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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 5
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Thierbach: Die ältesten Radschlösser deutscher Sammlungen
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Ehrenthal, Max von: Die fürstlich Radziwillsche Rüstkammer zu Nieświeź, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0156

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142

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

II. Band.

Radschlössern angewendete Stange zwischen zwei
im Schlossbleche vernieteten Backen um einen Quer-
stift; ihr anderes mit einem Köpfchen versehenes
Ende reicht durch eine Durchbrechung des Schloss-
bleches nnd legt bei aufgezogenem Rade zum Fest-
halten in die entsprechende Vertiefung desselben
ein. Unter dem rückwärtigen Ende der Stange liegt
die einarmige Stangenfeder, welche die Stange zum
Einlegen in das Rad drängt. Das rückwärtige Ende
der Stange ist zur Anlage an den im Schafte befind-
lichen Abzug rechtwinkelig aufgebogen. . Die Ein-
richtung der Stange ist daher eine gleiche, wie an
den Radschlössern späterer Zeit. Man wird daher
nicht fehlen, wenn man die Herstellung dieses
Schlosses in die Zeit von 1520—1530 setzt.
Ein anderes, diesem letzteren ähnliches Schloss,
aber mit dem späteren Pfannschieber, findet sich an
einem Doppelpistol mit geradem Schafte im Weifen-
museum zu Herrenhausen bei Hannover.
Die weitere Entwickelung dieser Art Schlösser
gipfelt in der Herstellung der sogenannten Kur-
länder- oder Teschinkschlösser, deren Eigentüm-
lichkeit bereits im 10. Hefte, Seite 245 des ersten
Bandes dieser Zeitschrift dargestellt ist.

Dies sind nach des Verfassers Kenntnis die
einzigen Radschlösser der ältesten Zeit. Sollten in
irgend einer Sammlung sich gleiche oder noch ältere
vorfinden, so wäre eine gefällige Mitteilung dem
j Verfasser auch im Interesse der Wissenschaft sehr
wünschenswert und würde ihn zu grossem Danke
verpflichten.
Schliesslich sei hierbei die Bemerkung gestattet,
dass man vielfach, selbst in grösseren Sammlungen,
in den Hähnen der Radschlösser fälschlicherweise
Feuersteine eingeschraubt findet. Zu diesem Schlosse
wurde allein Schwefelkies verwendet, welcher viel
weicher war und das Rad weniger abnutzte als der
Stein. Und gerade der Abnutzung des Rades musste
soviel als möglich vorgebeugt werden, weil dieses
mit seinen Riefen in die Pfanne eingeschliffen war
und den Boden des Pfanntroges bildete. Es hätten
die durch den harten Stein bewirkten Verdrückungen
der Riefen, selbst nur ein gebildeter Grat an den-
selben, unbedingt Reibungen bei der Umdrehung
veranlasst, was die Sicherheit der Zündung beein-
trächtigt hätte. Bei stärkerer Abnutzung hätte sogar
das feinkörnige Zündpulver durch die Fugen zwischen
Rad und Pfanne hindurch sickern können.

Die fürstlich Radziwillsche Rüstkammer zu Nieswies»
Von M. v. Ehrenthal in Dresden.

ines der mächtigsten und
einflussreichsten Für-
stengeschlechter im
Grossherzogtum Li-
tauen war seit Be-
ginn des 15. Jahr-
hunderts die Familie
Radziwill. Ihr Besitz
erstreckte sich von
den Sümpfen des Pri-
pet bis in die Woy-
wodschaft Wilna, östlich bis an den Ptitsch und
westlich bis an die Weichsel. Volkreiche Städte,
freundliche Dörfer und stolze Schlösser waren Eigen-
tum der Familie, die sich zu Anfang des 16. Jahr-
hunderts in mehrere Linien spaltete. Der Stamm-
vater des noch heute zu Nieswicz blühenden fürstlichen
Hauses ist Nicolaus II. Priscus, geb. 1398, gest. 1509,
der sonach das ungewöhnliche Alter von 111 Jahren
erreichte. Der Ort Nieswicz besteht aus dem etwa
6000 Einwohner zählenden Städtchen und dem fürst-
lichen Schlosse, das etwas abseits von der Stadt

liegt und mit dieser durch einen schmalen Damm,
der zwischen Teichen hindurch führt, verbunden ist.
Die Gebäude des Schlosses, im Kasernenstil des
18. Jahrhunderts um-, bez. neugebaut, umschliessen
einen geräumigen viereckigen Plofi Das gewölbte
Erdgeschoss und die fast 2 Meter starken Mauern
des aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts her-
rührenden Mittelbaues, sowie der hohe Erdwall mit
vier Bastionen, welcher noch heute das Schloss um-
schliesst, zeigen uns, dass dasselbe dereinst den
fürstlichen Besitzern nicht allein als Wohnung, sondern
auch als Kastell gegen anstürmende Feinde gedient
hat. Ueberdies war früher der Gebäudekomplex auf
drei Seiten mit Seen umgeben, von denen erst
neuerdings ein Teil in Parkanlagen umgewandelt,
worden ist. Schon diese Verteidigungseinrichtungen
geben uns ein Bild der Verhältnisse, wie sie beson-
ders im 16. und 17. Jahrhundert in jenen Gebieten
obwalteten, wo abwechselnd Moskowiter und Tataren,
Kosaken und Walachen, Schweden und Türken
sengend und brennend, raubend und mordend ein-
fielen. Jeder Edelmann, namentlich aber der in
 
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