682 Die Reformverſuche der Regierung Ludwigs XVI.
das über alle ſtändiſchen und korporativen Rechte hinweg der
abfoluten Macht der Krone Geltung verſchaffte. Weil ſo der
Intendant mit ſeinen subdẽéléguẽés willkürlich regiert, weil die
Krone alles zentraliſiert, weil provinzielle und munizipale Selb⸗
ſtändigkeit daneben nicht beſtehen kann, weil das Volk gewiſſermaßen
unter Kuratel geſtellt wird, erſcheint einesteils die Regierung für
alles verantworklich, wird anderenteils jeder Widerſtand gegen ihren
Druck, gegen den nächſten „boint de vuè“, den Intendanten, zu
einem Anziehungspunkte, legt man endlich der Regierung das zur
Laſt, wofür nicht ſie, ſondern das Beſtehenbleiben der feudalen
Rechte die Schuld trug, geht das Valk mit den Vertretern dieſer
unzeitgemäßen Rechte, gegen die Regierung, welche auf Koſten
eben dieſer Privilegien Reformen zu Gunſten des Volkes beab—
ſichtigte. Schauen wir etwas weiter hinaus, ſo erkennen wir
leicht, daß, weil man alles zentraliſierte, weil mit dieſer zentralen
Allgewalt jede lokale Individualität verloren ging, weil die Fäden
in Paris zuſammenliefen und man von dort die Befehle zu em—
pfangen gewohnt war, die Partei ſpäter über Frankreich herrſchen
koͤnnte, die das Haupt des Landes, Paris, beherrſchte; leuchtet
ein, daß ohne Ertötung der provinziellen Selbſtän—
digkeit eine Jakobinerherrſchaft ſpäter nicht denkbar
geweſen wäre.
Wie die Regierung faſt alle Verwaltungsſtellen, alle Aemter
veräußerte, wie ſie damit rechtlich die Gewalt über ihre Organe
aus der Hand gegeben und zu dem Mittel der Willkür ſchreiten,
den Bodeu des Geſetzes verlaſſen mußte, um ihren Willen durch⸗
zuſetzen, ſo waren auch in den Städten die öffentlichen Aemter
durch achtmal wiederholten Kauf in die Hand einer Oligarchie
gelangt. Die Verwaltung lag auch hier nur dem Namen nach
in der Hand dieſer ämterkaufenden Schöffen, thatſächlich beſorgte
der „lieutenant du roi“ die Verwaltung, und beſtimmten die Ge—
aniten nur über das Kommunalvermögen, an dem ſie ſich
ſchadlos zu halten. pflegten. An dieſen geſchloſſenen Verband
reihten ſich dann eine Zahl von teils geſetzlich, teils faktiſch ab⸗
geſchloſſenen Kreiſen der „bauté financè“, Mitglieder der Finanz—
kompagnien, Pächter der indirekten, Erheber der direkten Steuern,
Aktibnäre der mit Staatsmonopol verſehenen Handelskompagnie,
ſowie große Bankiers. Vermögen oder ſtaatliche Konzeſſion.
öffnete den Zugang zu dieſem Kreiſe der Börſenariſtokratie. Die
Kraft des Bürgertums lag in den Großhändlern, die unter Colbert
emporgekommen, deſſen. Schutzzölle, Kanal- und Wegebauten den
Handel hoben, inländiſche Wbeit ſchützten, aber einesteils eine
das über alle ſtändiſchen und korporativen Rechte hinweg der
abfoluten Macht der Krone Geltung verſchaffte. Weil ſo der
Intendant mit ſeinen subdẽéléguẽés willkürlich regiert, weil die
Krone alles zentraliſiert, weil provinzielle und munizipale Selb⸗
ſtändigkeit daneben nicht beſtehen kann, weil das Volk gewiſſermaßen
unter Kuratel geſtellt wird, erſcheint einesteils die Regierung für
alles verantworklich, wird anderenteils jeder Widerſtand gegen ihren
Druck, gegen den nächſten „boint de vuè“, den Intendanten, zu
einem Anziehungspunkte, legt man endlich der Regierung das zur
Laſt, wofür nicht ſie, ſondern das Beſtehenbleiben der feudalen
Rechte die Schuld trug, geht das Valk mit den Vertretern dieſer
unzeitgemäßen Rechte, gegen die Regierung, welche auf Koſten
eben dieſer Privilegien Reformen zu Gunſten des Volkes beab—
ſichtigte. Schauen wir etwas weiter hinaus, ſo erkennen wir
leicht, daß, weil man alles zentraliſierte, weil mit dieſer zentralen
Allgewalt jede lokale Individualität verloren ging, weil die Fäden
in Paris zuſammenliefen und man von dort die Befehle zu em—
pfangen gewohnt war, die Partei ſpäter über Frankreich herrſchen
koͤnnte, die das Haupt des Landes, Paris, beherrſchte; leuchtet
ein, daß ohne Ertötung der provinziellen Selbſtän—
digkeit eine Jakobinerherrſchaft ſpäter nicht denkbar
geweſen wäre.
Wie die Regierung faſt alle Verwaltungsſtellen, alle Aemter
veräußerte, wie ſie damit rechtlich die Gewalt über ihre Organe
aus der Hand gegeben und zu dem Mittel der Willkür ſchreiten,
den Bodeu des Geſetzes verlaſſen mußte, um ihren Willen durch⸗
zuſetzen, ſo waren auch in den Städten die öffentlichen Aemter
durch achtmal wiederholten Kauf in die Hand einer Oligarchie
gelangt. Die Verwaltung lag auch hier nur dem Namen nach
in der Hand dieſer ämterkaufenden Schöffen, thatſächlich beſorgte
der „lieutenant du roi“ die Verwaltung, und beſtimmten die Ge—
aniten nur über das Kommunalvermögen, an dem ſie ſich
ſchadlos zu halten. pflegten. An dieſen geſchloſſenen Verband
reihten ſich dann eine Zahl von teils geſetzlich, teils faktiſch ab⸗
geſchloſſenen Kreiſen der „bauté financè“, Mitglieder der Finanz—
kompagnien, Pächter der indirekten, Erheber der direkten Steuern,
Aktibnäre der mit Staatsmonopol verſehenen Handelskompagnie,
ſowie große Bankiers. Vermögen oder ſtaatliche Konzeſſion.
öffnete den Zugang zu dieſem Kreiſe der Börſenariſtokratie. Die
Kraft des Bürgertums lag in den Großhändlern, die unter Colbert
emporgekommen, deſſen. Schutzzölle, Kanal- und Wegebauten den
Handel hoben, inländiſche Wbeit ſchützten, aber einesteils eine