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Der Rückfall in Beziehung auf die Vorbestrafungen rc.
der Rückfallsstrafe in Gemäßheit und im Sinne jener strafrechtlichen Bestimmungen
alle in den neu erworbenen Ländern einführenden Verordnung vom I. September
1867 gefällten Strafurtheile unbedingt und ohne Rücksicht darauf, daß sie nicht nur
auf Grund des bisher gültig gewesenen Strafrechts, sondern auch von den vor der
Einverleibung der betreffenden Landesthcile in die Preußische Monarchie bestandenen
Gerichten gesprochen worden sind, mitgercchnct und als den von Preußischen Gerichten
gefällten gleichstehend angesehen werden sollen f
daß der Ard XX. jedenfalls nicht ausdrücklich in dieser Beziehung die in den
neu dem Preußischen Staate hinzugetretencn Ländern vor deren Einverleibung von
den bisher bestandenen Gerichten erkannten Strafurtheile ausscheidet, überdies auch
bei einer entgegengesetzten Auffassung in sofern zum größten Theile seine praktische
Bedeutung verlieren würde, als die Fälle, in welchen Preußische Gerichte auf Grund
der in jenen Ländern früher gültig gewesenen Strafrechte erkannt haben könnten,
mit Rücksicht auf H. 4. des Strafgesetzbuchs, sich nur auf die Zeit von der Einver-
leibung ab bis zum Eintritt der Gesetzeskraft der Preußischen Strafgesetzgebung be-
schränken würden, da erst von jener Zeit ab die bisher bestandenen Gerichte als
Preußische anzusehen sind, deshalb aber auch cs an einer genügenden Veranlassung
gefehlt haben würde, gerade nur für diese kurze Zwischenzeit die Bestimmung des
Art. XX. zu treffen,'
daß hiernach der von den beiden Vorderrichtcrn aus dem fehlenden Erforder-
niste des Rückfalls entnommene Grund der Zurückweisung des von der Königlichen
Staatsanwaltschaft nach §. 109. der Strafprozeß.Ordnung gestellten Antrages 'aus
Verhaftung der Beschuldigten hinfällig und eine anderweitige, wesentlich dur-"' Prü-
fung thatsächlicher Verhältnisse bedingte Beschlußfassung über deren Zulässigkc't noth-
wendig erscheint.
Wir erhalten nach dem Drucke des obigen Aufsatzes die nachfolgende in-
teressante Mittheilung des Herrn Geheimerath und Professor Zöpfl zu Heidelberg,
über die streitige Frage der Kontinuität der landesherrlichen Gewalt. Herr Zöpfl
bemerkt Folgendes:
Das entscheidende Moment bei der Frage über die Anwendung der Rückfalls-
strafe auf Grund von Vorbestrafungeu in den früher selbstständige Staaten gewesenen
Provinzen Preußens liegt, meiner Ansicht nach, darin, daß eine Gesetzgebung, welche
wie 58. des Preußischen Strafgesetzbuchs, bei Bestimmung des Begriffes des
Rückfalls die Berücksichtigung der früher im Auslande vorgekommenen rechts-
kräftigen Verurtheilungen oder Bestrafungen ausschließt, dabei offenbar von dem
Gesichtspunkte ausgeht, daß die von ausländischen Gerichten gefällten Straf,
urthcile dem inländischen Richter keine genügende Garantie ihrer materiellen Richtig-
keit darbietcn, bezw. nicht als eine solche Garantie darbictcnd betrachtet werden
dürfen. Man kann vielleicht über die Zweckmäßigkeit einer solchen gesetzlichen Bestim-
mung streiten,' nach den von mir gemachten Erfahrungen kann ich sie aber nur für
sehr gerechtfertigt und vollkommen der Humanität entsprechend erkennen.
Wird nun ein bisher selbstständiger Staat einem anderen (im vorliegenden
Falle dem Königreich Preußen) inkorporirt, so hört er selbstverständlich von dem
Augenblicke der Inkorporation an auf, Ausland zu sein, aber die Inkorporation
kann unter allen Umständen nur ex nrrrre und nicht ex tune wirken, d. h. sie
kann niemals eine rückwirkende Kraft äußern, niemals den bis zu ihrem Ein-
tritte rechtlich und thatsächlich bestandenen Charakter des inkorporirten Landes als
Ausland rückwärts aufhebcn.
