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Zeitschrift für allgemeine Geschichte, Kultur-, Litteratur- und Kunstgeschichte — 3.1886

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Zapf, Ludwig: Hohe Gäste in einer Kleinstadt
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https://doi.org/10.11588/diglit.52691#0638
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Hohe Gäſte in einer Kleinſtadt.

Ein wuchtiger Foliant im Stadtarchive zu Münchberg, den der Stadt—
ſchreiber und ſpätere Bürgermeiſter Joh. Heinrich Abt gegen Ende des 17. Jahr—
hunderts zuſammengeſchrieben, enthält u. a. „eine nachrichtliche Beſchreibung
wie und welcher Geſtalt die Durchlauchtigſte Prinzeſſin und Frau, Frau Sophie
Loyſa Markgräfin zu Brandenburg, geb. Herzogin zu Württemberg und Teck,
als Landesfürſtin und andere Gemahlin unſers gnädigſten Herrn, Herrn Mark—
graf Chriſtian Ernſtens 2c. bei der erſtmaligen Hieherkunft iſt vom Rate bewill—
kommet und verehret worden“ Es ſollte dieſer Band insbeſondere die „Obser-
vationes“ bei Aufſtellung der ſtädtiſchen Beamten und Bedienſteten vereinigen,
doch findet ſich in ſolchem auch die ganze, ſchier endloſe Prozedur des peinlichen
Halsgerichts, ſowie die Schilderung denkwürdiger Vorkommniſſe aufgezeichnet.

Ein hochwichtiges Ereignis für ein Landſtädtchen iſt es aber gewiß, wenn
ſolchem die ſichere Ausſicht eröffnet wird, eine neue Landesmutter, die ihre erſte
Fahrt durch das „Reich“ und die Reihen ihrer getreuen Unterthanen machen
foll, in ſeinen Mauern ſehen zu können. Da geht der Lebenspuls eines ſolchen
Gemeinweſens in raſchen Schlägen, die Spannung und Erwartung iſt eine fieber—
hafte. Der Inhalt jener nachrichtlichen Beſchreibung erſcheint uns daher mit—
teilenswert.

Und nicht um eine raſche Durchfahrt ſollte es ſich hier handeln — nein,
das markgräfliche Paar wollte das Städtchen auch der Ehre würdigen, daſelbſt
Nachtlager zu nehmen. Das gab den Vätern der Stadt freilich genug zu über—
legen und zu ſorgen.! Um möglichſt ſicher zu gehen, ſandte der Rat einen
reitenden Boten nach Gefrees, dem nächſten in der Richtung gegen Baireuth zu
gelegenen Markte, wo, wie man wußte, nach dem desſelben Tages früh erfolgten
Aufbruch von Baireuth Mittagstafel gehalten werden ſollte. Dieſer Bote hatte
zu „recognosciren, waß in einem oder andern paſſiren möchte, damit man ſich
hieſigen Orts darnach richten könne“ Man hatte hierbei vor allem die Landes—
fürſtin im Auge, deren gnädig lächelndes Angeſicht gleich der aufgehenden Sonne
zum erſtenmal über Münchberg leuchten ſollte. Der Landesvater kam diesmal
erſt in zweiter Linie — wohl den Intentionen des Markgrafen, welcher dem
Volke ſeine neue Gemahlin zeigen wollte, ſelbſt entſprechend.

Der Bote kehrte zwar — es war im Hochſommer, am 14. Juli — um

Weiß man doch heute noch die äußerſt ergötzlichen. Krähwinkeleien und Verſtöße zu er—
zählen, die in einem fichtelgebirgiſchen Städtchen bei dem Empfange eines Markgrafen unterliefen.
 
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