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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

DOI Heft:
Heft 1
DOI Artikel:
Reimer, Paul: Die älteren Hinterladungsgeschütze, [1]
DOI Artikel:
Boeheim, Wendelin: Einzelheiten in der Ausrüstung zum alten deutschen Gestech
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0023

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I. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

9

loch ein meist etwas konisches Gewinde und schraubte
einen Zapfen ein, der mit einem Schlüssel oder
einem durchgesteckten Knebel festgezogen wurde.
Das Berliner Zeughaus weist zwei solcher Rohre auf
die in Fig. 7 und 8 dargestellt sind. Fig. 7 zeigt
das hintere Ende einer Bockbüchse von 4,1 cm
Kaliber, bei der an der Bodenschraube ein halb-
kugeliger Körper sitzt, der vermutlich eine Ab-
dichtungsschraube von Leder etc. gegen den Boden
pressen musste. Das in Fig. 8 veranschaulichte
Rohr, ebenfalls eine lange Büchse von nur 2,8 cm
Kaliber vom Jahre 1661, besitzt diese Abdichtung
nicht, die Bodenschraube läuft vielmehr in einen
flachen Vierkant zum
Aufsetzen eines
Schraubenschlüssels
aus. Trotz der Ein-
fachheitscheint diese
Art wenig Verbrei-
tung gefunden zu ha-
ben, da sich wahr-
scheinlich die Ge-
winde stark voll Pul-
verrückstand setzten
und auch das Schlie-
ssen und Oeffnen
des Verschlusses zu
lange dauerte. Im-
merhin giebt die
Schraube bei ihrer
langen Anlagefläche
eine nicht ungünstige
Liderung, auch Hessen sich Vorderlader auf diese
Weise mit Leichtigkeit in Hinterlader verwandeln.
Hierher dürften auch jene Verschlüsse zu rechnen
sein, bei denen eine Schraube mit konischem Kopf
von hinten gegen das Bodenloch drückt, oder eine
besondere lose oder um ein Scharnier bewegliche
Verschlussplatte anpresst, während die Mutter, in
der sich die Schraube dreht, durch einen Rahmen,
ähnlich wie in Fig. 4, oder durch am Bodenstück
befestigte Zugstangen festgehalten wird. Das Ber-
liner Zeughaus besitzt ein als Vorschlag für eine
Hinterladung noch im Jahre 1850 ausgeführtes der-
artiges Geschütz. Uebrigens hatten die französischen
Mitrailleusen, sowie die Armstrongschen Geschütze
ein ganz ähnliches Prinzip.

3. Die Keilverschlüsse.
Bereits bei Besprechung der Kammerschlangen
hatte der Keil als Befestigungsmittel der Kammer
eine Rolle gespielt und es liegt nahe, den Keilver-
schluss hierauf zurückzüführen. Da man damals die
heute übliche Verschlussschraube, die den Keil in
das Keilloch presst und auch wieder lockert, nicht
kannte, so musste der Keil mit Hammerschlägen
ein- und ausgetrieben werden, ein Verfahren, das
die Haltbarkeit der Laffette sehr beanspruchte. Wir
finden daher die Keile meist sehr lang und auffallend
dünn, sämtlich als
Flachkeile, d. h. mit
rechteckigem Quer-
schnitt, ausgebildet.
Fig. 9 zeigt einen der-
artigen Verschluss
bei einer im Berliner
Zeughaus befind-
lichen Bockbüchse
von 3 cm Kaliber
vom Jahre 1592. Das
Rohr, welches an der
Unterseite ausser ei-
nem gezahnten Ha-
ken mehrere kleine
Oesen hat, also ur-
sprünglich zur Lage-
rung in einem Schaft
bestimmt war, dürfte
für die Hinterladung aptiert worden sein. Grund-
bedingung für die Verwendung eines so einfachen
Keilverschlusses war natürlich eine äusserst sorg-
fältige Bearbeitung des Keilloches und Einpassung
des Keils, damit wenigstens einigermassen eine
Liderung erzielt wurde. Um so auffallender ist
es, dass zwei ebenfalls im Berliner Zeughause
befindliche gusseiserne Rohre von 5,5 cm Kaliber
und von sehr plumpen Formen den gleichen
Keilverschluss haben. Fig. 10 giebt eines dieser
Rohre wieder. Auch diese Verschlussart hat in der
hier angeführten reinen Form wenig Verbreitung
gefunden.
(Schluss folgt.)



Einzelheiten in der Ausrüstung zum alten deutschen Gestech.
Von Wendelin Boeheim.

Das alte deutsche Gestech, dieser, um uns mo-
dern auszudrücken, interessante und kulturhistorisch
bedeutsame Sport des ritterbürtigen Adels im Mittel-
alter, besitzt eine nicht sehr ausgedehnte aber ge-
diegene Litteratur und wird durch zahlreiche Ab-

bildungen, selbst von ersten Kunstmeistern, dem Ver-
ständnisse nahe gerückt; demungeachtet mangeln uns
noch eine Menge Daten über Einzelnheiten in der
Ausrüstung, über die Regeln und selbst über die
Gewohnheitsgebräuche, über welche unsere alten
 
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