Der Rückfall in Beziehung auf die Vorbestrafungen rc.
der Rückfallsstrafe in Gemäßheit und im Sinne jener strafrechtlichen Bestimmungen
alle in den neu erworbenen Ländern einführenden Verordnung vom I. September
1867 gefällten Strafurtheile unbedingt und ohne Rücksicht darauf, daß sie nicht nur
auf Grund des bisher gültig gewesenen Strafrechts, sondern auch von den vor der
Einverleibung der betreffenden Landesthcile in die Preußische Monarchie bestandenen
Gerichten gesprochen worden sind, mitgercchnct und als den von Preußischen Gerichten
gefällten gleichstehend angesehen werden sollen f
daß der Ard XX. jedenfalls nicht ausdrücklich in dieser Beziehung die in den
neu dem Preußischen Staate hinzugetretencn Ländern vor deren Einverleibung von
den bisher bestandenen Gerichten erkannten Strafurtheile ausscheidet, überdies auch
bei einer entgegengesetzten Auffassung in sofern zum größten Theile seine praktische
Bedeutung verlieren würde, als die Fälle, in welchen Preußische Gerichte auf Grund
der in jenen Ländern früher gültig gewesenen Strafrechte erkannt haben könnten,
mit Rücksicht auf H. 4. des Strafgesetzbuchs, sich nur auf die Zeit von der Einver-
leibung ab bis zum Eintritt der Gesetzeskraft der Preußischen Strafgesetzgebung be-
schränken würden, da erst von jener Zeit ab die bisher bestandenen Gerichte als
Preußische anzusehen sind, deshalb aber auch cs an einer genügenden Veranlassung
gefehlt haben würde, gerade nur für diese kurze Zwischenzeit die Bestimmung des
Art. XX. zu treffen,'
daß hiernach der von den beiden Vorderrichtcrn aus dem fehlenden Erforder-
niste des Rückfalls entnommene Grund der Zurückweisung des von der Königlichen
Staatsanwaltschaft nach §. 109. der Strafprozeß.Ordnung gestellten Antrages 'aus
Verhaftung der Beschuldigten hinfällig und eine anderweitige, wesentlich dur-"' Prü-
fung thatsächlicher Verhältnisse bedingte Beschlußfassung über deren Zulässigkc't noth-
wendig erscheint.
Wir erhalten nach dem Drucke des obigen Aufsatzes die nachfolgende in-
teressante Mittheilung des Herrn Geheimerath und Professor Zöpfl zu Heidelberg,
über die streitige Frage der Kontinuität der landesherrlichen Gewalt. Herr Zöpfl
bemerkt Folgendes:
Das entscheidende Moment bei der Frage über die Anwendung der Rückfalls-
strafe auf Grund von Vorbestrafungeu in den früher selbstständige Staaten gewesenen
Provinzen Preußens liegt, meiner Ansicht nach, darin, daß eine Gesetzgebung, welche
wie 58. des Preußischen Strafgesetzbuchs, bei Bestimmung des Begriffes des
Rückfalls die Berücksichtigung der früher im Auslande vorgekommenen rechts-
kräftigen Verurtheilungen oder Bestrafungen ausschließt, dabei offenbar von dem
Gesichtspunkte ausgeht, daß die von ausländischen Gerichten gefällten Straf,
urthcile dem inländischen Richter keine genügende Garantie ihrer materiellen Richtig-
keit darbietcn, bezw. nicht als eine solche Garantie darbictcnd betrachtet werden
dürfen. Man kann vielleicht über die Zweckmäßigkeit einer solchen gesetzlichen Bestim-
mung streiten,' nach den von mir gemachten Erfahrungen kann ich sie aber nur für
sehr gerechtfertigt und vollkommen der Humanität entsprechend erkennen.
Wird nun ein bisher selbstständiger Staat einem anderen (im vorliegenden
Falle dem Königreich Preußen) inkorporirt, so hört er selbstverständlich von dem
Augenblicke der Inkorporation an auf, Ausland zu sein, aber die Inkorporation
kann unter allen Umständen nur ex nrrrre und nicht ex tune wirken, d. h. sie
kann niemals eine rückwirkende Kraft äußern, niemals den bis zu ihrem Ein-
tritte rechtlich und thatsächlich bestandenen Charakter des inkorporirten Landes als
Ausland rückwärts aufhebcn.