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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 8
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Forrer, Robert: Studienmaterial zur Geschichte der Mittelalterwaffen, [3]
DOI Artikel:
Lenc, Ėduard Ėduardovič: Mitteilungen aus der Renaissance-Abteilung der Kaiserlichen Eremitage zu St. Petersburg, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0332

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314

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

II. Band.

Sturmbereit sehen wir auf demselben Bilde andere
Krieger abgebildet mit Spiessen und Feldzeichen,
letztere mit teils langen, an den Enden zweigeteilten,
teils hohen und schmalen Fahnentüchern versehen,
die allerlei Ornamentwerk ohne ausgesprochenen
Wappencharakter tragen. — In der hier skizzierten
Weise sind auch die anderen sehr zahlreichen Krieger-
darstellungen des Hortus deliciarum ausgerüstet —-

ein Studienmaterial, das wie die Tapete von Bayeux
für das Ende des 11. Jahrhunderts, so dieses für die
zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts für die Waffen-
kunde von ganz eminentem Werte ist und für dessen
Herausgabe die wissenschaftliche Welt der Gesell-
schaft zur Erhaltung der geschichtlichen Denkmäler
im Eisass und den beiden Autoren Straub und Keller
grössten Dank schuldig, ist.


Mitteilungen aus der Renaissance-Abteilung der Kaiserlichen
Eremitage zu St. Petersburg.
Von Staatsrat Eduard von Lenz.

(Fortsetzung.)


VI. Stab-Ru
ie Kaiserliche Eremitage be-
sitzt ein Exemplar dieser
auch in anderen Museen
vorkommenden, dem
Stockdegen verwandten
Waffe, welche vielleicht
weniger häufig für den
Kriegsgebrauch als zum
Schutze in unsicherer
Umgebung, wie z. B. auf
der Wanderschaft, bestimmt w'ar und wohl nicht selten
auch dem Manne eine handliche Angriffswaffe liefern
sollte, wo die Umstände es ihm verboten, sich be-
waffnet zu zeigen.
Bei denkbar einfachster Konstruktion ist das
Stück durchaus nicht sorgfältig gearbeitet, der hohle
Stab aus unpoliertem Schlagblech zusammengebogen
und am Kopfende mit roh ausgefeiltem, durch einen
Federbolzen zu schliessenden Deckel versehen.
Wird der Deckel geöffnet, so genügt bei horizon-
taler Lage der Waffe eine ruckartig ausgeführte
Stossbewegung, um aus dem Hohlraume drei Klingen
hervorschnellen zu lassen, die durch Einspringen
einer Feder in der hier (Fig. 1) abgebildeten Stel-
lung festgehalten wurden. Die Länge der mittleren
Stossklinge beträgt 71 cm, die Breite am Ansatz
2 cm, die kleinen vierkantigen Seitenklingen sind
23 cm lang und 1 cm breit. Das Gewicht der
ganzen Waffe beträgt 2,124 kg.
Gav, gloss. archeol., bringt unter den Worten
bäton und brandestoc die Zeichnung eines unserem
Exemplare ganz analogen Stabes und sagt, dass
unter letzterer Bezeichnung in Italien wie auch in
Frankreich zu Anfang des 17. Jahrhunderts une

nka. (Q. 319-)
canne ä epee ä simple ou ä triple dard verstanden
wurde; als Beweis wird das Inventaire de l’hotel de
Salins angeführt, wo es unter dem Jahre 1614
heisst: un baston couvert de cuir noir, d’oü sortent
3 pointes en facon de hallebardes, und weiter 1620:
2 breindestoeques barbes et 169 brindestoeques,
welche letztere Zahl auf gelegentliche Massenver-
wendung- dieser versteckten Waffe schliessen lässt.
Angelucci1) beschreibt'unter No. J. 267 eine gleiche
Stab-Runka, deren italienischen Namen brandistocco
(franz. brin d’estoc) er übrigens im gegebenen Falle
nicht zutreffend mit dem deutschen «Wurfspiess»
wiedergiebt, und lässt sie schon im 16. Jahrhundert
aufkommen.
In der vorliegenden Notiz beabsichtigen wir
nicht der Konstruktion und Gebrauchsweise der be-
zeichneten Stosswaffe nachzuforschen, sondern wollen
vielmehr die Aufmerksamkeit der Fachgenossen auf
die Inschriften lenken, welche — soviel uns be-
kannt — auf den Klingen aller bis jetzt in den
Museumskatalogen beschriebenen Exemplare ange-
bracht sind.
Die beiden Seitenklingen an der Runka der
Eremitage sind gezeichnet «Al sengo del gato»,
offenbar eine dem Aetzer auf Rechnung zu setzende
Verstümmelung aus «al segno del gatto». Die
gleiche Aufschrift tragen zwei in der Sammlung
Carlo Bazzero zu Mailand befindliche Exemplare
und die bei Gay (a. a. O.) abgebildete Waffe aus
der Sammlung W. Riggs. Im Auktionskatalog der
Waffensammlung des Herrn A. Ullmann in Mün-
chen, II. Folge 1891, ist unter Nr. 135 angegeben:

*) Cat. d. Armeria Reale. Torino 1890, pag. 378.
 
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