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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 7
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Rose, Hermann: Das mittelalterliche Wurfbeil
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0260

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244

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

fl. Band

Ebenso erscheint der Dolch zuweilen alseine
Wurfwaffe, so z. B. warfen im Jahre 1356 die Eng-
länder gegen den sich mit einer Axt verteidigenden
Duguesclin ihre Dolche. (Vie de Duguesclin Kap.87.)
Um nun zu unserem Wurfbeil zurückzukehren,
so können wir den Gebrauch desselben in Deutsch-
land, wo er gleichwie bei den Franken früh er-
loschen, im späteren Mittelalter und zwar im 14. und
15. Jahrhundert von neuem konstatieren. Die Waffe
erscheint jetzt in der Form der hier beschriebenen
Exemplare, aus einem einzigen Stück Eisen ge-
schmiedet und entsprechend den vom Fussvolk ge-
tragenen Fausthämmern und Streithacken1) teilweise
auch mit Gürtelhaken versehen, wie ihn das erst-
genannte Exemplar aufweist.
Einen interessanten Anhalt hierfür finden wir in
dem Neuburger Kopial-
buch No. 36,2) wonach
Herzog Ludwig der
Reiche von Landshut,
welcher in der Degen-
berger Fehde (Dezember
1468) ein Heer sammelte,
um vor die feste Sälden-
burg zu ziehen, in dem
Ausschreiben an die
Städte und Märkte des
Landshuter Herzogtums
folgende Bestimmung
über die Bewaffnung er-
liess:
«1/4 gute Armbrüste,
das andere Handbüch-
sen, das dritte gute
lange Spiesse, und das
letzte wohlgerichtete
Helmparten, dazu ein
jeder ein gutes]anges
Messer oder ein wohl-
schneidend Schwert,
ausserdem noch im
Gürtel ein Wurf-
beil.»
Von Schutzwaffen werden ebendaselbst Eisen-
hüte, Blechhauben, Achselein und Brüste genannt.
Bei den Trabanten war die Ausrüstung mit Ausnahme
der Handbüchsen die gleiche.
Nach derselben Quelle lautete die Bestallung
der Rottmeister und ihrer Mitgesellen, welche eben-
falls Ludwig der Reiche im Jahre 1468 anwarb,
folgendermassen:8)
«Jeder Rottmeister, dem die Bestallung nicht
abgeschrieben worden, hat mit seiner Rotte am

*) Cf. die Abbildungen bei Böheim a. a. O. Seite 375,
Fig. 445 und 446.
2) Siehe WUrdinger, Kriegsgeschichte von Bayern,
Franken, Pfalz und Schwaben von 1347—1506. (München
1868) Band ff, Seite 137—38.
3) Siehe Wiirdinger ebendaselbst Seite 318.

Sammelplatz zu Ingolstadt am 29. oder 30. Juli
einzutreffen.»
«Auf dass die' Personen alle in einerlei Klei-
dung zu unserm Schwager, Herzog- Sigmund von
Österreich, dem wir sie schicken wollen, kommen,
so soll ein jeder einen weissen Kittel und dazu
einen rothen Plut oder Kappen haben.»
«Von Wehren soll jeder haben an seiner
Seiten ein gutes langes Messer oder wohlschnei-
dendes Schwert, dazu eine gute Ärmst oder eine
gute Büchse, mit allem, was dazu gehört, oder
einen guten langen Spiess, und in seinem Gürtel
ein Wurfbeil.:
«Wo in einer Rotte hundert Trabanten sind,
so sollen dieselben in drei Teile geteilt werden,
ein Teil soll Ärmst, der andere Büchsen und
der dritte Teil Spiesse
haben, und dazu ein
jeder noch an seiner
Seite ein gutes langes
Messer oder Schwert
und im Gürtel ein
Wurfbeil.»
In diesen Pleeres-
befehlen erblicken wir
also neben dem Versuch
der Einführung eines
einheitlichen Kriegsklei-
des (Uniform) auch die
Anordnung einer gleich-
mässigenBewaffnung. Da
zur letzteren ausdrück-
lich und wiederholt das
im Gürtel getragene, zum
Werfen oder Hand-
gebrauche benutzbare
Wurf b eil (picula) gerech-
net ist, so erscheint das-
selbe bereits als eine, für
den Kriegsgebrauch des
gemeinen Mannes in
grösseren Mengen her-
gestellte Waffe.
Hiermit stimmt auch die schmucklose und mehr
handwerksmässige Ausführung der in diesem Artikel
beschriebenen Exemplare überein, zumal man ja
auch sonst auf die Ausstattung der zum Kampfe
bestimmten Aexte und Barten wenig Kunst ver-
wandte.
Neben diesem Gebrauche im Kriege scheint
das Wurfbeil zu Ende des 15. Jahrhunderts aber
auch bei den deutschen Turnieren Verwen-
dung gefunden zu haben.
So hebt Uiltl4) beim Kapitel der Streitäxte be-
sonders hervor, dass die Wurfhacke, d. h. «eine
sehr kleine beilartigc Waffe, die am Rücken des

4) Hiltl, Katalog der Waffensammlung des Prinzen Karl
von Prcussen, Seite 7.


Fig. 5. Fusskampf des Kaisers Maximilian mit Graf Albrecht
von Zollern. (Quirin v. Leitncr, Freydal, Tafel 19.)
 
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