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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 2
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Sixl, P.: Entwickelung und Gebrauch der Handfeuerwaffen, [10]
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Fachnotizen
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0062

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48

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

II. Band.

hinten offene Halbtürme und die «prustsezeyne»,
Brustwehren, längere Vorbereitung und besonderes
Material, welches oft in beschwerlicher Weise herbei-
geschafft werden musste. Die aus Erde aufgewor-
fenen Tarassen konnten jedoch bei gutem Boden
rasch und leicht, oft über Nacht, errichtet, mit dem
Angriff vorgeschoben und sofort mit Feuerwaffen
ausgerüstet und besetzt werden.
«Uff denselben Dornstag hatten die von Erfurte
ihre Tarrase alle umbestat mit viel steinen Buchsen,
mit manchem Wappener, die dann viel Handbuchsen
und andris getzugis die Menge hatten.» (Kammer-
meisters Annalen von Erfurt zum Jahre 1447).
Bei der Belagerung von Rapperschwyl im Jahre
1443 heisst es: «Also am Freitag zu Nacht schlü-

gend sie aber ein Tarris noch näher der Stadt,
dann der vorder was, und am Samstag fruy hatten
die von Lucern auch zwo Buchsen in demselben
Tarris und schussen mit denselben fünf Steinbuchsen
bei acht Tage lang, Tag und Nacht, und beschachend
in die Stat 320 Schuss uss den Steinbuchsen, ohne
die Schüss uss den Tarrasbuchsen.» (Tschudi,
Schweizer-Chronik.)
Bringt man diese Darlegungen mit der oben
gegebenen Einteilung der Feuerwaffen und den an-
geführten Erklärungen des Wortes «tarass in Ver-
bindung, so ergiebt sich mit grösster Wahrschein-
lichkeit, dass, wie bei den Wagen-, Karren- und
Handbüchsen, auch hier aus der Art des Gebrauches
die Bezeichnung «Tarasbüchse» entstanden ist.
(Schluss folgt.)


Perlen in Klingen eingeschmiedet. Unter den
mannigfaltigen Arten der Verzierung, die wir an orienta-
lischen Waffen bewundern, erregt ein vorzüglich in Indien
angewandtes Verfahren gerechtes Staunen, durch welches
eine ganze Reihe von Perlen derartig in rinnenartige
Durchbrechungen oder Schlitze von Lanzenspitzen, Säbel-
und Dolchklingen eingeschmiedet wurde, dass sie sich
innerhalb der seicht ausgekehlten Führungskanten dieser
Schlitze frei auf- und abwärts bewegen konnten.

Betrachtung den, wie uns scheint, unumstösslichen Be-
weis dafür liefert, wie — verblüffend einfach die indi-
schen Waffenschmiede das schwierige Problem zu lösen
wussten. Ein Blick auf das untere Ende des Schlitzes
macht jede eingehendere Beschreibung überflüssig: die
scharf abgezeichneten Ränder der Niete haben genau
den Durchmesser der Seelenweite in den ausgekehlten
Führungskanten des Schlitzes; die Perlen wurden also
durch diese Oeffnung in den Kanal befördert, dessen
überhängende Ränder ein Hinausfallen unbedingt ver-
hinderten, während der konkave Querschnitt der Seiten-
wände dem freien Hin- und Herrollen genügenden Spiel-
raum bot. Der kunstfertige Schmied hatte nach Ver-
schluss der Eintrittsöffnung nichts weiter zu thun, als
die Fugenränder der Niete auf die eine oder die andere
Art verschwinden zu lassen und half sich wohl gewöhn-
lich auf die Weise, dass er um die fragliche Stelle ein


Wir können leider nicht sagen, ob die Technik
dieses Verfahrens in der Fachlitteratur bereits behandelt
worden ist, haben aber in den uns zugänglichen ein-
schlägigen Werken keine Andeutungen darüber gefunden
und setzen eine noch nicht allgemein verbreitete Kennt-
nis dieser Schmiedekunstleistung mit um so leichterem
Herzen voraus, als unser Altmeister W. Boeheim (Waffen-
kunde p. 279) bei Beschreibung eines derartig verzierten
Säbels (Fig. 313) die Frage stellt: «Wie mussten diese
Perlen eingefugt sein, ohne dass auch nur eine verletzt
wurde ?»
Ein glücklicher Zufall spielte uns dieser Tage eine
orientalische Lanzenspitze in die Hände, deren genaue

Muster in Goldtau sia aufschlug, in dessen Schnörkeln
die verräterische Linie auch dem aufmerksamsten Auge
entgehen musste. Sollte die Fläche jedoch blank bleiben,
so liess sich die Perlenreihe, welche niemals den ganzen
Schlitz in ununterbrochener Reihe ausfüllte, wohl in den
meisten Fällen so weit zurückschieben, dass selbst ein
sorgfältiges Verschweissen des eingesetzten Stückes mög-
lich wurde. Die Politur that dann noch ein übriges.
Das vorliegende Exemplar hat stark gelitten. Perlen
sind nicht mehr vorhanden, doch zeigen die Kehlungen
der Führungskanten deutlich, dass der Schlitz zur Auf-
nahme dieses Schmuckes hergerichtet war. Auch die
Flächen des Blattes waren verziert, wie aus den Spuren
 
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