaisers Maximilian mit Graf
Albrecht von Zollern abgebildet, bei welchem sich
nach dem Texte auf Seite LI daselbst die mit einer
Tartsche bewehrten Kämpfer des Reiterschwerts zu-
gleich mit einem «dreistachlichen Wurf-
hammer» bedienen (siehe Fig. 5).
Diese eigentümliche Waffe kommt in den Zwei-
kämpfen des Freydal nur dieses eine Mal zur An-
wendung und zeigt mit unserem Wurfbeile die grösste
Aehnlichkeit. Sie ist ebenso wie dieses aus einem
einzigen Stück Eisen geschmiedet, hat denselben
Stachel an der Spitze, am Rücken und unten am
Griff, und zeigt als einzigen Unterschied auch vorn
einen gleichen Stachel an Stelle der Beilfläche. Die

Somit erscheint die Angabe Hiltls über den
Gebrauch des Wurfbeils bei den Fussturnieren durch-
aus glaubwürdig, zumal wenn man die ganz gleich-
artige Benutzung des Wurfbeils und des Streit-
hammers als Hieb- und als Wurfwaffe berücksichtigt.
Denn auch letzterer wurde wie das Wurfbeil mit
Vorliebe vom Walle aus und gleich dem römischen
Pilum unmittelbar vor dem Angriff mit blanker Waffe
geschleudert.4 *)
Mit der vermehrten Einführung der Feuerwaffen
im 16. Jahrhundert verschwindet in Deutschland
das Wurfbeil vollständig, und mag der Umstand,
dass sich nur sehr wenige Exemplare bis heute er-
halten haben, auf die Verwendung derselben im
Hausgebrauche zurückzuführen sein, wozu sie infolge
ihrer Handlichkeit besonders geeignet' waren.
Dagegen blieb dasselbe seit dem frühen Mittel-
alter bei den slavischen Völkern dauernd in
einem so allgemeinen Gebrauch, dass Philander
von Sittewald bei den unmöglich zu findenden



Fig:. 6. Francisco vom 7.-8. Jahrh., Fig. 7. Slavisches Wurfbeil,
gefunden zu Kaltenengers. Ger- 16. Jahrh. Beginn. Handzeichnung
manisches Museum. (Demmin, von Albrecht Dürer. (Linden-
Seite 338.) schmit, Seite 17.)

Fig. 8. Polnisches Wurfbeil. 17. Jahrh.
Beginn. Der kurze Stiel mit Lederstreifen
umwickelt. Sammlung Llewelyn-Meyrick.
(Demmin, Seite 821, Nr. 23.)


Waffe gleicht somit einem ziemlich regelmässigen
viereckigen Stachelkreuze.
Charakteristisch ist jedenfalls auch hier der kan-
tige, sich nach unten verbreiternde und dann in eine
scharfe Spitze endigende kurze Griff.
Dass es sich aber ohne Zweifel um eine Wurf-
waffe handelt, geht aus der Abbildung mit grosser
Deutlichkeit hervor. Denn die von Maximilian ge-
schleuderte Waffe hat sich mit der einen Spitze in
die hölzerne Tartsche seines Gegners eingebohrt
und sitzt dort wie ein verschossener Bolzen oder
Pfeil fest. Der Kaiser hat daher das Schwert ge-
zogen, während sein Gegner' noch seinen Stachel-
hammer in der zum Wurfe erhobenen haust hält.

*) Diese Beschreibung, insbesondere die Erwähnung des
«Stieles mit Spitze», trifft genau auf die hier in Rede stehen-
den Wurfbeile zu.
Für gewöhnlich bezeichnet man sonst mit «Wurfhacken»
jene langgestielten Aexte mit Hamineransatz (s. weiter unten).
s) Bekanntlich kämpfte man in den Fussturnieren seit
der Mitte des 15. Jahrhunderts mit den mannigfaltigsten
Waffen, ja selbst mit Ahlspiessen und mit Drischeln (cl. auch
Boeheim a. a. O. Seite 530).
3) Quirin v. Leitner, Freydal, Des Kaisers Maximilians I.
Turniere und Mummereien. Wien 1880—1882.

Dingen aufführt: «Ohne Wurf- und Spitzbarten ein
Wcnd!»
Dieses slavische Wurfbeil erscheint sowohl
mit kurzem wie mit langem 1 lolzschafte.
Eine schöne Komposition Dürers zeigt uns das-
selbe mit runder Schneide und kurzem geschwun-
genen Stiel in der Hand eines schwergerüsteten
Fussgängers, der mit anderen auf hussitische Weise
Bewaffneten von deutschen Landsknechten über-
wältigt wird (siehe Fig. 7).
Hierhin dürfte auch das bei Demmin (Seite 821
unter No. 23) abgebildcte polnische Beil vom An-
fang des 17. Jahrhunderts zu zählen sein, dessen
kurzer Stiel mit Lederstreifen umwickelt ist und
welches sich in der Sammlung Llewelyn-Meyrick
befindet (siehe Fig. 8).
In ebensolcher, also der Francisca sehr ähn-
lichen Form mit dem Namen sekina (securis?)
steht dieses Wurfbeil noch heute im Gebrauch der

l) Cf. Jahns, Geschichte des Kriegswesens, Seite 410—11
Bekannt ist die Sage von Miölner, dem Hammer des Thor,
der nach jedem Wurf immer wieder in die Hand des Gottes
zurückflog. Siehe auch die obige Anmerkung über der
Hammerwurf als Raumniaass.
 
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