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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

DOI Heft:
Heft 11
DOI Artikel:
Sixl, P.: Entwicklung und Gebrauch der Handfeuerwaffen, [17]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0427

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11. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

407

Entwicklung und Gebrauch der Handfeuerwaffen.

ie bisher


Von k. u. k. Oberstleutnant P. Sixl.
H a n d b ii c h s e n.

angestellten Unter-
suchungen über Hand-
feuerwaffen Hessen ent-
nehmen, dass der Krieg
an dieselben bestimmte
Forderungen stellte,
welche aus den elemen-
taren, stets gleich blei-
benden Gesetzen vom
Kriege sich ableiten
und auch heute die
Konstruktion der Feuerwaffen in derselben Weise
beeinflussen. Der Krieg verlangt die Vernich-
tung oder wenigstens die Kampfunfähigkeit des
Gegners, welcher aus Menschen, zu Fuss oder zu
Pferd besteht. Die Handfeuerwaffen mussten gegen
dieselben derart wirksam sein, dass ein solches
Ziel mit einem Schuss vernichtet oder kampfun-
fähig werde, trotz der Schutzrüstung, in welcher die
feindlichen Streiter anrückten und auf jenen Ent-
fernungen , auf welchen die bisher in Gebrauch
stehenden Handschiesswaffen, Bogen und Armbrust,
diese Leistung vollbringen konnten.
Die wichtigere und entscheidende unter diesen
beiden Bedingungen ist die wirksame Schussentfer-
nung oder der wirksam gefährdete Schussbereich, d. i.
jene Entfernung, auf welcher obige Schussleistung
noch mit einiger Bestimmtheit erwartet werden
konnte. Für die Armbrust ist diese Entfernung aus
den für das Schul- oder Wettschiessen angegebenen
Bedingungen zu ersehen und betrug im Jahre 1452
in Sursee 120 Schritte;1) nach einer oberbaye-
rischen Ausschreibung vom Jahre 1467 war dieselbe
mit 260 Fuss = 110 Schritten bestimmt;2) für das
Armbrustschiessen zu Augsburg im Jahre 1468 ist
dieselbe mit 125 Schritten angegeben;3) nach einem
Ausschreiben der Stadt Schweinfurt war dieselbe
mit 135 Schritten festgesetzt.4)
Aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts
liegen urkundliche Nachrichten über Schussentfer-
nungen für die Armbrust nicht vor; es lässt sich
jedoch mit Bestimmtheit annehmen, dass die
Schussentfernung für die Armbrust, zu dieser Zeit,
insbesondere in den ersten Jahrzehnten, eher kleiner
als grösser war, weil die Armbrust als Schiess-
waffe, sowie das Schiessen mit derselben sich natur-

*) A. Feierabend, Geschichte der eidgenössischen Frei-
schiessens. Zürich 1884. 24.
2) Oberbayerisches Archiv. XIII. 8.
3) J. H. Adam, Augsburg und seine Stahlschiessen. Augs-
burg 1824. 10.
4) Würdinger, II, 394.

gemäss stetig vervollkommnete, wie dies aus der
Zunahme der Schussentfernung in der 2. Hälfte
des 15. Jahrhunderts von 120 bis auf 135 Schritte
zum Ausdruck kommt. Die wirksame Schussent-
fernung für die Armbrust in der Zeit von 1400
bis 1430 wird demnach 100 Schritte kaum erreicht
haben, und auf dieser Entfernung mussten die
Handbüchsen die geforderte kriegsmässige Wir-
kung vollbringen, sollten die neuen Schiesswaffen
den alten gleichwertig erscheinen.
Die früheste Nachricht über den Eintritt dieser
Gleichwertigkeit enthält der Anschlag zu Nürnberg
„begriffen zu widerstandt den Bahaimen 1431“, in
welchem folgende Anordnung enthalten ist: „Item
was eyn yczlicher fürste, herre ader stad fuss-
genger ader wapener brenget, dy sollen gleich
halb buchsen vnd halb armbrost haben mit pheylen,
bley, pulver vnd was dorczu gehöret.“5) In einem
etwas späteren Anschläge „zu Swaben“ enthält die
Schluss-Nota folgende Bestimmung: „Item das fuss-
volk, der dritte tayl schützen, halb mit hantbüchsen
und halb mit armbrust.“6)
Nach dem bayerischen Aufgebote vom Jahre
1430 sollten im Herzogtume Landshut aus den
Städten und Märkten 587 geraisige Pferde und
681 Schützen ausgehoben werden. Von den
Schützen sollte jeder haben eine Handbüchse oder
eine Ärmst; der Büchsenschütze sollte dazu haben
ein Pfund Pulver, ein Pfund Blei, einen eisernen
Ladstock und ein Pulvermass; der Armbruster
Köcher und 10 Pfeile.7) Dieselben Bestimmungen
für die Ausrüstung der Handbüchsen- und Arm-
brustschützen sind auch im Aufgebote der öster-
reichischen Stände vom Jahre 1426 gegen die Hus-
siten enthalten.
Nachdem die Gleichstellung der Handbüchse
mit der Armbrust urkundlich schon so frühzeitig
— 1430 — feststeht, so muss der Kriegswert der
Handbüchsen doch schon vor dieser Zeit in den
berufenen Fachkreisen Würdigung gefunden haben,
wodurch wieder erklärlich erscheint, dass in den
Kriegs-Anschlägen jener Zeit Handbüchsen in
grosser Zahl gefordert werden und dass in dem
amtlichen Rechnungen der Einkauf von Hand-
büchsen in einer für diese Zeit auffallend grossen
Zahl eingetragen ist.
In der „Einung der schlesischen Fürsten,
Mannen und Städte auf dem Tage zu Grotkau

5) Palacky: Urkundliche Beiträge II, 199.
c) Höfler: Das kaiserliche Buch. 2 und 44.
p Würdinger, I, 192. (Ausschreiben des Pflegers von Wolf-
rathshausen vom 20. Mai 1430.)

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