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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 8
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Sixl, P.: Entwickelung und Gebrauch der Handfeuerwaffen, [15]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0335
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8. rieft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

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Erscheinung- in Verbindung mit der kurzen Seele
verweist diese Hakenbüchse in die Zeit der ersten
Verbesserungen in der Erzeugung; man kann die
Entstehungszeit in die ersten Jahrzehnte des 15. Jahr- ■
hunderts — also in die Zeit des Aufkommens des
Hakens — verlegen. Der äussere Durchmesser des
Laufes an der Mündung beträgt 8,2 cm, am rück-
wärtigen Ende 11 cm. Das Zündloch ist oberhalb,
17.5 cm vom hinteren Laufende entfernt, trichter-
förmig und mit scharfem Rande.
Auf 13 cm vom hinteren Laufende wird der Lauf
von einem starken, bandartigen Eisenring umfasst;
derselbe ist 6 cm breit, 3 cm dick und an den Lauf
angeschweisst. Nach unten schliesst dieser Ring in
einen 9,8 cm langen Haken zusammen, welcher in
eine nach rükwärts gebogene Spitze endigt; die
Dicke des Hakens beträgt knapp unter dem Laufe
10.5 cm, unterhalb an der Spitze 2,5 cm. Mit
diesem Ringhaken aus einem Stücke gearbeitet sind
zwei lange Eisenklammern, welche nach rückwärts spitz
verlaufen; von diesen ist nur die obere ganz erhalten
und 53 cm lang, die untere ist zur Hälfte abge-
brochen. In den Klammern befinden sich noch 5 Nägel
mit platten Köpfen, welche offenbar zur Befestigung
des stangenartigen Schaftes dienten. Dieser Schaft
st nicht vorhanden, wurde jedoch" augenscheinlich
von rückwärts an den Lauf angeschoben und sodann
befestigt.
Am hinteren Laufende befindet sich ein kleiner
runder Ansatz von 3 cm Durchmesser, welcher 1 cm
über das Laufende hervorsteht. Es lässt sich nicht
feststellen, ob dieser Ansatz mit dem Laufe aus
einem Stück gearbeitet ist, oder ob derselbe einen
eingeschweissten Eisenkern darstellt. Der Fundort
dieser Hakenbüchse ist die Bastion S. Just der alten
Festung Luxemburg (1877).
Eine andere eiserne Hakenbüchse, welche aber
als Steinbüchse eingerichtet ist, befindet sich im
Germanischen Museum zu Nürnberg.1) (Fig. 73.)
Diese Hakenbüchse besteht aus drei Teilen, und
zwar der Kammer, dem eigentlichen Lauf oder Flug
und der stielartigen Handhabe.
Die Kammer ist aus einem Stück Eisen ge-
schmiedet, 26 cm lang Und besitzt 6 cm Kaliber.
Die Konstruktion der Kammer ist cylindrisch, aussen
glatt, in die hintere Oeffnung ist die stielartige Hand-
habe eingeschweisst. Das Zündloch befindet sich
rechts und rückwärts an der Kammer; durch einige
Schläge in das heisse Eisen wurde unter dem Zünd-
loch eine Pfanne herausgetrieben. Der eigentliche
Lauf oder Flug ist aus einer der Länge nach zu-
sammengerollten und geschweissten Eisenplatte um
den Dorn geschmiedet und durch fünf einander dicht
berührende 10 cm breite Eisenringe verstärkt. Der
hinterste Ring ist nach unten mit den beiden Enden
zu einem 12 cm längen Haken zusammengeschweisst,
ähnlich wie bei Fig. 62 und 70. Der eigentliche Lauf

*) Vgl. «Quellen» ro8 und Köliler HI, 1, 333.

oder Flug ist 50 cm lang, hat ein Kaliber von 12 cm
und ist an der Mündung verstärkt.
Diese Hakenbüchse war offenbar als Steinbüchse
konstruiert'; die dazu gehörige Steinkugel hatte ein
Gewicht von 1,9 kg oder 4 Pfund; die Pulverladung
würde bei 8/. Füllung der Kammer 0,414 kg betragen.
Ein zweites gleiches Exemplar befindet sich im
Fürstlichen Zeughause zu Schwarzburg.
Die Entstehungszeit dieser beiden Haken-Stein-
büchsen muss nach der ganzen Konstruktion in das
erste Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts verlegt werden.
Hatte man hier nur den Ringhaken, so zeigen
die folgenden nach Konstruktion und Einrichtung
augenscheinlich jüngeren Hakenbüchsen den eigent-
lichen angeschweissten Haken, wie derselbe auch in
der ersten Hauptgruppe festgestellt wurde.
Hierher gehört eine Hakenbüchse im Städtischen
Museum zu Zittau.2) (Fig. 74.)
Der Lauf ist aus Schmiedeeisen, hat eine Länge
von 122,4 cm und endigt nach rückwärts in eine
18 cm lange Tülle. Der äussere Durchmesser an der
Tülle beträgt 8,4 cm, sodann verengt sich der Lauf,
wird in der Nähe des Zündlochs wieder stärker, 8,2 cm,
verjüngt sich in unregelmässiger Weise wieder bis zum
Haken, 6,2 cm, und erreicht an der Mündung die grösste
Weite, 8,6 cm. Die Seele ist 95,8 cm lang, dieselbe
ist gegen die Mündung hin erweitert, der Durch-
messer der Seele beträgt am Boden 35,5 mm, an der
Mündung 40 mm, daher das-Verhältnis des Kalibers
zur Seelenlänge 1 : 26. Das Zündloch befindet sich
oberhalb, ist muldenförmig mit verschliessbarem
Deckel; dieser fehlt, jedoch der Stift, um welchen
der Deckel drehbar war, ist noch vorhanden.
Der Haken ist abgebrochen; derselbe befand
sich 9,7 ctn unterhalb des Laufes, 9,7 cm von der
Mündung. Rückwärts ist ein stangenartiger ca. 50 cm
langer hölzerner Schaft eingesteckt.
Das Gewicht der ganzen Waffe samt Schaft
beträgt 30,75 kg.
Die Entstehungszeit dieser Flakenbüchse muss
in das zweite oder dritte Jahrzehnt des 15. Jahr-
hunderts verlegt werden.
Im Städtischen Museum zu Zittau befindet sich
noch eine zweite Hakenbüchse von ähnlicher Kon-
struktion. (Fig. 75.)
Diese Hakenbüchse ist aus Bronze gegossen.
Schon zu Anfang des 15. Jahrhunderts wurden
Büchsen aus Bronze gegossen, wie mit Gewissheit
arus den Inventarien des deutschen Ordens nach-
gewiesen wurde; in Nürnberger Ausgaben wird
schon für das Jahr 1378 Kupfer für Büchsen ver-
rechnet. Die Länge des Laufes samt Tülle be-
trägt 7,5 cm; die Tülle ist beiläufig 10 cm tief.
Die Seele besteht aus einer Kammer und einem
weiteren Flug; die Länge der Kammer beträgt
*) Die genauen Abmessungen, sowie die photographischen
Abbildungen erhielten wir durch die freundliche Vermitte-
lung des Herrn Professors Dr. Th. Gärtner, Stadtbibliothekar
in Zittau; wofür wir den verbindlichsten Dank sagen.
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