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Landestbeile entstandenen und verhältnissmässig mageren Rechtsauf-
zeichnung zu greifen, wie die Tyroler Malefizordnung Max I. v. J.
1499 ist. Es wird hieraus hervorgehen, dass der grösste Theil
der Rechtssätze, von welchen man zu glauben geneigt sein möchte,
dass sie aus der Tyroliensis in die SCHWARZENBERGische Bambergensis
übergegangen wären — eben so wohl aus dem mehr als ein Jahr-
hundert vor der Tyroler Halsgerichtsordnung schon zum geschlossenen
Rechtsbuche ausgebildeten Bamberger Stadtrechte entnommen sein
können, und nach der Natur der Verhältnisse von Schwarzenberg
auch wahrscheinlich entnommen worden sind. Man wird sich über-
zeugen, dass die Uebereinstimmung der ScHWARZENBERGischen Ge-
setzgebung mit der Tyroler weit mehr auf der Gemeinsamkeit der
Rechtsansichten in Deutschland während des XIV. und XV. Jahr-
hunderts, als auf einer unmittelbaren Benutzung der Letzteren als
Grundlage für die erstere beruhet. Demungeachtet will ich keines-
weges so weit gehen, und absolut läugnen, dass Schwarzenberg
die Tyroliensis nicht gekannt, und nicht benützt habe. Einem solchen
Manne, der den Muth hatte, eine Reform des gesammten Criminal-
wesens seiner Zeit zu unternehmen und als Reichsgesetzgeber auf-
zutreten, darf man wohl zutrauen, dass er sich um die legislativen
Versuche interessirte, 2 3) welche in criminalrechtlicher Beziehung
wenige Jahre zuvor, ehe er mit seinen Projecten hervortrat, durch
einen Kaiser wie Maximilian I. unternommen worden waren, der
selbst bereits die Idee einer allgemeinen Oriminalgesetzgebung für
Deutschland erfasst batte. Unstreitig hatte ein Mann wie Schwar-
zenberg, dessen Händen man die Zügel des Reichsregimentes anver-
traute, schon damals vielfache Verbindung am kaiserlichen Hofe —
ohne Zweifel hatte er auch hier schon die Idee laut werden lassen,
welche ihn sein Leben hindurch begeisterte, an deren Durchführung
er unablässig und mit eiserner Beharrlichkeit arbeitete, bis es end-
lich gelang, die Masse der Reichsfürsten — nachdem sie sich nach
allen Seiten genugsam verklausulirt hatten 4) — zur Annahme eines
2) Als wirkliche Quelle der Bambergensis und Carolina ist dieselbe neuerdings
in einer mit vielem Fleisse geschriebenen Abhandlung vertheidiget (v. "Wendt) in der}
Bayerischen Annalen, Jahrg. 1834· Nr. 137 u. fl. —·
3) Dass v. Schwarzenberg sich auch in dem Criminalrcchte anderer deutscher
Länder äusser dem Fürstenthume Bamberg umgesehen hatte, bezeugen schon die von
ihm häufig gebrauchten Worte „nach Gewohnheit etlicher Gegend4* u. A. zur Genüge.
4) Man vergl. z. B. nur das Publicationspatent der Carolina, wie es dem Reichs-
abschied v. 1532 einverleibt ist (auch bei G. W. Boehmer, über die auth. Ausgaben
der Carol. 2. Aufl. Göttingen 1837· p. 60 ): „Doch wollen wir durch obbemeldte
Ordnung Churfursten, Fürsten und Ständen an ihren alten wohl hergebrachten recht-
mässigen und billigen Gebräuchen nichts benommen haben/4
Landestbeile entstandenen und verhältnissmässig mageren Rechtsauf-
zeichnung zu greifen, wie die Tyroler Malefizordnung Max I. v. J.
1499 ist. Es wird hieraus hervorgehen, dass der grösste Theil
der Rechtssätze, von welchen man zu glauben geneigt sein möchte,
dass sie aus der Tyroliensis in die SCHWARZENBERGische Bambergensis
übergegangen wären — eben so wohl aus dem mehr als ein Jahr-
hundert vor der Tyroler Halsgerichtsordnung schon zum geschlossenen
Rechtsbuche ausgebildeten Bamberger Stadtrechte entnommen sein
können, und nach der Natur der Verhältnisse von Schwarzenberg
auch wahrscheinlich entnommen worden sind. Man wird sich über-
zeugen, dass die Uebereinstimmung der ScHWARZENBERGischen Ge-
setzgebung mit der Tyroler weit mehr auf der Gemeinsamkeit der
Rechtsansichten in Deutschland während des XIV. und XV. Jahr-
hunderts, als auf einer unmittelbaren Benutzung der Letzteren als
Grundlage für die erstere beruhet. Demungeachtet will ich keines-
weges so weit gehen, und absolut läugnen, dass Schwarzenberg
die Tyroliensis nicht gekannt, und nicht benützt habe. Einem solchen
Manne, der den Muth hatte, eine Reform des gesammten Criminal-
wesens seiner Zeit zu unternehmen und als Reichsgesetzgeber auf-
zutreten, darf man wohl zutrauen, dass er sich um die legislativen
Versuche interessirte, 2 3) welche in criminalrechtlicher Beziehung
wenige Jahre zuvor, ehe er mit seinen Projecten hervortrat, durch
einen Kaiser wie Maximilian I. unternommen worden waren, der
selbst bereits die Idee einer allgemeinen Oriminalgesetzgebung für
Deutschland erfasst batte. Unstreitig hatte ein Mann wie Schwar-
zenberg, dessen Händen man die Zügel des Reichsregimentes anver-
traute, schon damals vielfache Verbindung am kaiserlichen Hofe —
ohne Zweifel hatte er auch hier schon die Idee laut werden lassen,
welche ihn sein Leben hindurch begeisterte, an deren Durchführung
er unablässig und mit eiserner Beharrlichkeit arbeitete, bis es end-
lich gelang, die Masse der Reichsfürsten — nachdem sie sich nach
allen Seiten genugsam verklausulirt hatten 4) — zur Annahme eines
2) Als wirkliche Quelle der Bambergensis und Carolina ist dieselbe neuerdings
in einer mit vielem Fleisse geschriebenen Abhandlung vertheidiget (v. "Wendt) in der}
Bayerischen Annalen, Jahrg. 1834· Nr. 137 u. fl. —·
3) Dass v. Schwarzenberg sich auch in dem Criminalrcchte anderer deutscher
Länder äusser dem Fürstenthume Bamberg umgesehen hatte, bezeugen schon die von
ihm häufig gebrauchten Worte „nach Gewohnheit etlicher Gegend4* u. A. zur Genüge.
4) Man vergl. z. B. nur das Publicationspatent der Carolina, wie es dem Reichs-
abschied v. 1532 einverleibt ist (auch bei G. W. Boehmer, über die auth. Ausgaben
der Carol. 2. Aufl. Göttingen 1837· p. 60 ): „Doch wollen wir durch obbemeldte
Ordnung Churfursten, Fürsten und Ständen an ihren alten wohl hergebrachten recht-
mässigen und billigen Gebräuchen nichts benommen haben/4