Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Historische Waffenkunde [Editor]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

DOI issue:
Heft 11
DOI article:
Reimer, Paul: Die Erscheinung des Schusses und seine bildliche Darstellung, [1]
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0417
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
ii. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

397

unserer Abb. 3 seine Erfahrungen am blinden
Schuss gemacht und dann die starke, zerfetzte
Flamme desselben in noch etwas übertriebener
Weise auf den scharfen Schuss übertragen hat.
Die soeben besprochene Gestalt der Pulver-
flamme tritt indessen keineswegs in dieser Weise in
die Erscheinung. Untrennbar von der Flamme des
Schwarzpulvers ist der Rauch. Wie bereits gezeigt,
sind die glühend aus dem Rohr schiessenden Pul-
vergase innig gemengt mit dem ausserordentlich
fein verteilten festen Rückstand des Pulvers. Dieser
entsteht durch chemische Umsetzung der Pulver-
bestandteile und enthält in der Hauptsache Pott-
asche (K2C03) und Schwefelkalium (K2S) und

Mündung und noch darüber hinaus zurückdrücken,
so dass die eigentliche Flamme fast völlig verdeckt
wird. Wenn trotzdem von fast allen Darstellern
die Pulverflamme bei jeder Schussrichtung als deut-
licher Blitz gemalt wird, so dürfte dies daran liegen,
dass der Beobachter in den weitaus meisten Fällen
nur Gelegenheit hat, den Schuss hinter dem Ge-
schütz oder nur wenig seitlich davon stehend zu
sehen. Von hier aus ist allerdings die Flamme in
ziemlicher Länge sichtbar, wenn auch der grell
erleuchtete Rauch das Auge blendet und das Urteil
trübt. Deutlicher kann man die Flamme beob-
achten, wenn das Auge gegen den Anblick des
Rauches einigermassen geschützt ist. Dies ist z. B.


Fig. 4. Belagerung von Frankfurt a. O. 1631.
(Aus Berner, Geschichte des preussischen Staates.)

macht dem Gewicht nach etwa 55 Proz. der Ge-
samtmenge der Verbrennungsprodukte aus. Natür-
lich ist dieser Rückstand ebenfalls zunächst glühend
und bildet den eigentlichen Körper der Pulver-
flamme. Der Ausdehnung der heissen Gase fol-
gend, wird der staubförmige Rückstand sofort vor
der Mündung das Bestreben haben, seitwärts und
vorwärts zu entweichen, wobei der Mittelpunkt
dieser Fliehbewegung der Gase etwa in der Mitte
der Flammenlänge zu suchen sein wird. Die am
weitesten hinten befindlichen Gase werden daher
seitlich rückwärts gedrängt, etwa in dem Sinne der
Pfeile in Abb. 5. Es entstehen also im hinteren
'Peile der Rauchwolke Wirbelbewegungen, welche
die Rauchmassen, von der Seite gesehen, bis zur

der Fall, wenn ein Geschütz durch eine rings ge-
schlossene Scharte, z. B. eine Stückpforte der alten
Fregatten in etwas schräger Richtung feuert, wie
dies in Abb. 6 rein schematisch im Grundriss dar-
gestellt ist. Es giebt übrigens eine sehr grosse Menge
Menschen, die überhaupt nicht in der Lage sind,
ein Urteil über das Aussehen eines Schusses zu
fällen, weil sie, in der Nähe des Geschützes stehend,
instinktiv beim Schuss die Augen zu machen, ohne
es nachher wahr haben zu wollen. Es hilft da
alle Energie nichts, nur die Gewohnheit lässt diese
kleine Schwäche überwinden.
In viel höherem Masse als die Flamme, die
man in ihrer eigentlichen Gestalt ja ohnehin kaum
erblickt, bildet die Rauchwolke das Charakteri-
 
Annotationen