CESARE CESARIANO
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Sache sowohl mithilfe des Entwurfs als auch durch sein Aufmessen (o per Arche-
tipale uel murale effecto) [auf dem Bauplatz].46
In den dann folgenden Ausführungen erläutert Cesariano sowohl die
gesetzmäßig vorgeschriebene Auslegung der Baulichkeiten hinsichtlich ihres
Abstandes (ambitus) zu den Nachbargebäuden als auch die für die korrekte
Aufmessung von Bauplatz und Bau notwendige Errichtung eines Schnurgerüsts.
Hierzu werden die Ecken mit hölzernen Pflöcken und die Gebäudefluchten mit
Richtschnüren (lineae di filo) markiert; die genaue Ausführung des Aufmaßes
gewährleisten Lot (perpendiculus), Setzwaage (libratione) und Winkelmaß
(norma).
Das Aufmessen eines Gebäudes auf dem Bauplatz ist durch archäologische
Ausgrabungen, durch mittelalterliche und neuzeitliche Quellen belegt und auch
aus der heutigen Baupraxis bekannt.47 Cesarianos Verbindung dieses Vorgangs
mit seiner Erläuterung der Vitruvischen Proportionsfigur ergibt sich zunächst
aus dem einfachen Umstand, daß diese Figur dieselben anthropomorphen
Maßeinheiten repräsentiert, die auch in der Architektur Anwendung finden. Die
hierbei vorgenommene maßstäbliche Übertragung der Dimensionen von der
Zeichnung auf den Bauplatz geschieht allerdings nicht nur durch das Maß
selbst, sondern auch, wie etwa aus anderen Quellen und aus der
mittelalterlichen Baupraxis überliefert ist, durch die Transferierung der Winkel
mithilfe von Winkelinstrumenten, sowie durch die naturmaßstäbliche
Wiederholung der bereits im Entwurf vorgenommenen geometrischen
Konstruktionen auf dem Bauplatz.48 Denselben Sachverhalt meint auch
Cesariano, wenn er das Fundament o per Archetipale uel murale effecto
demonstriert wissen will. Dabei besteht insofern ein direktes geometrisches
Verhältnis zwischen Entwurf und Ausführung, als das zunächst im Plan mit
Zirkel und Richtscheit konstruierte Grundrißschema auf dem Bauplatz ebenso
geometrisch mit Schnurzirkel, Richtschnur, Richtscheit, Winkelmaß und
Setzwaage entwickelt werden kann. Daher bringt Cesariano diese Instrumente
mit der von ihm erläuterten geometrischen Funktion der Vitruvischen Propor-
tionsfigur in Verbindung, und er kommentiert damit das grundlegende archi-
tektonische Prinzip der Geometrie, das sowohl für die Konstruktion des
maßstäblichen Entwurfs in der Zeichnung als auch für deren Ausführung auf
dem Bauplatz unerläßlich ist. Gleichzeitig enthält dieses geometrische Prinzip
als symmetriata quadratura die in der Metrologie definierten Dimensionen,
denn die Quadratur kann mit den in der Vitruvischen Proportionsfigur
46 Aduncha Ichnographia non uol dire altro che una modulata designatione superficiale como e a
dire Circigatura facta con il circino & regula per indicare la cosa fienda. si como etiam con lo
septro lituuo incumbustibile che uso Romulo praecipue in indicare le fundatione de li aedificii: si
como dice Plutarco in uita Camilli. Cosi aduncha prima faciamo quando che li fundamenti de
qualche aedificii uel altra cosa che uolemo operare: primo facc[ia]mo uno pocho de uno modulato
seu co[m]mensurato designo quale dicemo un schizo in uocabulo pictorico seu sculptorico. &
cosi dimonstramo la situatione seu fundatione de la cosa fienda. o per Archetipale uel murale
effecto. Ebd., fol.l3v; vgl. PLUTARCH, Vitae parallelae. Vita Camilli 32.4-5.
47 Vgl. Kap. II, und BOOZ, Baumeister der Gotik, S.80-95.
48 Vgl. BOOZ, Baumeister der Gotik, ebd.; GABRIELLO BUSCA, L'architettura militare,
Mailand 1619, S.91-93; GIROLAMO CATANEO, Dell'arte militare libri tre, Brescia 1571,
fol.l5v-23r; CHRISTOFF WEIGEL, Abbildung der Gemein-Nuetzlichen Haupt-Staende,
Regensburg 1698, Abbildung vor S.29; weitere Quellen bei K. VELTMAN, Military Surveying
and Topography: The Practical Dimension of Renaissance Linear Perspective (Publigaoes do
Centro de Estudos de Cartografia Antiga CXXIX), in: Revista da Universidade de Coimbra
27.1979, S.263-279.
