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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 10
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Rose, Walther: Die Bedeutung des gotischen Streitkolbens als Waffe und als Würdezeichen
DOI Artikel:
Ehrenthal, Max von: Franz Grossschedel zu Landshut und einige seiner Werke
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0386

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366

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

II. Band.

Sakramentshäuscheii gearbeitet und von schöner
gotischer Zeichnung ist.1)
Die Ausstattung eines derartigen «avocat des
eglises: vom Ende des 15. Jahrhunderts zeigt eine
Figur in dem genannten Kostüm werke von Bonnard2)
(siehe Figur 10). Dieselbe ist einem Gemälde des
Filippino Lippi entnommen, auf welchem die Dis-
putation des heiligen Thomas von Aquino in der
Kirche St. Maria sopra Minerva zu Rom dargestellt
ist. Nach der Beschreibung daselbst auf Seite 27/28
trägt dieser, mit einem Panzerhemd unter einem
schwarzen Oberkleid und einem Schwerte mit ver-
goldetem Griff bewaffnete Angestellte in seiner
Rechten une masse d’argent ornee de ciselures
dorees».
Eigentümlich ist die Form des nach oben kelch-

4) Hiltl a. a. O. Seite 2 sub Nr. 9.
2) Bonnard a. a. O. vol. 1 pl. 10.

artig ausladenden Kolbens, welche hiernach dem
Kolben des in Figur 9 dargestellten sergent-d’armes
annähernd ähnlich ist. Jedenfalls erkennt man so-
fort bei beiden Kolben, dass dieselben nur zur
Repräsentation gedient haben können.
Schliesslich erwähnt noch Boeheim,3) dass zur
Zeit Heinrichs IV. auch die Thürhüter in' Paris
den Kolben als Zeichen ihrer Würde führten, woraus
sich der jetzige Portierstock entwickelt hat, und dass
wir noch heute den Kolbenträger in dem «Massiere
des Vatican» erblicken.
Ebenso gilt der Kolben auch in England noch
heute als Sinnbild der Macht: während der Sitzungen
des Parlaments und der Royal Society liegt die
«masse» als Symbol der königlichen Gewalt auf
dem Tische des Plauses.4)
3) Boeheim, Handbuch, Seite 362/363.
4) Jähns, Entwicklungsgeschichte, S. 160.


Franz Grossschedel zu Landshut und einige seiner Werke.
Von M. v. Ehrenthal, Heidelberg.


er Name dieses bedeuten-
den Plattners war in der
historischen Waffenwis-
senschaft vor 25 Jahren
noch gänzlich unbekannt.
Ueber seine Lebensdaten
und Familienverhältnisse
haben erst während des
letzten Jahrzehntes der
Oberst a. D. Freiherr
v. Grossschedel zu x^schaffenburg, ein Nachkomme
des Meisters, und der Reichsarchivassessor A. Kal-
cher zu Landshut Material gesammelt, so dass nun-
mehr die Schaffensperiode Franz Grossschedels
annähernd festgestellt ist. Pliermit zerfielen aber
alle bisherigen Mutmassungen über Werke von der
Hand des Meisters, und Wendelin Boeheim
vermochte in seinem bekannten Werke «Meister
der Waffenschmiedekunst vom 14. bis ins 18. Jahr-
hundert» noch keine Arbeit Grossschedels auf-
zuführen.
Für diejenigen unserer Leser, denen die Lite-
ratur über den Meister5) nicht zur Hand ist, möge
das Hauptsächlichste über dessen persönliche Ver-
hältnisse hier Erwähnung finden. Franz war der

3) A. Kalcher, Landshuter Waffenschmiede, 1895. —-
Wendelin Boeheim, Meister der Waffenschmiedeluinst vom
14. bis ins 18. Jahrhundert, Berlin 1897, S. 80—82.

Sohn des angesehenen Landshuter Bürgers Wolf-
gang Grossschedel, der nach Kalcher gleich-
falls Plattner gewesen sein soll. Um 1550 trat der
junge Grossschedel, dessen Geburtsjahr um 1520
anzunehmen ist, als Teilhaber in die Werkstatt des
Plattners Sigmund Wolf, ebenfalls zu Landshut.
Auffällig erscheint es, dass Franz, der etwas Tüch-
tiges gelernt hatte, sich nicht mit seinem Vater zu
gemeinsamem Schaffen verband, wie dies zu jener
Zeit im Handwerk allgemein Brauch war. Die Ur-
sachen, warum dies nicht geschah, lassen sich heute
nicht mehr ergründen; vielleicht beruht auch die An-
nahme Kalchers, dass Wolfgang Grossschedel
ein Plattner gewesen sei, auf einem Irrtum.
Der Name Sigmund Wolf wurde zuerst von
dem Vorstande der Real Armeria zu Madrid, dem
Grafen Valencia de Don Juan, im brieflichen
Meinungsaustausch bekannt gegeben. In den Akten
der berühmten spanischen Sammlung wird nämlich
wiederholt (1550, ISS1 und 1555) e'n Plattner Bolfe
de Lancuete erwähnt, womit unzweifelhaft Sigmund
Wolf gemeint ist. In der letzten Aufzeichnung, datiert
vom 29. November 1555, befiehlt König Philipp II.,
dass dem Franz-Grossschedel und dem Meister
Bolfe, seinem Plattner zu Lancuete, die Summe
von 350 escudos in Gold gezahlt werden solle.0)

e) Conde de Valencia de Don Juan, Catälogo de la Real
Armeria, Madrid 1898, S. 88.
 
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