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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 12
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Thierbach, Moritz: Über die Entwicklung des Bajonnets
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0443

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Ueber die Entwicklung des Bajonnets.
Von Oberst a. D. M. Thierbach.

it dem Aufkommen
des Feuergewehrs
war bei der Jagd
wie im Kriege ein
wesentlicher Fort-
schritt erreicht. Bei
der anfänglichen
Unvollkommenheit
dieser Waffe war
jedoch, besonders
wegen des langsamen Ladens derselben, immer
noch eine Stosswaffe nötig, ein Jagdspiess oder die
Pieke der Landsknechte. Wahrscheinlich bei der
Jagd kam man zuerst auf den Gedanken, den Dolch
oder die Seitenwaffe so einzurichten, dass man den
Griff derselben spundartig in die Mündung des
Feuergewehrs einstecken und dasselbe vorüber-
gehend als Stosswaffe gebrauchen konnte. Es em-
pfahl sich dieses hauptsächlich bei der Jagd auf'
reissende Tiere, wenn der Schuss unwirksam ge-
wesen, die Zeit zum Neuladen nicht vorhanden war
und ein Jagdgenosse mit dem Knebelspiess fehlte.
Die genaue Zeit anzugeben, zu welcher dies auf-
kam, ist schwer zu bestimmen; die wenigen noch
erhaltenen Waffen dieser Art geben keinen sicheren
Anhalt. Im «Archiv für Geschichte, Literatur und
Kunst», Jahrgang 1828, ist Seite 70 ein in latei-
nischer Sprache von Hotmann an Jacob Kapellus
zu Sedan i.J. 1575 geschriebener Brief veröffent-
licht, in welchem angeführt wird, dass er von dem
ihm verwandten Herrn von Couzlay schriftlich er-
sucht worden sei, ihm einen vergoldeten Dolch zu
übersenden, welcher Bajonnet genannt würde. Es
bestand somit schon der Name, wohl nach dem
Orte der Herstellung. Nur die Verwendung dieses
Dolches zur zeitweiligen Umänderung des Feuer-
gewehrs als Stosswaffe fehlte noch, doch lag sie
so nahe, dass es verwunderlich erscheint, wenn
erst 100 Jahre vergehen mussten, ehe diese Einrich-
tung auch Eingang bei den Heeren fand.1) Einiger-
') Bei der Jägerei scheint man zeitiger Doppelwatfen ge-
führt zu haben, indem man die blanke Waffe — Degen bez.
Jagdspiess -- mit einem Pistolenlaufe und Feuerschlosse ver-
sah. Dergleichen Waffen sind noch mehrfach in Sammlungen
vorhanden.

massen lässt sich dies dadurch erklären, dass bei
den Söldnerheeren der Mann sich selber zu be-
waffnen hatte, die geringere Anzahl nur mit dem
Feuergewehr versehen war, die Plauptmasse dagegen
den langen Spiess der Landsknechte führte. Es
ergänzten sich somit beide, der mit Feuergewehr
Versehene und der Spiessträger gegenseitig. Erst
mit der völligen Änderung des Kriegswesens durch
Errichtung der stehenden Heere in der zweiten
Hälfte des 17. Jahrhunderts trat auch darin eine
wesentliche Änderung ein.
Einer der ältesten noch vorhandenen Dolche
der obigen Art war in der Sammlung des Herrn
v. Berthold, die genaue Nachbildung befindet sich
in der Arsenalsammlung zu Dresden. Dieser Dolch,
Fig. 1, hat eine 26,8 cm lange, unten 2 cm breite,
nach oben pfriemenartig spitzzulaufende zweischnei-
dige Klinge, deren Angel in dem, sich nach unten
verjüngenden 11,6 cm langen Holzgriffe eingesteckt
und unterhalb desselben vernietet ist. Die Zeit der
Herstellung dürfte zu Anfang des 17. Jahrhunderts
! angenommen werden.
Eine ähnliche Waffe, Fig. 2, als Original an
gleicher Stelle wie die obige, ähnelt der Form nach
mehr einem Hirschfänger, deren Klinge 36 cm lang,
unten 3 cm breit und hohl geschliffen ist, sich nach
oben zuspitzt und auf dem Rücken Sägeeinschnitte
hat. Der Griff von Horn ist 14 cm lang, oben
| 1,6 cm stark und sind am unteren Ende Schrauben-
: gewinde angeschnitten, woraus hervorzugehen
I scheint, dass noch eine besondere Einrichtung,
! vielleicht eine Feder angebracht gewesen ist, um
dem Griffe grössere Festigkeit im Laufe zu geben.
Diese Waffe gehört entschieden einer späteren Zeit
als die vorige an und dürfte in die Mitte des 17.
Jahrhunderts zu setzen sein.
Nach Einrichtung der stehenden Heere in der
zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, bei welchen
die Ausrüstung und Bewaffnung mittelbar oder un-
mittelbar durch den Kriegsherrn stattfand, wurde
i mehr auf die Gleichmässigkeit der Bewaffnung ge-
sehen und konnten zweckmässige Neuerungen Ein-
gang finden. Schon um die zweiartige Bewaffnung
der Fusstruppen mittelst Pieken und Feuergewehren
zu umgehen, fand das Spundbajonnet Anwendung.
 
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