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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 7
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Schalk, Karl: Die historische Waffensammlung der Stadt Wien im Zusammenhange mit der militärischen Organisation der Stadt, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0266
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250

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

II. Band.

Hauptmanns der Stadt, welche Stelle in der Regel
der Bürgermeister selbst bekleidete. Diesem unter-
standen die Obersten Hauptleute der Stadt-
viertel und diesen wieder die Hauptleute der
Thore und die der Gassen.1)
«Item das yeds tor besunder seinen haubt-
man haben sol und yeds tor ain gelögkl und y ede
gassen ain haubtman und yeds viertail seinen
haubtman.
Item von den zwain trumettern, als vor ver-
lassen ist, die hat die stat aufgenomen.»
Wir finden demnach in den Wiener Ratsprotokoll
des Jahres 1442 alle jene Elemente: 1. Bürger-
miliz oder Bürgerwehr, 2. Aufgebot und 3.Söld-
ner, für die die Stadt aushilfsweise Waffen anschaffte,
die sich aus den verschiedenen Zeitperioden in der
heutigen Waffensammlung erhalten haben, während
von dem Geschützparke der älteren Zeit in dem
Zeughause kein Stück auf uns gekommen ist.2 3)
Das von der Stadt im Mittelalter errichtete
Waffenaushilfs- und Zeugsdepot dürfte aber schon
frühzeitig in zweiter Linie den Charakter einer per-
manenten Schaustellung, eines modernen Mu-
seums angenommen haben, von dem Momente an,
als man 4. Kriegstrophäen, die man praktisch
nicht verwerten konnte, in demselben auf-
bewahrte. Die ältesten Trophäen dürften die Setz-
tartschen mit ungarischem Wappen und dem
Wappen des Königs Mathias Corvinus von
Ungarn, der in den Jahren 1485 bis 1490 als
Landesfürst in Wien residierte, sein. Der museale
Nebencharakter des Waffenaushilfs- und Zeugsdepots
erscheint mit der Erbauung eines eigenen bür-
gerlichen Zeughauses am Hof im Jahre 1562®)
stärker betont. Im 17. Jahrhundert kamen 5. schon
Geschenke und zwar des Hofes an das bürger-
liche Zeughaus zur Zierde, und ist damit dessen
accessorischer Charakter als einer permanenten Schau-
stellung zweifellos.
Am 25. Juni 1745 wendet sich der Rat bittlich
an die Königin Maria Theresia,4) dass der Stadt von

*) Im Jahre 1434 ist die Rede von Bestellung von
Hauptleuten und Unterhauptleuten für die Viertel
Stubarum, Lignorum et Scotorum (Copeybuch der gemeinen
statt Wien in Fontes rer. austriac. Abth. II, Bd. VII, S. 3).
Im Jahre 1460 werden Hauptleute für die Viertel ein-
gesetzt: «Item die obgenannten haubtleut sullen selbs yeder
in seinem viertail ordnen und in ander haubtleut und
rotmaister seczen, die in dann gehorsam sein sullen, wann
sy die ervordernt, yeder in seinem viertail und under die törr»
(1. c. S. 190).
2) Vier über den Dorn geschmiedete Terrasbüchsen
aus dem 15. Jahrhundert, ähnlich der Abbildung zu Sixls
vortrefflicher Abhandlung in Zeitschr. f. hist. Waffenkunde,
Bd. II, S. 97, stammen aus einer ehemaligen Wiener Vororte-
gemeinde, die erst seit 1891 mit Wien vereinigt ist; die
betreffenden Stücke sind erst nach 1891 in die Sammlung ge-
kommen. Eine Streubüchse des 16. Jahrhunderts (Trombon)
befindet sich sub Kat.-Nr. 749 in der Sammlung; in der
Kammeramtsrechnung von 1546 werden zwei Streubüchsen
erwähnt.
3) Im Jahre 1562 war das Zeughaus am Hof zur Auf-

ihren Vorfahren vor mehr als hundert Jahren — wir
kommen da auf das Jahr 1645 und früher — ge-
schenkte Cousen, die der Stadt wieder abgenommen
worden waren, derselben zurückerstattet werden
mögen. Sie weisen in ihrem Ansuchen darauf hin,
dass «bereits anno 1741 von dero ltönigl. arcieren-
haubtmann grafen von Daun bey einem allhiesigen
stattrath das ansuchen beschehen sei, womit ihme
die in gemeiner statt zeughauss befindlich geweste
19 cusen vor die allhiesige leibguardie verabfolgt
werden möchten, welche ihme dann auch von un-
serem zeugwahrt Anton Ospl gegen quittung de dato
9 martii 1741 würklichen extradirt worden. Nach-
deme aber Ihro Mayt die verwittibte Kayserin Amalia
höchstselligen angedenkhns dises zeitliche gesegnet
und von uns die restituirung oberwehnter cusen an-
verlangct worden, hat mann uns erwidriget, wie dass
solche künftighin vor die guardie des durchleuch-
tigsten erzherzogens und crbprinzens Joseph ge-
braucht werden könnten. Nun wurden Euer königl.
Maytt wir mit gegenwärtigen niemahlens überlästig
gewesen seyn, wann wir vergewisset wären, ein solches
Euer königl. Maytt allerhöchster befelch zu seyn.
Allein gleichwie wir hierigfahls von darumben bil-
lichen anstand nehmen muessen, weillen tempore
Leopoldi das durchleuchtigste erzhaus von Öster-
reich mit zweyen erbprinzen gesegnet gewesen und
gleichwohlen bey der damahligen hoffstatt nie-
mahlens ein abgang verspürret worden, also leben
wir der getrosten hoffnung, Euer königl. Maytt wer-
den wegen restituirung mehrgehörter cusen das er-
forderliche umb so ehender allergnädigst ergehen
zu lassen geruhen, also dise uralte leibguardie
schultergewöhr von dero durchleuchtigsten
vorfahrern der statt Wienn vor mehr dann
hundert jahren zu einem ewigen angedenkhen
verehret worden und in gemainer statt zeug-
hauss jederzeit eine ausserordentliche zierde
gewesen, wessenthalben von Euer königl. Maytt
wir die allerhöchste Verordnung gewärtigen.»
Ob die Cousen thatsächlich zurückgestellt wur-
den, wissen wir nicht. Da die Schenkung mehr als
hundert Jahre vor dem Datum der Eingabe des Ge-
suchs (1745) an die Stadt erfolgt sein sollte, müssten
die Cousen spätestens aus der Zeit Ferdinands III.
([637 bis 1657) stammen. Nun sind die ältesten in
der Sammlung befindlichen Cousen solche Ferdi-
nands I., vier Stücke mit F und Reichswappen (Kat.-
Nr. 656 bis 659), ein Stück m. I. Z. 1570 (Kat.-Nr.
679) und dann (Kat.-Nr. 957 und 958) solche von
Hatschieren Josephs I. mit den Jahreszahlen 1694
und 1705. Die Rückstellung der fraglichen Stücke
nähme der Waffen fertiggestellt; im Jahre 1564 wurde es
vom Rate besichtigt und im Jahre 1623 dessen ganzer Inhalt
einer Neuaufstellung unterzogen (UhlirZ, 1. c. Bd. XXVII,
S. 139). Im Jahre 1732 wurde die innere Einteilung ver-
ändert und die neue Fassade nach den Plänen des Zeug-
warts und Architekten Ospel ausgeführt (Weiss, Katal.
des Jahres 1888, S. IX).
4) Concept im Wiener Stadt-Arch. Alte Reg. 91/1745.
 
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