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Zoepfl, Heinrich
Deutsche Staats- und Rechtsgeschichte: ein Lehrbuch in zwei Bänden (2,1): Geschichte der deutschen Rechtsquellen: compendiarisch dargest. — Stuttgart: Krabbe, 1846

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https://doi.org/10.11588/diglit.47337#0213
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§. 59. Code Napoleon,

201

Intestaterbe verstanden wird, so ist diess auch im Code hinsichtlich des
Ilerifier der Fall: eben so tritt im Code ganz übereinstimmend mit den
altdeutschen Ansichten an der Stelle des römischen Pflichttheils eine
Portion disponible des Erblassers hervor9), und fehlt das (an sich
scandalöse) Enlerbungsrecht ganz ; dagegen aber gibt es Unwürdigkeits-
Gründe, aus welchen der Erbe kraft Gesetzes von der Erbschaft aus-
geschlossen wird 10). Auch das Princip der altdeutschen Erbfolge der
Seitenverwandlen — (pater na paternis, materna maternis~) — schim-
mert im Code Napoleon noch wenigstens insoweit hindurch, als zwar
die Untersuchung über die Herkunft des Vermögens ausgeschlossen,
dagegen aber eine durchgreifende Theilung der ganzen Verlassenschaft
in zwei Hälften für die väterliche und mütterliche Linie angeordnet
ist. u). Nicht minder schliesst sich der Code Napoleon in der Lehre
von den letztwilligen Verfügungen hauptsächlich an die Grundsätze des
älteren deutschen Rechtes von den Vergabungen an, daher er auch
keinen Testamentserben im römischen Sinne, sondern nur verschiedene
Arten von Vermächtnissnehmern kennt und überhaupt diese ganze Lehre
unter der Rubrik von den Schenkungen abhanden n); auch findet sich
in ihm eben so wie in dem neueren deutschen Rechte das Institut der
Testamentsexecutoren als eine Entwickelung des alten Institutes der
getreuen Hand 13). Wesentlich auf germanischen Grundlagen beruhet
auch im Code Napoleon die Lehre von der ehelichen Gütergemein-
schaft 14): eben so die Unterscheidung von Mobiliar- und Immobiliar-
klagen, anstatt der römischen Unterscheidung von Actiones in personam
und in rem 1S), und die Beschränkung der Vindication der Mobilien
9) Code Nap. a. 913. —
lu) Code a. 727. — Vergl. Sachsensp. III. 84 §. 1 u. 3. —
n) Code a. 733. — Sogar vorn Retractus gentilitius findet sich noch eine
kleine Spur im Art. 841. —
12) Code Napol. Liv. III. Tit. II. Des donations enlre-vifs et des lestaments
a. 893 flg. — Nur die Intestaterbfolge allein erscheint im Code, Liv. III. Tit. I.,
unter der Bezeichnung „Des successions“. —
13) Der Testamentsexecutor kann nach dem Code a. 1026 sogar eine Saisine
haben, aber nicht langer als für ein Jahr. —
14) Code a. 1400 flg. — Würde dieser Abschnitt des Code zuerst als Be-
standtheil eines deutschen Gesetzbuches publicirt worden sein, so würde man Mühe
haben, sich zu überreden, dass die ehelichen Güterverhältnisse ausserhalb Deutsch-
lands in solcher Weise bestimmt werden könnten. —

I5) Vergl. meinen oben Note * angef. Aufsatz S, 123 VII. —
 
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