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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 5.1909-1911

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12. Heft
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Gohlke, Wilhelm: Das Geschützwesen des Altertums und des Mittelalters, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.39947#0413
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384

W. GOHLICE, DAS GESCHÜTZWESEN DES ALTERTUMS UND DES MITTELALTERS V. BAND

lose angebracht und drehe sich um die Rute herum.
Wegen des fest angebrachten Gewichtes schiefse
sie genauer wie die Biffa und wegen des losen und
sich herumdrehenden Gewichtes werfe sie den Stein
weiter als das Trabucium. Diese Ansicht dürfte
sich in Wirklichkeit nicht erfüllen; Treffsicherheit
und Reichweite würden sich bei diesem Zwitter
vielmehr sichtbarlich gegen die einheitlich ausge-
rüsteten Gewerfe abgeschwächt haben. Seine
vierte, durch Zugtaue und Menschenkräfte be-
wegte Geschützart, der er keinen Namen gibt,
besitzt den Vorteil einer schnellen Bedienung,
wirft aber nur Steine geringen Gewichts.

die Gewerfe, besonders die der Mongolen, Mühl-
steine geschleudert haben, doch sind die als
molares bezeichneten Geschosse wohl nur Fels-
stücke gewesen, und die wirklichen Mühlsteine
nur in Stücken verschossen worden. Dennoch
werden oft Geschosse von erstaunlichem Gewicht
erwähnt. Die Annalen von Genua (Ende 14. Jahr-
hunderts) berichten, dafs diese Stadt zur Be-
lagerung von Cypern eine Wurfmaschine sandte,
die einen Stein von 12 Zentner schofs (Stella);
Bekas Chronik erzählt, man habe 1387 Burg
Montford mit einer Bleide beschossen, die einen
Stein von 1300 Pfund (600 kg) warf. (Jakobs,


Abb. 39

Um die Reichweiten zu verändern, wählte
man Geschosse verschiedenen Gewichts, weshalb
alle Wurfkörper gewogen wurden.
Als Geschofs dienten schwere Steine, kleine
Steine als Hagel, ferner Bleikugeln, glühend ge-
machtes Eisen, Feuertonnen, Feuerballen, auch
Menschenleichen und Tierkadaver (Schelme), Un-
rat und faulige Stoffe, um Krankheit in dem be-
schossenen Platz zu erregen, Bienenkörbe und
selbst lebende Menschen, diese als unliebsame Ge-
sandte, als Spione oder als Werkmeister von
Maschinen, die dem Feinde besonders empfind-
lichen Schaden zugefügt hatten; zum Plohn warf
man wohl auch tote Esel in die belagerte Stadt.
WMrfzeuge zum Schleudern von Schelmen nannte
man Quotwerke. Mehrfach wird erwähnt, dafs

Aufkommen^ der Feuerwaffen am Niederrhein
1910. S. 130), Köhler III S. 202 nimmt als
gröfstes Geschoss ebenfalls 12 Zentner (617 kg),
General Müller (Geschichte des Festungskriegs
S. 4) 10 Zentner (514 kg) und darüber an. Diese
Gewichte scheinen nicht übertrieben, wenn man
bedenkt, dafs ein als Schelm in die Stadt ge-
worfenes Pferd, eine Tatsache, die oft berichtet
wird, zum Gewicht von 400 bis 500 kg ange-
nommen werden mufs. Im Museo de Artilleria
in Madrid befinden sich Steine, die nach ihren
Fundorten sich auf historisch bekannte Belage-
rungen zurückführen lassen, welche vor Erfindung
des Pulvers stattfanden. Ihre Gewichte liegen
zwischen 40 bis 290 kg (Katalog von 1909
No. 410 bis 423).
 
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