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Homeyer: Pie Haus- und Hofmarken.
chem Mallus, d. h. Gerichte, der Prozess über den Raub verhandelt
werden soll. Die Entscheidung ist dem Sinne nach völlig klar:
»das Verfahren soll stattfinden in dem forum ordinarium des
Räubers, in seinem forum domicilii«, nach der allgemeinen Regel
actor sequitur forum rei. Es handelt sich also hier nicht darum,
wo der Räuber beklagt »admallatus« ist, sondern wo er beklagt,
werden soll oder darf. Es kann daher das die Entscheidung hierüber
enthaltende Wort »gamallus« hier unmöglich für »admallatus«
stehen, oder aus diesem Worte verdorben sein, sondern es kann
dieses Wort hier nur entweder die subjective D i n g p f 1 i c h t i g-
k eit des Räubers oder das competente Forum bezeichnen. Im
ersteren Falle würde die Stelle besagen: »das Verfahren soll da
stattfinden, wo der Räuber »gamallus« d. h. dingpflichtig ist.«
Unverkennbar hat dann die Stelle einen guten Sinn. Unter dieser
Voraussetzung wird auch die erstgedachte Glosse, welche »gamal-
lus« durch »debitor« übersetzt, verständlich, indem es somit die
Uebersetzung von »ein Pflichtiger, nämlich dingpflichtiger, mal-
pflichtiger« (anklingend im grammatischen — nicht im juristischen
— Sinne an den »Pfleghaften« des Sachsenspiegels) sein
würde. In dem Worte »gamallus« liegt aber sonach auch eine
Hindeutung an das Mal, Genial, durch dessen Beweisung sich
der Mallus bestimmt, vor welchem der Räuber zu antworten hat,
und sonach wäre hiermit abermals das Vorkommen des Handge-
mals im hohen Alterthume naebgewiesen. Sogar die andere vor-
gedachte undeutlichere Glosse des Pithoeus erhält bei dieser Auf-
fassung einiges Licht. Erinnert man sich, dass im Mittelalter
regelmässig nur eingeschworene Schöffen Fürsprecher sein konnten,
so ist es wohl denkbar, dass ein über die Bedeutung von gamallus
befragter, der alten Gerichtssprache kundiger Mann unter andern
Eigenschaften, welche einem gamallus, einem ein Handgemal zu
führen berechtigten Manne zustehen, auch die Berechtigung er-
wähnte, dass er an dem Gerichte als Fürsprech auftreten konnte,
in dessen Bezirk sein Handgemal liegt, und dass der Frager ge-
rade diese Befugniss als die charakteristische eines gamallus auf-
fasste und notirte. Hiernach wäre also in dem gamallus der
Scböffenbarfreie des Sachsenspiegels oder der bayerische ingenuus
versteckt, worauf wir nachher zurückkommen werden. Bei allen
diesen Erklärungsversuchen muss aber doch immer die Form »ga-
mallus« ein Bedenken erregen, da hiernach doch immer »gamalla-
tus« zu erwarten wäre. Sachlich oder als Oertlichkeit aufgefasst,
würde aber »gamallus« sicher nicht anders, als wie als Handgemal
oder als Gericht, binnen dessen das Handgemal liegt, aufzufassen
sein, und hiernach würde sich ergeben, dass gamallus zwei Bedeu-
tungen gehabt hätte, deren eine subjective vielleicht noch in dem
»Malman«, wenn auch mit veränderter Standesbedeutung sich fort-
erhielt, die andere aber sich mit dem Handgemal als Hofmark
identificirt. Zu bedauern ist, dass Stocker, welchem doch eine auf
Homeyer: Pie Haus- und Hofmarken.
chem Mallus, d. h. Gerichte, der Prozess über den Raub verhandelt
werden soll. Die Entscheidung ist dem Sinne nach völlig klar:
»das Verfahren soll stattfinden in dem forum ordinarium des
Räubers, in seinem forum domicilii«, nach der allgemeinen Regel
actor sequitur forum rei. Es handelt sich also hier nicht darum,
wo der Räuber beklagt »admallatus« ist, sondern wo er beklagt,
werden soll oder darf. Es kann daher das die Entscheidung hierüber
enthaltende Wort »gamallus« hier unmöglich für »admallatus«
stehen, oder aus diesem Worte verdorben sein, sondern es kann
dieses Wort hier nur entweder die subjective D i n g p f 1 i c h t i g-
k eit des Räubers oder das competente Forum bezeichnen. Im
ersteren Falle würde die Stelle besagen: »das Verfahren soll da
stattfinden, wo der Räuber »gamallus« d. h. dingpflichtig ist.«
Unverkennbar hat dann die Stelle einen guten Sinn. Unter dieser
Voraussetzung wird auch die erstgedachte Glosse, welche »gamal-
lus« durch »debitor« übersetzt, verständlich, indem es somit die
Uebersetzung von »ein Pflichtiger, nämlich dingpflichtiger, mal-
pflichtiger« (anklingend im grammatischen — nicht im juristischen
— Sinne an den »Pfleghaften« des Sachsenspiegels) sein
würde. In dem Worte »gamallus« liegt aber sonach auch eine
Hindeutung an das Mal, Genial, durch dessen Beweisung sich
der Mallus bestimmt, vor welchem der Räuber zu antworten hat,
und sonach wäre hiermit abermals das Vorkommen des Handge-
mals im hohen Alterthume naebgewiesen. Sogar die andere vor-
gedachte undeutlichere Glosse des Pithoeus erhält bei dieser Auf-
fassung einiges Licht. Erinnert man sich, dass im Mittelalter
regelmässig nur eingeschworene Schöffen Fürsprecher sein konnten,
so ist es wohl denkbar, dass ein über die Bedeutung von gamallus
befragter, der alten Gerichtssprache kundiger Mann unter andern
Eigenschaften, welche einem gamallus, einem ein Handgemal zu
führen berechtigten Manne zustehen, auch die Berechtigung er-
wähnte, dass er an dem Gerichte als Fürsprech auftreten konnte,
in dessen Bezirk sein Handgemal liegt, und dass der Frager ge-
rade diese Befugniss als die charakteristische eines gamallus auf-
fasste und notirte. Hiernach wäre also in dem gamallus der
Scböffenbarfreie des Sachsenspiegels oder der bayerische ingenuus
versteckt, worauf wir nachher zurückkommen werden. Bei allen
diesen Erklärungsversuchen muss aber doch immer die Form »ga-
mallus« ein Bedenken erregen, da hiernach doch immer »gamalla-
tus« zu erwarten wäre. Sachlich oder als Oertlichkeit aufgefasst,
würde aber »gamallus« sicher nicht anders, als wie als Handgemal
oder als Gericht, binnen dessen das Handgemal liegt, aufzufassen
sein, und hiernach würde sich ergeben, dass gamallus zwei Bedeu-
tungen gehabt hätte, deren eine subjective vielleicht noch in dem
»Malman«, wenn auch mit veränderter Standesbedeutung sich fort-
erhielt, die andere aber sich mit dem Handgemal als Hofmark
identificirt. Zu bedauern ist, dass Stocker, welchem doch eine auf