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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 9
DOI Artikel:
Reimer, Paul: Ein Stück Feuertaktik aus dem Mittelalter
DOI Artikel:
Engel, Bernhard: Waffengeschichtliche Studien aus dem Deutschordens-Gebiet, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0366

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34§

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

II. Band.

zielt wurde. Jedenfalls war die Anwendung des
Feuergeschützes so, wie sie erfolgte, unter den vor-
liegenden Umständen die denkbar wirksamste. Die
damalige Zeit kannte nur den Kampf der gewapp-
neten Krieger mit der blanken Waffe Mann gegen
Mann, eine Kartätschverteidigung im Sinne der heu-
tigen Abweisung von Stürmen auf moderne Forts,
wie hier geschehen, war etwas noch Unbekanntes.
«Der Kurfürst,» sagt Excellenz v. Boguslawski in
seiner Schlusskritik, «rechnete eben richtig mit
seiner Zeit und setzte ihr etwas Neues entgegen.
Und wer dies richtig versteht, dem wird es jeder
Zeit ein grosses Uebergewicht über den Gegner ver-
leihen.»
Die geschilderte Schwerfälligkeit in der Be-
dienung der Geschütze jener Zeit schloss ihre Ver-

wendung im Felde und zur direkten Unterstützung
eines Sturmangriffs noch fast völlig aus, daher wird
auch von einer Thätigkeit der pommerschen Ar-
tillerie, die wohl zweifellos, wenn auch in geringerer
Stärke, ebenfalls vorhanden gewesen sein wird,
nichts berichtet. Erst die Mitführung der Geschütze
auf verteidigungsfähigen Wagen und die Verwen-
dung der letzteren als Wagenburg, wie sie von den
Hussiten mit grösstem Erfolge durchgeführt wurde,
machten das Geschütz wenigstens für das Positions-
gefecht im Feldkriege verwendbar, bis in der
zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts durch Schaffung
leicht fahrbarer Laffeten und die durch allmäh-
liche Einführung gekörnten Pulvers auch bei der
Artillerie erleichterte Ladeweise der Charakter des
Feldgeschützes immer mehr zur Geltung kam.


Waffengeschichtliche Studien aus dem Deutschordens-Gebiet.
Von Bernh. Engel, Landgerichtsrat in Thorn.


IV.1) Darstellung von Rittern
14. Jahrhundert im Dome
m Dome zu Marienwerder befindet sich
ein Schrank, welcher beiderseits (vorne
und hinten) mit Thüren versehen ist,
also darauf berechnet war, frei auf-
gestellt zu werden. Die Thüren sind
mit Temperamalereien bedeckt, von
welchen indess nur die eine, neben-
stehend (Fig. 1), in verkleinertem
Maassstabe wiedergegebene Krieger
darstellt. Die Malereien befanden sich
früher in schlechtem Zustande, sie sollen einer Zei-
tungsnachricht zufolge neuerdings wiederhergeste'lfj^
sein. Ob dabei, wie leider so oft, der Wieder-
hersteller eigene Zusätze gemacht hat, vermag ich
nicht zu sagen, da ich den Schrank seither nicht
gesehen habe. Fig. 1 ist die Verkleinerung einer
Pause, welche ich noch vor der Wiederherstellung
entnommen habe.
Es sind fünf Ritter, welche um einen Altar
knieen; hinter diesem steht ein (hier fortgelassener)
Geistlicher. Der vorderste Ritter ist bei weitem
sorgfältiger ausgeführt als die hinteren; namentlich
gilt dies von der Schattengebung, welche teils durch
Striche, teils durch kleine in den Kreidegrund ein-
gedrückte Pünktchen bewirkt ist. Von letzteren sind
*) Neben den mit No. 1 und II bezeichneten Aufsätzen
S. 94—102 wird der in Band I, S. 195 —199 und S. 228—233
enthaltene Aufsatz als dritter mitgezählt.

auf einem Schranke aus dem
zu Marienwerder, Westpr.
die grösseren Punkte, welche Nieten darstellen sollen,
wohl zu unterscheiden. Alle Ritter tragen grosse,
spitze Beckenhauben, welche tief in den Nacken
herabgehen. Die eine hat vorne einen Grat, zwei
sind mit deutlich dargestelltem Visier versehen. Bei
dem vordersten Ritter ist dasselbe an beiden Seiten
drehbar, während es bei dem darüber sichtbaren
Ritter anscheinend mittels eines in der Mitte der
Stirn befindlichen Scharniers auf und nieder zu
klappen ist. Dieses Visier zeigt eine missratene
perspektivische Zeichnung. Ausser dem Visier hat
diese Beckenhaube anscheinend eine Verstärkung',
wie solche auch bei der Haube des neben ihm be-
findlichen Ritters zu erkennen ist. Der Nebenmann
des letzteren trägt die einfache Beckenhaube, wäh-
rend diejenige des fünften, vorne rechts, wohl auch
ein (schlecht dargestelltes) Drehvisier besitzt. An
die Beckenhaube schliesst sich bei allen Rittern die
Ringhalsbrünne, welche das Kinn einschliesslich
Mund bedeckt und unterhalb nicht mit der Leib-
wehr zusammenhängt, sondern über dieselbe hinüber-
fällt. Ob die Brünne unter der Beckenlaube auch
den Kopf bedeckt oder an den Rand derselben an-
gehängt ist, ist nicht deutlich; Kloben sind nicht
dargestellt, und die Punkte um den Rand der vor-
dersten Beckenhaube sollen wohl nur Futterlöcher
kennzeichnen oder Nieten zur Befestigung eines
durch den Strich dahinter angedeuteten Verstär-
 
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