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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 7
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Ehrenthal, Max von: Nicolaus Wilborn
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0268

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252

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

II. Band.

Nicolaus Wilborn.

Von M. v. Ehrenthal in Dresden.


er Name des Meisters ist in
der Kunstgeschichte
nicht unbekannt.1) Zwar
weiss man über seine
persönlichen Verhält-
nisse so gut wie nichts,
dagegen ist seine künst-
lerische Individualität
durch eine Anzahl
Stiche, die entweder
mit seinem vollen Namen oder mit einem Monogramme
gezeichnet sind, festgestellt. Auf gedachten Blättern
befinden sich überdies Jahreszahlen von 1531 bis 1537,
so dass also, wenn auch wohl nicht die ganze Schaffens-
periode des Künstlers, so doch ein Teil derselben
sich zeitlich bestimmt begrenzen lässt. Dem Cha-
rakter seiner Arbeiten nach gehört Wilborn der
niederdeutschen Schule an. Hieraus, sowie aus dem
Umstand, dass dem Monogramme des Meisters,
N. W., öfters noch ein M beigefügt ist, und ferner,
weil von seiner Hand Porträts des Johann von Leyden
und des Knipperdolling herrühren, glaubt Passavant
den Schluss ziehen zu sollen, dass Wilborns Wir-
kungskreis, vielleicht auch Geburtsort, die Stadt
Münster in Westfalen gewesen sei. Insoweit italieni-
sche Vorbilder den Stil der aufblühenden nieder-
deutschen Renaissance beeinflussten, ist dies auch
an Wilborns Arbeiten bemerkbar; doch erscheint
die Annahme Passavants, dass die Individualität des
Meisters sich speziell aus den Werken des Jacopo
de Barbari herausgebildet habe, ziemlich willkür-
lich; sicherlich überwiegt bei den Arbeiten Wilborns
wie bei denen der anderen „Kleinmeister“ vielmehr
der Einfluss der Diirerschen Schule, nicht allein in
Bezug auf das Figuirale, sondern auch in Hinblick
auf das Ornamentale. Wie sein Zeitgenosse und
Landsmann Aldegrever sich der Ausschmückung
von Prunkwaffen widmete, so ist auch Wilborn, der
mehrere Kopien nach ihm stach, in gleicher Rich-
tung, wie wir nachzuweisen vermögen, thätig ge-
wesen. Dies giebt uns Veranlassung zu der gegen-
wärtigen Besprechung.
Im königlichen Kupferstichkabinett zu Dresden
wird nämlich der Stich einer Dolchscheide auf-
bewahrt (Pass. 27.), der mit dem vollen Namen des
Meisters signiert ist. Wir geben sie in etwas ver-
kleinertem Massstabe in der Abbildung (Fig. 1) wieder.

In die Augen springend ist die Aehnlichkeit des
als Haupornament sich entwickelnden Blattwerkes
mit denjenigen bei Aldegreverschen Arbeiten (vgl.
Bartsch, peintre-graveur VIII, S.3Ö2ff., so zwar, dass
man ohne äussere Beglaubigung der Herkunft die
Wilbornschen Entwürfe recht wohl auch seinem
Landsmann Aldegrever zuschreiben könnte. Ver-
gleicht man aber die Stiche beider Meister ge-
nauer, so finden sich doch einige Unterschiede.
Sie sind am meisten in der Behandlung des Blatt-
werkes auffallend, das Wilborn steifer und mehr in
Erinnerung an die Spätgotik stilisiert als. Aldegrever,
während die in die Ranken der Blätter eingefügten
Figuren namentlich durch ihre normaleren Propor-
tionen sich deutlich von den Aldegreverschen unter-
scheiden. Ob der Entwurf im königlichen Kupferstich-
kabinett zu Dresden jemals zur Ausführung gelangt
oder ob, wenn er ausgeführt wurde, die polchscheide
bis auf den heutigen Tag erhalten geblieben ist, war
nicht zu ermitteln. Statt dessen fand sich aber im könig-
lichen Plistorischen Museum zu Dresden ein Schwert
in der Form der Landsknechtschwerter mit einer in
Silber getriebenen Scheide und silbernem Beschläge
am Gefäss, zu dessen Ausschmückung höchstwahr-
scheinlich ein Entwurf Nicolaus Wilborns als Vor-
lage gedient hat. Die Schwertscheide, von der wir
ebenfalls einen Teil in Abbildung (Fig. 2 und 3)
beifügen, ist im «Führer durch das kgl. Historische
Museum von M. v. Ehrenthal» unter E 574 erwähnt.
Unterzieht man auf beiden Abbildungen das Blatt-
ornament einem Vergleich, so ergiebt sich darin
eine völlige stilistische Ucbereinstimmung. Beson-
ders charakteristisch ist hier der gerade nach oben
laufende, nur von Figuren unterbrochene Stiel, aus
denen das Blattwerk herauswächst. Die Gestalten,
die auf unserer Abbildung sichtbar sind, erscheinen
allerdings etwas massig, ein Umstand, der indes
mehr der mangelhaften Ausführung durch den Gold-
schmied, als dem Entwürfe des Zeichners zur Last
fallen dürfte; denn die auf der Rückseite der Scheide
eingravierten Figuren, welche vermutlich der Vor-
lage genauer als die getriebenen Gestalten auf der
Vorderseite entsprechen (ein Ritter Georg, der seinen
Fuss auf den getöteten Drachen setzt und ein Lands-
knecht, der dem niedergeworfenen Feind die Helm-
barte in die Brust stösst), lassen die Pland eines in
figuralen Darstellungen wohlgeübten Künstlers er-
kennen.

') Ausser A. Bartsch, 1e peintre-graveur, VIII., 543ff.
ist noch zu vergleichen: Nagler, Kiinstler-Lexikon XXI,
433 ff., wo auch auf frühere Litteratur verwiesen wird, ferner
Nagler, Monogrammisten No. 2574 und 2582 und Passa-
vant, le peintre-graveur IV, 13g ff.

Sonach wäre die Thätigkeit Wilborns im Dienst
der Ausschmückung von Waffen in einem Falle
sicher, in dem anderen mit grosser Wahrscheinlich-
keit festgestellt. Während Aldegrever sonderbarer-
 
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