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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 1
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Fachnotizen
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Litteratur
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0035

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1. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

21

Gebrauch war, neugeborene in der Wiege liegende Knaben
den hohen Besuchern und Familiengliedern, um dessen
ritterliche Abkunft augenfällig zu machen, in derlei
kleine Harnische zu kleiden. Derlei Vorstellungen neu-
geborener männlicher Sprösslinge in ritterlicher Tracht
beschränkten sich gewiss nur auf den ersten feierlichen
Besuch im Hause. Ist diese hier naheliegende Annahme
zutreffend, dann ist der an sich schöne Gegenstand,
kulturhistorisch genommen, um so seltener und wert-
voller. W. B.

Zum Harnische des Herzogs Heinrich I.
von Montmorency in Paris. In unserem Artikel im
I. Bande unserer Zeitschrift, S. 24z, haben wir in der

Suche nach den aus dem Schlosse Ambras 1806 ins
Musee d’Artillerie in Paris gekommenen xo Harnischen
und Waffen das Bruststück des Herzogs Heinrich I.
von Montmorency für zweifelhaft erklärt. Oberst
und Conservateur F. Bernadac hat nun daraufhin weitere
Nachsuchungen angestellt und hat das zugehörige Brust-
stück in der That in der Galerie der historischen Krieger-
gestalten Frankreichs an einer Figurine gefunden. Bei dem
unermüdlichen Streben des genannten Conservateurs wird
es auch in Bälde gelingen, die anderen kleinen Zweifel
an der Identität der Ambraser Waffenstücke zu lösen. Er
wird auch dem richtigen Haudegen der Anne von
Montmorency und dem wirklichen Eigentümer des
mysteriösen Herzogs Heinrich von Montpensier
auf die Spur kommen. W. B.

ILitteratur.

Jähns, Max, Entwicklungsgeschichte der alten
Trutzwaffen, mit einem Anhänge über die Feuer-
waffen, Berlin 1899. E. S. Mittler & Sohn, kgl. Hof-
buchhandlung. Mit 40 Tafeln in Steindruck.
Die Daten, welche die Autoren der historischen
Waffenkunde zur Entwickelungsgeschichte der letzteren
bis jetzt beigebracht hatten, bildeten keineswegs Ergeb-
nisse einer systematischen Forschung; sie waren Find-
linge, Zufallserrungenschaften. Bei einer so wenig auf
den Gegenstand gerichteten, nur gelegentlich und neben-
her betriebenen Forschung war es begreiflich, wenn die
Erkenntnis des Entstehens und der Ausgestaltung der
Waffen im allgemeinen nicht der schärfsten Auffassung
begegnete und wenn deren hohe Bedeutung in der Ge-
schichte der Völker nicht umfassender gewürdigt werden
konnte.
Da stehen wir einem Autor gegenüber, der unbeirrt
von romantischen Allüren und archäologischer Vorein-
genommenheit seinem Gegenstand schärfer ins Gesicht
blickt, sich mit selbem angelegentlichst befasst, ihn von
seinem nachweisbaren Erscheinen an in seiner Weiter-
entwickelung verfolgt und das überreiche Ergebnis in
unsere Hände legt.
Dieser Autor ist niemand geringerer als der gefeierte
Verfasser der «Geschichte der Kriegswissenschaften»,
Oberstleutnant Dr. Max Jähns, und das Thema, welches
derselbe sich hier gestellt hatte, eine Entwickelungsgeschichte
der Trutzwaffen zu liefern, konnte auch nur ein Schrift-
steller von so umfassendem Wissen, wie Jähns, auf sich
laden. In ihm vereinte sich der Philolog, der gediegene
Historiker, der hochgebildete Militär als Fachmann, um
damit ein Werk zu schaffen, das als grundlegend er-
kannt werden muss.
Jähns geht in der allgemeinen Einteilung seines
Materiales seine eigenen Wege, aber auch er überwindet
die alten Schwierigkeiten, welche sich einer systematischen
Einteilung entgegenstellen, nicht völlig; er richtet sich
sein Material nur in selbständiger Auffassung zurecht,
aber man muss gestehen, dass das in völlig klarer Weise
geschehen ist. Der Verfasser umschliesst die Handwaffen
mit Ausnahme der Schutzwaffen wie Schilde Harnische
mit der Bezeichnung «Trutzwaffe», von welchen er nur
einen Teil einer genauen mehrseitigen wissenschaftlichen
Betrachtung unterzieht, einen andern: die «Feuerwaffen»

I mehr kursorisch ins Auge fasst. Diese gegenständliche
I Einschränkung wird jeder für berechtigt halten, der der
Methode des Autors folgt, welche zur Ueberzeugung
führt, dass zunächst praktische Erwägungen denselben
veranlasst hatten.
Was ihm übrig geblieben ist von den Trutzwaffen,
ist eben eine so kolossale Menge, dass wir staunen,
mit welchem riesigen Aufwande von Wissen und Fleiss
der Autor sein Material bewältigt hat. Bewältigt, denn
er hat uns dasselbe näher gerückt, aus seinen Anfängen
erläutert und damit völlig neue Gesichtspunkte ge-
schaffen.
Seine Deduktion ist keine einseitige; er erweist die
Entstehung und Bedeutung der Waffen aus der Kultur-
! geschichte, geht von da auf die Stoffe und Erzeugung
derselben über, um daraufhin dem Zwecke und den
| Formen der Waffen das besondere Augenmerk zuzuwen-
den, und dieser letztere Teil ist ohne Frage von bahn-
brechendem Gehalte.
In dem Werke spricht nicht allein der Fachmann
auf dem Waffengebiete, sondern der das All umfassende
Kulturhistoriker. Darum hat sich auch der Autor nicht
allein auf die Waffen der zivilisierten Völker in der Ge-
schichte beschränkt, sondern ihre Wesenheit und ihre
Entwickelung aus den Uranfängen bei den unkultiviertesten
Menschen zu erklären gesucht; er greift dabei bis zu
den ältesten Schriftdenkmälern, die bis zur Sage zurück-
leiten.
Eine solche Methode der Behandlung des Stoffes
erfordert in erster Linie eine umfassende Litteraturkennt-
nis und diese tritt auch in dem Werke in einem
staunenswerten Grade zu Tage. Was uns der Autor
da bietet, das sind keine Findlinge mehr, das sind
fortlaufende Beweisdaten, die uns den Gegenstand in
einem ganz neuen Lichte erscheinen lassen. Die
Schlüsse welche der Verfasser aus seinen Zeugenverhören
zieht, sind nahezu durchwegs von einer ungemeinen
Klarheit und Unanfechtbarkeit, und selbst da, wo wir mit
selben nicht ganz einer Meinung sein können, müssen
wir zugeben, dass das Urteil derselben auf einer geist-
reichen Betrachtung seiner Daten beruht.
Das Buch zieht die gesamte Fachwelt der Kultur-
geschichte mit magnetischer Gewalt in seinen Kreis, fin-
den Waffenhistoriker ist es ein neues grundlegendes
 
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