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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 5.1909-1911

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12. Heft
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Gohlke, Wilhelm: Das Geschützwesen des Altertums und des Mittelalters, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.39947#0409
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380

W. GOHLKE, DAS GESCHÜTZWESEN DES ALTERTUMS UND DES MITTELALTERS V. BAND

aussetzen konnte, zumal ihnen durch Deckungen
kein Schutz zu gewähren war, weil sie beim An-
ziehen der Zugseile aus der Deckung heraus-
treten mufsten.


Kleinere Gewerfe wurden fahrbar gemacht
und im Felde verwendet.
Maschinen dieser Art sind im Original nicht
erhalten, wohl aber in Zeichnungen aus Hand-
schriften des 13. bis 15. Jahrhunderts.
Abb. 26 zeigt eine chinesische Feuerschleuder-
maschine aus der Zeit der Sung-Dynastie, nach
v. Romocki. (960—1280.n. Chr.)
Abb. 27 zwei durch Menschenkräfte zu be-
wegende Hebelgewerfe nach den Zeitblomschen
Zeichnungen des 15. Jahrhunderts (Bibi, des
Fürsten von Waldburg-Wolfegg).
Abb. 28 drei solcher Gewerfe nach Buch-
malereien der Pariser Plandschrift „Genueser


Abb. 29

Annalen“ vom 13. Jahrhundert; das mittlere hat
aufser den Zugtauen noch eine Beschwerung.
Abb. 29 zwei arabische Kriegswerkzeuge des
13. Jahrhunderts nach v. Romocki I S. 71.
Abb. 30 — ein Gewerf mit Zugtauen und
Gegengewicht nach einer Miniatur des 13. Jahr-

hunderts. M. G. 55 XVIII tab. III, nach Schneider
Art. des Mittelalters Taf. I 1. Der Hebel be-
wegt sich excentrisch um den Drehpunkt (vergl.
Abb. 31).
Abb. 31 — ein ebensolches Gewerf aus dem
Relief an der Kirche von St. Nazaire zu Car-
cassone, das die Belagerung vom Jahre 1209
darstellt. Der Wurfhebel, in dessen Schleuder
ein Mann der Bedienung soeben einen Stein ein-
legt, spaltet sich in drei Arme, die von einem halb-
mondförmigen Riegel umfafst werden. Das Ende
des Riegels dreht sich in dem Lager der Stän-
derung, sodafs sich der Hebel excentrisch um
seinen Drehpunkt schwingt (s. Abb. 31a). Die
Darstellung zeigt nur eine Seite der Ständerung:
jede besteht aus zwei Seitenstützen und der
Verstrebung in Form eines Andreaskreuzes; in
der Längsrichtung werden die Stützen durch
Schrägbalken verstärkt. An Zugtauen, die am


Abb. 30

Gegengewicht angebracht sind, wirken vier Mann,
ein fünfter kniet vorn und scheint mit dort gleich-
falls angebrachten Tauen das Durchschlagen des
Gegengewichts zu verhindern.
Wirkungen dieser Gewerfe sind nicht be-
kannt, da aus den Berichten nicht ersichtlich,
welche Art der Hebelgeschütze zur Verfügung
standen.
Die Frage, wo diese Maschinen erfunden
sind, erscheint müfsig. Der Grundgedanke ist
bei jedem Schaukelbrett, beim Ziehbrunnen und
bei einem ihm nachgebildeten Belagerungsgerät
des Altertums, dem Kranich (grus, bei Vegez
und Valturius Tolleno) zu entdecken. Bei diesem
Gerät diente der lange Arm dazu, Mannschaften
auf den Wehrgang des belagerten Orts zu
wippen. Die dem Korbe gegenüberliegende
Seite des Hebels wirkte, wie man bald erkennen
mufste, werfend, wie bei dem Schaukelbrett,
wenn sich der Schaukelnde nicht festhielt. Die
Erfindung brauchte deshalb nicht von den Chinesen,
zu den Arabern, über die Balearen nach Spanien
und dem übrigen Abendland überführt zu werden,
wie Köhler annimmt.
2. Der zweiarmige Wurfhebel mit
Gegengewicht
war ähnlich konstruiert wie das Gewerf unter 1.
Sein Wurfarm wurde durch Gewichte in Schwung
 
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