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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 8
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0342

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324

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

II. Band.


Fig. 2.

Seitenansicht
der

Fig. 3-
Klinge.

Vorderansicht



Frage 6: In Fig. i—5 führe ich Abbildungen einer
mir aus Süddeutschland zugegangenen Waffe vor, mit der
Bitte an die Herren Fachgenossen um Aeusserung darüber,
ob sie der von mir am Schlüsse ausgesprochenen Ansicht
über die Zweckbestimmung der Waffe beitreten.
Die ganze Länge der Waffe beträgt 58,2 cm. Davon
entfallen auf die Klinge 17 cm, auf den eigentlichen Schaft
26,4 cm, auf den beinernen Griff 11,3 cm und auf die eiserne
Endschraube 3,5 cm. .
Die Klinge ist an ihrem unteren (Schaft-)Ende 3,4 cm
breit und ganz flach, nach oben hin verdickt sie sich all-
mählich derartig, dass die Spitze bolzenförmig gestaltet ist.
Hier hat die Klinge einen scharfen Grat, der sich nach unten
hin etwas verbreitert, während zu seinen beiden Seiten die
Klinge blutrinnenartig ausgehoben ist. Das untere Ende der
Klinge ist zwischen zwei herzförmige Lappen geklemmt und
vernietet, welche an einem profilierten Eisenkern sitzen.
Dieser ist bei A in den hohlen Schaft eingelassen und mit
Messing verlötet. Der ebenfalls schmiedeeiserne Schaft ist
hohl und weist eine gleichfalls mit Messing verlötete Längs-
naht auf. Die Profilierung macht den Eindruck, als wäre
der Schaft spiralförmig mit einer Schnur umwickelt; that-
sächlich laufen die schnurartigen Erhöhungen parallel zu
einander. Nach der Klinge zu verjüngt sich der Schaft etwas,
hier beträgt sein Durchmesser 1,4 cm, am Griff 1,8 cm.
Gegen letzteren wird der Schaft durch eine Platte von 2,9 cm
Durchmesser abgeschlossen, welche vermutlich mittels einer
Schraube in dem Griff befestigt ist, ebenso wie das eiserne
Endstück.
Der Handgriff ist von Elfenbein (oder Knochen?), in
seinem untersten Teile abgedreht, unmittelbar darüber mit
einem schmalen, oben mit einem breiten geschnitzten Bande
in gotisierendem Geschmack versehen, während der mittlere
Teil eine umlaufende Darstellung in schwarz angelegter Gra-
vierung aufweist. Im Vordergründe sehen wir zwei turnierende
Ritter, dessen einem der vordere Teil der Lanze fehlt. Hinten
befindet sich ein zweites Paar mit noch erhobenen Lanzen,
während rechts neben einer Treppe ein Ritter mit gesenktem
Schwerte steht, wohl der Preisrichter; Uber diesem im Hinter-
gründe eine Burg, während die Reiter zwischen drei Säulen
aufgestellt sind, welche wohl einen Burghof kennzeichnen
sollen.
Die Ausrüstung der Ritter ist phantastisch: Die Reiter
tragen spitze Helme, welche offenbar Beckenhauben sein
sollen, aber ein Spangenvisier besitzen, das namentlich bei
dem Reiter vorne rechts gänzlich missraten ist. Der untere
Abschluss des Helmes ist nicht angedeutet, derselbe geht viel-
mehr unmittelbar in die Leibwehr über, welche lendnerartig
gestaltet ist, bei den Reitern jedoch mit geschobenem Schurz.
Die Oberschenkel sollen wohl gerüstet sein, wie die Knie-
buckel erkennen lassen. Die Füsse weisen hingegen Absätze
auf. Die Schilde sind in der Form mehr oder minder gut
geratene, sehr grosse Tartschen. Der stehende Ritter trägt
einen Helm mit runder Glocke, welcher mit Wulst und drei
Federn geziert ist.
Diese Darstellung führt zunächst zu der Vermutung,
dass wir es mit einer Fälschung zu thun haben; nach sorg-
fältiger Prüfung der Herstellungsweise der ganzen Waffe bin
ich jedoch zur Ueberzeugung von ihrer Echtheit gekommen.
(Ich bin gern bereit, Vereinsmitgliedern, welche für den
Gegenstand Interesse haben sollten, die Waffe zur Prüfung
einzusenden.)
 
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