Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

DOI Heft:
Heft 1
DOI Artikel:
Boeheim, Wendelin: Einzelheiten in der Ausrüstung zum alten deutschen Gestech
DOI Artikel:
Sixl, P.: Entwickelung und Gebrauch der Handfeuerwaffen, [9]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0027

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
I. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkundc.

13

Bevor nun der schwere Helm aufgesetzt und
befestigt wurde, musste die Helmhaube sorgsam in
denselben eingelegt und mit Schnüren und Riemen
gebunden und geschnallt werden. Dabei musste
getrachtet werden, dass sich nirgends unbequeme
Falten bildeten, die Haube nicht verschoben wurde,
und dass besonders die kleinen erwähnten Pölster-
chen genau die Schläfen deckten.
Dem Zeichner war es hier ersichtlich nicht um
die Form der Stechhelme, sondern speciellum deren
Zurichtung für den Gebrauch zu thun, und man er-
sieht, welche eminente Detailkenntnisse der Meister
hier entwickelt.

Erst wenn der Träger nach aufgesetztem Helme
nichts auszusetzen fand, erfolgte das Verschrauben
des Helms mit dem Bruststücke und die Befesti-
gung desselben mit dem Rücken durch die leicht
stellbare «Helmzageischraube», deren Form wir in
Fig. 2, 3 und 4 deutlich ersehen.
Aus unserer Darstellung lässt sich erkennen,
mit wie vielen kleinen und schwierigen Umständen
die Ausrüstung eines Stechers verbunden war und
wie wertvoll die Dienste eines «Wappenmeisters»
erschienen sind. Die Schwierigkeit in der Aus-
rüstung eines «Renners» war nicht geringer.

Entwickelung und Gebrauch der Handfeuerwaffen.
Von k. u. k. Major P. Sixl in Budweis.
(Fortsetzung.)

B. Urkundliche Nachrichten über Vorkommen
und Verbreitung der Handfeuerwaffen.
Die bisher besprochenen Handschriften aus dem
15. Jahrhundert enthielten Abbildungen von Hand-
feuerwaffen, welche je nach Deutlichkeit und Voll-
ständigkeit die Waffe als solche, die einzelnen Details
der Konstruktion, und endlich die Art des Gebrauchs
zur Darstellung brachten. Man konnte in der Zeich-
nung die zunehmende Ausgestaltung der Waffe ver-
folgen und aus der gegebenen Handhabung auf be-
stimmte Verhältnisse inBau und Einrichtung schliessen.
Es war notwendig, da der erklärende Text zumeist
fehlte, sich selbst an die Stelle des Zeichners zu
setzen, und in die Abbildung jene Idee hineinzu-
legen, welche den Urheber zur Darstellung ver-
anlasste oder den Abschreiber bestimmte, das ur-
sprüngliche Bild zu verändern.
Die nun folgenden Quellen bringen neue Mo-
mente für die Geschichte der Handfeuerwaffen; die-
selben sind der amtlichen Verrechnung entnommen,
welche über vorhandene Waffenvorräte oder über
stattgehabte Ausgaben öffentlicher Geldmittel mehr
oder minder genau geführt wurden. Diese Quellen
bezeichnen das Material, welches für die Anfertigung
der Feuerwaffen eingekauft wurde; dieselben enthalten
oftmals die wichtige Angabe des Materialquantums,
welches für eine bestimmte Anzahl von Hand- oder
Hakenbüchsen nötig war; endlich nennen dieselben
manchmal den Preis für gekaufte fertige Waffen.
Interessant ist auch, dass bei den Eintragungen
bestimmte Bezeichnungen gewählt werden, teils um
eine einzelne Gruppe von ähnlichen Feuerwaffen zu
unterscheiden, teils um eine besondere Eigentüm-,
lichkeit in Bau und Konstruktion oder in der Hand-
habung hervorzuheben.
Anfangs findet man diese Unterscheidung sel-
tener; später jedoch wird durch das praktische Be-
dürfnis und die gegebene Gewohnheit die eingeführte

Bezeichnung allgemein, wobei sich mit dem gewählten
Ausdruck auch ein bestimmter Begriff verbindet.
Bemerkenswert ist ferner die zunehmende Zahl
der vorhandenen Hand- und Hakenbüchsen. Ver-
gleicht man die Ziffern der alten und neuen Waffen,
so sieht man, dass in frühester Zeit die Handfeuer-
waffen nur einzeln neben Bogen und Armrust ge-
nannt werden, in der Folge ob ihrer erhöhten Brauch-
barkeit denselben gleichkommen, bei weiterer Ver-
vollkommnung diese überflügeln und schliesslich
ganz verdrängen; die Zahlen der Handfeuerwaffen
steigen stetig bis man am Ende des 15. Jahrhunderts
bei den Tausenden anlangte.
Es ist notwendig, bei Besprechung der nach-
folgenden Quellen in das 14. Jahrhundert zurück-
zugreifen, einerseits um an ähnliche Daten anzu-
knüpfen, anderseits um die geschichtliche Entwicke-
lung einheitlich weiter zu führen.
Bisher wurde festgestellt, dass es zuerst nur
Büchsen gab, welche Blei schossen — (lotbuchsen
vom holländischen lood = Blei, blybuchse) — und
dass später die Steinbüchsen aulkamen.
Diese thatsächliche Erscheinung wird auch ur-
kundlich bestätigt, indem Johann von Posilge in
seiner Chronik zum Jahre 1362, als der Hochmeister
Winrich von Kniprode das Schloss Kowno belagerte,
die Bemerkung macht: «und stürmte das Haus Tag
und Nacht mit Bliden und Tummlern; denn noch
waren nicht die grossen Steinbüchsen, sondern allein
die Lothbüchsen.» (Joh. v. Posilge in SS. rerum
prusicarum, III, 82.)
Es wurde ferner aus deutschen und aus italie-
nischen Quellen nachgewiesen, dass sowohl bei den
Lot- als auch bei den Steinbüchsen Handfeuer-
waffen vorhanden waren, d. h. Feuerwaffen, welche
infolge des Gewichtes der ganzen Waffe und mit
Rücksicht auf die Grösse des Geschosses zu den
Handfeuerwaffen gezählt werden müssen.
Die Nürnberger Heeres-Ordnung vom 11. Ja-
 
Annotationen