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Sache sowohl mithilfe des Entwurfs als auch durch sein Aufmessen (o per Arche-
tipale uel murale effecto) [auf dem Bauplatz].46
In den dann folgenden Ausführungen erläutert Cesariano sowohl die
gesetzmäßig vorgeschriebene Auslegung der Baulichkeiten hinsichtlich ihres
Abstandes (ambitus) zu den Nachbargebäuden als auch die für die korrekte
Aufmessung von Bauplatz und Bau notwendige Errichtung eines Schnurgerüsts.
Hierzu werden die Ecken mit hölzernen Pflöcken und die Gebäudefluchten mit
Richtschnüren (lineae di filo) markiert; die genaue Ausführung des Aufmaßes
gewährleisten Lot (perpendiculus), Setzwaage (libratione) und Winkelmaß
(norma).
Das Aufmessen eines Gebäudes auf dem Bauplatz ist durch archäologische
Ausgrabungen, durch mittelalterliche und neuzeitliche Quellen belegt und auch
aus der heutigen Baupraxis bekannt.47 Cesarianos Verbindung dieses Vorgangs
mit seiner Erläuterung der Vitruvischen Proportionsfigur ergibt sich zunächst
aus dem einfachen Umstand, daß diese Figur dieselben anthropomorphen
Maßeinheiten repräsentiert, die auch in der Architektur Anwendung finden. Die
hierbei vorgenommene maßstäbliche Übertragung der Dimensionen von der
Zeichnung auf den Bauplatz geschieht allerdings nicht nur durch das Maß
selbst, sondern auch, wie etwa aus anderen Quellen und aus der
mittelalterlichen Baupraxis überliefert ist, durch die Transferierung der Winkel
mithilfe von Winkelinstrumenten, sowie durch die naturmaßstäbliche
Wiederholung der bereits im Entwurf vorgenommenen geometrischen
Konstruktionen auf dem Bauplatz.48 Denselben Sachverhalt meint auch
Cesariano, wenn er das Fundament o per Archetipale uel murale effecto
demonstriert wissen will. Dabei besteht insofern ein direktes geometrisches
Verhältnis zwischen Entwurf und Ausführung, als das zunächst im Plan mit
Zirkel und Richtscheit konstruierte Grundrißschema auf dem Bauplatz ebenso
geometrisch mit Schnurzirkel, Richtschnur, Richtscheit, Winkelmaß und
Setzwaage entwickelt werden kann. Daher bringt Cesariano diese Instrumente
mit der von ihm erläuterten geometrischen Funktion der Vitruvischen Propor-
tionsfigur in Verbindung, und er kommentiert damit das grundlegende archi-
tektonische Prinzip der Geometrie, das sowohl für die Konstruktion des
maßstäblichen Entwurfs in der Zeichnung als auch für deren Ausführung auf
dem Bauplatz unerläßlich ist. Gleichzeitig enthält dieses geometrische Prinzip
als symmetriata quadratura die in der Metrologie definierten Dimensionen,
denn die Quadratur kann mit den in der Vitruvischen Proportionsfigur
46 Aduncha Ichnographia non uol dire altro che una modulata designatione superficiale como e a
dire Circigatura facta con il circino & regula per indicare la cosa fienda. si como etiam con lo
septro lituuo incumbustibile che uso Romulo praecipue in indicare le fundatione de li aedificii: si
como dice Plutarco in uita Camilli. Cosi aduncha prima faciamo quando che li fundamenti de
qualche aedificii uel altra cosa che uolemo operare: primo facc[ia]mo uno pocho de uno modulato
seu co[m]mensurato designo quale dicemo un schizo in uocabulo pictorico seu sculptorico. &
cosi dimonstramo la situatione seu fundatione de la cosa fienda. o per Archetipale uel murale
effecto. Ebd., fol.l3v; vgl. PLUTARCH, Vitae parallelae. Vita Camilli 32.4-5.
47 Vgl. Kap. II, und BOOZ, Baumeister der Gotik, S.80-95.
48 Vgl. BOOZ, Baumeister der Gotik, ebd.; GABRIELLO BUSCA, L'architettura militare,
Mailand 1619, S.91-93; GIROLAMO CATANEO, Dell'arte militare libri tre, Brescia 1571,
fol.l5v-23r; CHRISTOFF WEIGEL, Abbildung der Gemein-Nuetzlichen Haupt-Staende,
Regensburg 1698, Abbildung vor S.29; weitere Quellen bei K. VELTMAN, Military Surveying
and Topography: The Practical Dimension of Renaissance Linear Perspective (Publigaoes do
Centro de Estudos de Cartografia Antiga CXXIX), in: Revista da Universidade de Coimbra
27.1979, S.263-279.