Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

DOI Heft:
Heft 1
DOI Artikel:
Fachnotizen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0033

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
i. Heft.

Zeitschrift für historische Warfefikunde.

19

Fachnotizen.

Das Historische Museum in Dresden zürn
letztenmale als Rüstkammer. Das königliche
Historische Museum in Dresden, eine der grössten und
reichsten Waffensammlungen der Welt, ist bekanntlich
in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts als Rüst- und
Harnischkammer des sächsischen Hofes begründet worden,
und neben den erlesensten Prunkrüstungen und -Waffen,
welche der Sammeleifer und die Kunstliebe der sächsi-
schen Kurfürsten nach und nach in den Räumen des
alten Stallgebäudes zusammenbrachte, erinnert heute
noch die bedeutende Zahl ganz gleichartiger Panzer-
stecher, Puffer, Reiterhämmer u. s. w. an ihre alte Be-
stimmung, das reisige Hofgesinde in Kriegsfällen aus-
zurüsten. Noch im dreissigjährigen Kriege lässt sich
das Bestehen dieser Einrichtung nachweisen; denn das
Archiv des historischen Museums bewahrt noch heutiges
Tages die Quittungen, welche sich der kurfürstliche
Oberstallmeister in dieser Zeit nach Abgabe von Har-
nischen und sonstigen Waffenstücken von den betreffen-
den Hofjunkern und anderen Adeligen des Landes aus-
stellen liess.
Es dürfte jedoch nicht uninteressant sein, zu er-
fahren, dass in weit späterer Zeit die Dresdener Waffen-
sammlung noch einmal — es wird jedesfalls das letzte
Mal gewesen sein — zwar nicht ganz ihrer ursprüng-
lichen Bestimmung, aber doch als Zeughaus gedient
hat; und zwar geschah dies in den ersten Monaten des
Jahres 1814. Wenige Tage nach der Völkerschlacht bei
Leipzig hatte man die ersten Schritte gethan, aus den-
jenigen wehrhaften Männern der sächsischen Lande, die
sich freiwillig zu den Fahnen meldeten, eine, eigene
Kriegsschar zu bilden, «den Banner der freywilligen
Sachsen», und beinahe gleichzeitig erfolgte die Errich-
tung einer Landwehr. Was die Bewaffnung dieser beiden
extraordinären Truppenkörper betraf, so sollten sich die
Freiwilligen des Banners (Patent vom 3t. Oktober 1813,
publiziert in der Leipziger Zeitung vom 8. November
dieses Jahres) selbst kleiden und womöglich auch be-
waffnen, bez. beritten machen; der Landwehr wurden
(Patent vom 9. November 1813, publiziert am 16. No-
vember in der Leipziger Zeitung) Waffen und Munition,
soweit solche nicht in den einzelnen Kreisen des Landes
angefertigt oder zusammengebracht werden konnten, vom
General-Gouvernement des Königreichs angewiesen. Es
ist nun nicht zu verwundern, dass sowohl der Waffen-
vorrat in den Arsenalen, der in der langen Kriegszeit
schon ungewöhnlich starken Abgang gefunden hatte, sich
wenigstens in den ersten Monaten nach der Errichtung
der neuen Korps als unzureichend erwies, als auch dass
die Beihilfe an Waffen, Geld u. s. w., welche durch
öffentliche Sammlungen im Lande erreicht wurde, nicht
hinreichte. Dieser Umstand, von der Auffassung unter-
stützt, dass jede Waffe, sie möge hergenolnmen sein, woher
sie wolle, durch den Gebrauch für Deutschlands Freiheit
geheiligt werde und brauchbar sei, liess jedesfalls den
General-Gouverneur von Sachsen, den russischen Fürsten
Repnin, sich sehr schnell mit dem Gedanken befreunden,
die zum Fideikommiss des königlichen Hauses gehörige
Waffensammlung für den Zweck der Landesbewaffnung
gegen Frankreich zu öffnen, und so wurden im Januar
und Februar 1814 aus der Türken- und Armatur-Kammer

durch den Oberst von Miltitz nach und nach 780 Säbel
und Degen für den sächsischen Banner und die Land-
wehr ausgewählt und gegen Quittung leihweise ent-
nommen. Es waren das
434 Janitscharen- Seitengewehre mit messingenen,
versilberten Gefässen,
240 ebensolche mit hölzernen Gefässen,
50 Hieber,
29 türkische Säbel (zum Teil mit Silber beschlagen),
xi Säbel verschiedener Art,
2 Kadettendegen und
14 ungefasste Säbelklingen.
Zu allen diesen Waffen gehörten schwarzlederne,
mit Beschlägen versehene Scheiden, welche jedoch zum
Teil erneuert werden mussten; nur die Türkensäbel,
wohl meist Beutestücke aus dem Jahre 1683, von denen
sich der Oberst von Miltitz auch einen zum eigenen
Gebrauche aussuchte, mussten zum Teil ohne Scheiden
abgegeben werden.
Der Charakter der requirierten Waffen lässt darauf
schliessen, dass sie, vielleicht einige türkische Säbel
ausgenommen, lediglich zur Armierung von Infanterie
verwendet worden sind. Genaueres über ihre Verteilung
ist nicht bekannt; wir erfahren aus einem alten Akten-
stücke im Archive der Sammlung nur, dass 200 Seiten-
gewehre zur Bewaffnung der Sappeur-Kompagnie des
Banners gedient haben. Bei der Landwehr erhielten
übrigens (vergleiche das obenerwähnte Patent) nur
die Unteroffiziere der Infanterie ausser der Flinte ein
Seitengewehr, jeder Kavallerist jedoch Lanze (Pike ge-
nannt), Säbel und eine Pistole. Die aus der Rüst-
kammer entnommenen Seitengewehre waren die hirsch-
fängerartigen, geraden und starken Säbel, deren sparren-
artig verzierte, aus dem Ganzen gegossenen Messing-
griffe den von der Krone überragten, aus A und R
zusammengesetzten Namenszug König Augusts des Starken
fragen, welcher sich in Aetzung auf beiden Seiten der
Klinge wiederholt. Die letzteren, welche sehr breit,
hohl geschliffen und in ihrem letzten Drittel zweischneidig
sind, laufen in eine Säbelspitze aus und tragen keine
Marke. Eine alte Niederschrift im Historischen Museum
lässt jedoch mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit annehmen,
dass diese Klingen zusammen mit den für die Schweizer-
garde (einer anderen Haustruppe der sächsisch-polnischen
Könige) bestimmten im Jahre 1730 von den Solinger
Schwertfegern Johann Caspar Clauberg und Johann
Wilhelm Hermans angefertigt worden sind. Eine Ver-
silberung ist übrigens nicht auf diesen, sondern nur auf
manchen Gefässen der ebenerwähnten Schweizergarden-
Säbel zu bemerken, welche Löwenkopf-Knäufe und
muschelförmige Stichblätter besitzen, während die Klingen
leicht gekrümmt sind.
Weder dem Banner der freiwilligen Sachsen noch
der sächsischen Landwehr war es vergönnt, sich krieger-
ische Lorbeeren im Feldzuge von 1814 zu pflücken;
kam doch der erstere überhaupt nicht zur Beteiligung
an irgend einem Gefechte. Trotzdem sah es nach der
Beendigung des Krieges und der Heimkehr der Truppen
mit der Rückerstattung der aus der Rüstkammer ent-
nommenen Waffen recht übel aus. Die wenigsten
3*
 
Annotationen