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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 8
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Bassermann-Jordan, Ernst von: Die Waffensammlung des bayrischen National-Museums in München
DOI Artikel:
Koetschau, Karl: Ein Nachwort, zugleich eine museumstechnische Skizze
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0302

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286

Zeitschrift fUr historische Waffenkunde.

II. Band

sowie die Stuccaturen an der Decke mit den Namen
gewonnener Schlachten weisen auf Max Emanuels
türkische Feldzüge hin.
Fast die wertvollsten Stücke der ganzen Samm-
lung sind im «Jagdsaale» des ersten Stockes auf-
gestellt (Saal 75, Abb. 4). Das hier vereinigte Jagd-
gerät von oft hervorragender kunstgewerblicher Arbeit
stammt zum grossen Teile aus dem Besitze des könig-
lichen Hauses und weiss beredt zu erzählen von der
Jagdliebe der Wittelsbacher seit der Renaissance bis
auf die neuere Zeit. Der Saal selbst ist ausgeschmückt
mit den Originalstuccaturen aus dem ehemaligen
Sandhofe in Würzburg. Alte Gemälde — Jagd-
bilder, Tierstücke, darunter Abbildungen von Ab-
normitäten und solche mit Schussangaben, vervoll-

ständigen sinngemäss die Dekoration des Saales,
dessen Wände in ihrem unteren Teil mit Jagdnetzen
bespannt sind.
Es ist eine Fülle von Waffenmaterial, das in
den Sälen des National-Museums in München ver-
einigt worden ist. Für kunstgewerbliche Studien
wie für den Freund der historischen Waffenkunde
bieten die Sammlungen ein gleich reiches Material,
das noch keineswegs vollkommen gesichtet oder
in erschöpfender Weise wissenschaftlich bearbeitet
worden ist. Ein ausführlicher, gedruckter Katalog
über die Ausstellungsgegenstände der Waffensamm-
lung besteht noch nicht. Dem Spezialisten für Waffen-
kunde wie dem Kunsthistoriker steht also noch ein
weites Feld für ergiebige Arbeit offen.1)


Ein Nachwort, zugleich eine museumstechnische Skizze.
Von Karl Koetschau.

'or der Besprechung musealer Auf-
gaben haben die Fachzeitschriften
eine seltsame Scheu. Sie erscheint
um so auffallender, als der von
den Museen ausgehende grosse
Nutzen von Jahr zu Jahr mehr
empfunden wird, und zwar nicht
nur von den Forschern und den
Freunden geistiger Kultur, sondern auch — hier
sagt die Phrase einmal wirklich das Bezeichnende
— von den «breitesten Schichten der Bevölkerung»,
wenn auch von ihnen freilich zunächst mehr ahnend,
als in klarem Bewusstsein. Doch wer weiss, ob
der Tag so fern ist, an dem die erste rein museo-
graphische Zeitschrift erscheint, die dann nicht allein
die bestehenden kunstwissenschaftlichen Fachblätter
zu ergänzen, sondern auch die vornehmste Aufgabe
zu erfüllen haben wird, die von einem Museum ver-
langt werden kann, die Aufgabe, zu erziehen. Mehr
darüber zu sagen, ist hier nicht der Ort; eine andere
Gelegenheit wird sich dazu ergeben. Jedenfalls wird
aber die Waffenkunde dann mit ganz besonderer
Hingabe sich einsetzen müssen, denn ih den Mu-
seen hat sie, die ihrem ganzen Charakter nach eine
eigene Vertretung auf den Hochschulen nie haben
kann, den Sitz ihres Lebens. —
Wenn ich im Anschluss an den vorangegangenen
Ueberblick einige Worte sage, so geschieht es, nicht
um die dankenswerten Ausführungen des Herrn Ver-
fassers für diesen besonderen Fall zu ergänzen, son-
dern um ihnen einige allgemeine Betrachtungen
anzufügen. Wohl fast keinem Leiter einer Waffen-
sammlung ist die trübe Stunde erspart geblieben,
in der er an der Romantik vom Anfang des 19. Jahr-
hunderts, der wir gewiss viel Gutes in Dichtung und

Wissenschaft zu danken haben, grosses Aergernis
nahm. Denn die Waffe, mit der doch die von der
Romantik auf den Schild gehobenen Helden ihre
Thaten vollbrachten, wurde so schlecht als möglich
behandelt. Oder kann man einen Gegenstand mehr
schädigen, als wenn man seine Art, seine Geschichte,
seinen Zweck nicht achtet, dafür ihn aber zu Dingen
zwingt, die mit seiner Natur gar nichts gemein haben?
Als man — auch im Anschluss an die Wiederbe-
lebung des Mittelalters in der Romantik — anfing,
phantastische Theaterschlösser, Theaterburgen zu
bauen oder ehrwürdige Reste ohne Ueberlegung
und Achtung dazu umzuwandeln, wurden die Waffen
zu Requisiten. An keiner Säule, keiner Wand durf-
ten pomphafte Trophäen fehlen. So wurde die
Waffe dem Dekorateur ausgeliefert. In dessen
Händen aber hatte sie nur noch Wert, wenn er sie
zur Komposition von Gruppen verwenden konnte;
das einzelne Stück in seiner Eigenart blieb voll-
kommen unbeachtet. Darunter leiden wir noch
heute. Wer je vor die Aufgabe der Neuordnung
einer Waffensammlung gestellt worden ist, wird
wissen, wie einen diese Unsachlichkeit quälen, einem
dieser Dekorationswust, durch den man sich hin-
durchzuarbeiten hat, ebenso bald zum Ekel werden
kann, wie das verlogene altdeutsche Zimmer und
das Makartbouquet seligen Angedenkens. Freilich,
das Publikum wird den gequälten Museumsmann
nur zum Teil verstehen. Denn wie viele glauben
nicht heute noch, dass die Museen nur dazu da
seien, dass man. in müssigen Stunden «rasch mal.
durchgehen» kann? Sie sind diejenigen, welche
die Betonung des Dekorativen für durchaus gerecht-

*) Vgl. dazu die Fachnotiz von Prof. E. Doepler d. j.
 
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