Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Historische Waffenkunde [Editor]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 6.1912-1914

DOI issue:
2. Heft
DOI article:
Gessler, Eduard Achilles: Beiträge zum altschweizerischen Geschützwesen, [2]: die großen Geschütze aus dem Zeughausbestand der Stadt Basel
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.39948#0073
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
2. HEFT

E. A. GESSLER, BEITRÄGE ZUM ALTSCHWEIZERISCHEN GESCHÜTZWESEN

53

aber hatten viele älteren Geschütze Frauennamen,
die mit der mezza-bombarda nichts zu tun hatten,
weil man diese Geschützgattung noch gar nicht
kannte; man vergleiche die dicke, die tolle Grete,
die Mons Meg, hier haben wir sogar direkt die
Metze, Meg = engl. Margarethe = Metze. Doch
das nur nebenbei.


Abb. ii. Beuteverteilung von Grandson, „wie die büchsen
geteilt werden“. Diebold Schillings Luzerner Chronik
Bl. 109a, 109b
Die Einführung der Schildzapfen hatte aber
zwingend eine Umwälzung der bisherigen Art
der Lafettierung zur Folge.
Die alte burgundische Lafette, wie sie an
den Geschützen zu Murten und Neuenstadt noch
heute betrachtet werden kann, sah die Verwendung
der Schildzapfen nicht vor. Diese Lafette bestand
aus Lade und Bank, die Bank war mit dem
Lafettenschwanz und den Rädern verbunden, das
Rohr lag in einer ausgehöhlten Lade mit Eisen-
bändern fest geschmiedet; diese Lade bewegte
sich uni einen Bolzen vorne bei der Bank zwischen
den Rädern. Zur Lührung und Richtung dienten
zwei Riegel in Lorm von Hörnern, welche durch
ein Eisengestänge nach vorn gehalten wurden, zum
Feststellen dienten Löcher in den Hörnern und

Stellbolzen; das Rohr ohne Schildzapfen liefs sich
nur samt der Lade elevieren und diese Elevation
war sehr mühsam und nebenbei noch ganz unzu-
verlässig, da die Richtung nur in bestimmten
Abständen erfolgen konnte.
Das änderte sich mit einem Schlage mit der
Einführung der Schildzapfen: die Lade fiel weg
und durch geeigneten Umbau der Bank konnte
das Rohr direkt auf dieser aufgelegt werden.
Das Untergestell wuchs sich auf diese Art
zur Blocklafette aus, die Schildzapfen lagerten
in einem Einschnitt, der mit schmiedeeisernen
Bändern geschlossen wurde und die Zapfen
festhielt. Gerichtet wurden diese Geschütze
mittelst eines Holzkeils, erst in späterer Zeit mit
einer Richtmaschine.
Es wurde bisheute allgemein angenommen, dafs
die Erfindung der Schildzapfen unter die Regie-
rungszeit König Karls VIII. von Frankreich falle,
1483 — 1498. O. Baarmann (Die Entwicklung der
Geschützlafette,Thierbachfestschrift Dresden 1905,
S. 81) führt eine Stelle des Paulus Jovius an, der
von dem Einzug des Heeres Karls VIII. in Rom
berichtet, die Franzosen hätten Geschützrohre
gehabt, die in der Mitte ihrer Achse an Schild-
zapfen aufgehängt waren, um die Schüsse richten
zu können. Den Franzosen hätten es die Vene-
zianer und diesen Maximilian I. nachgebildet.
Dieses stimmt jedoch, wie wir gesehen haben,
nicht. Die Erfindung der Schildzapfen mufs
burgundischen Geschützgiefsern zugeschrieben
werden; von der burgundischen Artillerie über-
nahm Karl VIII. sowohl, wie Kaiser Maxi-
milian, der ja in allernächster Beziehung zum
Herzogtum stand, die Einführung des Balanzschild-
zapfens. Das älteste dieser datierten Geschütze
ist das Basler Rohr von 1474, die Ausführung
ist aber hier schon so vollendet, dafs die Sache
früher erfunden worden sein mufs; wenn die Liller
Stadtrechnungen 1465 Ausgaben angeben für
Schildzapfen, welche man am Geschütz, das ohne
solche gegossen wurde, anbringen konnte, mufs
diese Kunst des Schildzapfengiefsens mit dem
Rohr gemeinsam nach 1465 und vor 1474 fallen.
An unserem Geschütz hat der kundige Meister
seinen Namen dem Gedächtnis der Nachwelt
überliefert „Jehan de Malines“, Johann von
Mecheln, nebst dem Gufsjahr 1474.
In den Niederlanden war, neben Mons, wie
wir schon früher erfuhren („Mons Meg“), Mecheln
einer der wichtigsten Plätze für Geschützgiefserei
in Flandern. Das aufstrebende burgundische Reich
brauchte eine mächtige Artillerie und es hat sich
auch bis zu den Burgunderkriegen eine geschaffen.
Mecheln, günstig inmitten der burgundischen
Provinzen gelegen, wurde der wichtigste Platz
 
Annotationen