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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 2
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Die Geschichte der Waffe im höheren militärischen Unterricht
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Reimer, Paul: Die älteren Hinterladungsgeschütze, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0053

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2. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

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erscheinen und siegt daher über besser bewaffnete
und besser ausgebildete Truppen durch seine per-
sönliche Feldherrnkunst, ein bemerkenswertes und
heilsames Zeichen dafür, dass der grosse Feldherr
nicht von seiner Bewaffnung abhängig ist.
D. Die Zeit von 1815 bis einschliesslich
1870—1871.
Zuerst langsames, dann nach Auftreten beson-
ders genialer Techniker (Krupp, Dreyse, Werndl,
Mauser) schnelles und sehr bedeutendes Verbessern
der Feuerwaffen. Charakteristisch im höchsten Grade
ist der Umstand, dass das für das Gebiet kriegerischen
Könnens und Wissens bedeutungsvolle Preussen
zwar zuerst sich mit den verbesserten Waffen ver-
sieht, aber doch, besonders nach 1866, zu der Ein-
sicht gedrängt wird, dass es in der Verwendung der
Waffen noch um vieles besser werden muss.
Schutzwaffen für den einzelnen Kämpfer ver-
lieren ihre Bedeutung völlig, obwohl sie z. B. im
Kürass noch Verwendung finden. Dagegen ge-
winnen die Schutzwaffen im Stellungs- und F'estungs-
krieg erhöhte Bedeutung, jedoch nicht für den ein-
zelnen Kämpfer, sondern für die Sicherung von
Oertlichkeiten und Kampfmitteln gegen die ver-
besserten Feuerwaffen.
E. Die neueste Zeit
charakterisiert sich durch eine ungeheure Schnellig-
keit in der Aufeinanderfolge neuer grosser Er-
findungen. Der Waffentechniker ist heutzutage eine
Hauptperson im Leben der Völker, seine Leistungen
bestimmen nicht nur das Verhalten der Berufs-
soldaten, sondern mittelbar die gesamte Politik, denn

einen wirklich grossen Krieg anzufangen, scheint
sich heute jeder Staat zu scheuen. Keiner- kann
ja bei Beschaffung und Erhaltung seiner Kampf-
mittel Schritt halten mit dem Gang der Erfindungen,
es reichen weder Zeit noch Geld, Die ganze gleich-
zeitige Entfaltung der Kampfmittel eines modernen
festländischen Grossstaates haben wir noch nicht erlebt.
Festungsbau und Schiffsbau, also Vereinigung
von Schutz- und Trutzwaffe, werden ausserordentlich
beeinflusst durch die Leistungen der Waffentechnik.
Schutzwaffen für den Einzelnen giebt es überhaupt
nicht mehr.
Von künstlerischer Ausschmückung der Waffen
ist fast gar nicht mehr die Rede. Praktische Brauch-
barkeit ist einzig und allein massgebend. — —
Ich weiss, dass mancher Leser, der mit anderen
Neigungen zur Waffenkunde gekommen ist als ich
in meiner Eigenschaft als Soldat, nicht ohne weiteres
mit mir eines Weges gehen mag und kann.
Aber es hilft nichts, wir müssen zugestehen
und nochmals betonen, dass die militärischen Bil-
dungsanstalten bei Auswahl ihres Lehrstoffes nicht
exklusiv genug verfahren können. Wie das ganze
heutige Leben, so erfordert auch der moderne
Krieg und sein Studium zu viel praktisches
Können und Wissen, als dass solche Dinge
in den Lehrplan aufgenommen werden dürf-
ten, welche der Praxis nicht unmittelbar
nahe stehen. Es wird von der Veranlagung, der
Begabung, der Arbeitskraft des einzelnen abhängen,
inwieweit er die wenigen Mussestunden, die er sich
ehrlicher Weise in seinem Beruf erlauben darf, zu
einem an sich ebenso erquickenden wie nutzbringen-
den Studium verwendet.

Die älteren Hinterladungsgeschütze.1)
Von Paul Reimer.
Oberleutnant im Badischen Fuss-Artillerie-Regiment No. 14.
(Schluss.)

4. Die Kolben-
verschlüsse.
Kolbenverschluss sei
hier ganz allgemein je-
der Verschluss verstan-
den, bei dem ein die
Seele verschliessender
Körper in Richtung der
Seelenachse eingeführt
und durch ein senk-
recht zu dieser angeord-
netes Sperrstück fest-
gehalten wird. Hierbei
kann das Sperrstück in einer Durchbrechung desRohres

liegen oder auch hinter der Bodenfläche in einem
besonderen Rahmen etc. angebracht sein. Die Zahl
der Verschlüsse, die sich auf dieses einfache Prinzip
zurückführen lassen, ist unendlich gross, wenn sie
auch auf den ersten Blick nicht in diese Klasse zu
gehören scheinen. Eine ganze Anzahl das vor-
liegende Prinzip klar veranschaulichende Hinterlader
besitzt das Berliner Zeughaus, von denen einer in
Fig. 11 dargestellt ist. Es ist eine 74 Kugel lange,
eiserne Bockbüchse von 3 cm Kaliber. Der schwach
konische Kolben sitzt an einer runden Scheibe, die
gleichzeitig das sehr hohe Visier trägt und wohl
ebenfalls, wie bei dem in P'ig. 7 dargestellten Ge-
schütz, eine Liderungsplatte von Leder etc. gegen


l) Die Schriftleitung gestattet sich auf die ira^Zusammenhang mit dieser Abhandlung stehende Rezension des Herrn Oberleutnant
Reimer in dem Litteraturbericht dieses Heftes aufmerksam zu machen. — Gleichzeitig möge nachgetragen sein, dass die Fig. I — 7
und Fig. 10 im Grössenverhältnis von I : io, die Fig 8 und 9 in dem von I : 5 gehalten sind.

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