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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

DOI Heft:
Heft 5
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Boeheim, Wendelin: Über den Wert der Meistermarken, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0175

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5. Heft.

Zeitschrift für historische Warenkunde.

IÖT

Ueber den Wert der Meistermarken.
Von Wendelin Boeheim.

(Fortsetzung.)
11. Laufmarken.

den über den Dorn ge-
schmiedeten eisernen
Hakenbüchsenläufen
des 15. Jahrhunderts
finden sich die ältesten
derlei Marken. Sie stel-
len selten Buchstaben,
sondern meist Wappen-
schild Herzen, Pfeile
u. dgl. dar, welche tief
ins Gesenk geschlagen
sind. Zunächst, um 1500, traten die zwar geschmie-
deten, aber gebohrten Läufe auf, mit ihnen aber
häufig schon die Marken einer behördlichen Be-
schau. So treffen wir bei Nürnberger Läufen das
N, bei Augsburger den Pinienapfel, den sogenannten
«Stadtpyr», bei den Wiener Läufen das Stadtwappen
mit dem Kreuz etc. eingeschlagen. Bald darauf
fügt der Laufschmied die Anfangsbuchstaben seiner
Namen bei.
Was nun die im ganzen sehr roh gearbeiteten,
achtkantigen und in der Mitte gotisch «abgesetzten»
geschmiedeten Läufe des 15. Jahrhunderts betrifft,
so machen sich in Westeuropa verschiedene Er-
zeugungszentren bemerklich, deren Thätigkeit nahezu
noch völlig unbekannt ist, und die besonders nur
durch die Sichtung der Marken und mit Hilfe von
Archivstudien aufgehellt werden kann. Der Um-
stand, dass in der Waffensammlung des Chorherren-
stiftes Klosterneuburg bei Wien eine Anzahl von
über 20 Hakenrohren, der Zeit von etwa 1450
bis 1490 bewahrt wird, und ein weiterer, dass, wie
sich aus den Klosterrechnungen ergiebt, die Haken-
rohre bei bestimmten Eisengewerben in Steiermark
bezogen wurden, leitete die Aufmerksamkeit auf
dieses damals in der Eisenbearbeitung an der Spitze
stehende Land. In der Sammlung entdeckt man
vorwiegend nur zweierlei Marken: eine ältere von
ca. 1450 und eine jüngere von ca. 1480 bis 1490.
Für die ältere ist nur auf Peter Pögel am Thörl
nächst Aflenz hinzuweisen, der nach den Rech-
nungen dem Stifte liefert. Die Gewerkschaften des
Pögel waren damals die bedeutendsten und leistungs-
fähigsten der ganzen Welt. Sie arbeiteten für den
Kaiser, für Ungarn, Russland und Polen, für die
freien Städte, ja ein Rechnungsbeleg belehrt uns,
dass Pögel seine Rohre bis nach Danzig versen-
dete. Die jüngere Marke dürfte dem Peter Hof-
kircher in Mürzzuschlag zuzueignen sein, der
nachweislich von 1470 an, als die Gewerkschaft des
Pögel ersichtlich im Rückgang war, die Kriegs-
ausrüstung des Stiftes besorgte.

Mit der Einführung der meist reicher ausge-
statteten Jagdgewehre, die vielfach schon mit dünn-
wandigen Läufen auftraten, beginnen die italienischen
Laufschmiede an der Mella oberhalb Brescia ihre
Erzeugnisse mit bildlichen Marken auszustatten, durch
welche sie gewissermassen ihre Werkstätte kenn-
zeichnen. Dieser Gewohnheit folgen bald die Lauf-
schmiede der übrigen Länder, und wir erhalten von
da an eine Uebersicht der Produktion der verschie-
denen Nationen. Antonio Petrini bringt in seiner
«Arte fabrile» 1642') eine Anzahl solcher älterer
Bildmarken, selbst arabischer und türkischer, allein
die wenigsten finden sich mehr an Läufen unserer
Sammlungen. An Brescianer Läufen bildete sich
später die Uebung heraus, selbe blos mit dem An-
fangsbuchstaben der Meisternamen zu bezeichnen,
wie z. B. Giovanni FranCini mit G F, oder aber
mit den der Länge nach laufenden vollen Namen,
wie die zahlreichen Meister Cominazzi. Alle diese
Marken erscheinen eingeschlagen.
Eigentümlich und untereinander verschieden bil-
deten sich vom Ende des 17. Jahrhunderts die
Markenformen in Spanien und Deutschland heraus;
sie bilden in sich Typen, die schon auf eine ziem-
liche Entfernung vom Auge voneinander zu unter-
scheiden sind. Die spanischen Marken sind läng-
lich, unterhalb eckig abschliessend und enthalten
oberhalb eine einfache Figur: Krone, Löwe u. dgl.,
unterhalb abgeteilt den vollen Namen des Meisters,
so die Lopez, Targarona, Bustindui etc. des
18. Jahrhunderts. Alle diese Marken sind im Grunde
stark vergoldet. Nicht selten führen die spanischen
Meister zweierlei Marken, wovon die eine das Bild,
die andere den Namen enthält. Es ist nun bei dem
grossen Einflüsse, welchem die spanische Industrie
vom Orient ausgesetzt war, leicht zu erkennen, dass
diese Markenform von arabischen Werkstätten ent-
nommen ist die ganz ähnliche Typen aufweisen und
gleichfalls vergoldet erscheinen; nur sind diese oben
zugespitzt und enthalten meist nur die «Tughra»,
selten einen Namen.
Anders bildete sich die Markenform auf Läufen
in Deutschland und Oesterreich heraus. Sie sind
in der Regel quadratisch oder kreisförmig und ent-
halten eine gewählte Figur, zumeist eine Tiergestalt.
Daneben oder darüber erscheinen die Anfangsbuch-
staben des Meisternamens. So führt Max Wenger
das Kreuz, Hans Stifter den steigenden Löwen,
*) Manuskript, Biblioteca, Magliabecchiana, Florenz (CI.
XIX, 16). Im Auszüge auch in Pion, Benvenuto Cellini,
Paris 1883.
 
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