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Zeitschrift für allgemeine Geschichte, Kultur-, Litteratur- und Kunstgeschichte — 4.1887

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Mayer, Franz Martin: Jakobiner in Steiermark
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https://doi.org/10.11588/diglit.52692#0384
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374 Jakobiner in Steiermark.

Sie zeigte auf der einen Seite die Worte: Libert& et egalitẽ,
die Göttin der Freiheit und einen Schild mit der Aufſchrift La
constitution, auf der anderen Seite einen Kopf mit der Inſchrift
République frangaise und die Jahreszahl 1793. Der Gouberneur
dem dieſer Handel zu Ohren kam, erteilte nun am 21. April 1794
dem Kreishauptmann von Bruck den Auftrag, dieſe Münze einzu—
wechſeln und öffentlich bekannt zu machen, daß ſich künftig jeder,
der eine ſolche Münze habe, über den Erwelb derſelben werde
ausweiſen müſſen.

Und nun gar das Kaſino in Judenburg. In dieſer ſchön
gelegenen Stadt Oberſteiermarks hatte der Kreishauptmann Andreas
Pucher, um die langen Winterabende zu verkürzen, alſo zur Unter—
haltung, im Wirtshauſe zur Krone ein Kafino gegründet. Es
wurden Bälle abgehalten, Komödien aufgeführt, Karten und Kegel
geſpielt und auf die Scheibe geſchoſſen. Beamte, Bürger, Guts—
und Gewerksbeſitzer der Umgebung mit ihren Frauen und Töchtern
waren die eifrigen Teilnehmer an dieſen Unterhaltungen. Und
da die Zahl der Mitglieder eine große wurde, wählte man zur
Leitung zwei Direktoren, welche Statuten entwarfen und deren
Befolgung beaufſichtigten.

Gefragt über dieſes Kaſino, von deſſen Beſtand ſelbſt dem
Kaiſer ſchon berichtet worden war, konnte der Kreishauptmann
Pucher dem Statthalter die beruhigendſten Aufklärungen geben.
Die Kaſino- und Bolzſchießordnung ſowie das Verzeichnis der Teil—
nehmer legte er ſeinem Berichte bei. Uebrigens, erklärte er, habe
er ſchon längſt von den Lügen und Läſterungen vernommen, welche
Dummköpfe in Wien und Klagenfurt über das Kaſino verbreitet.
Manche vornehme Familie ſei auf ihrer Durchreiſe durch Juden—
burg im Kaſino freundlich aufgenommen worden und habe ſich da
gut unterhalten, zum Danke dafür habe ſie dann allerlei Schlechtes
über dasſelbe zu ſagen gewußt.

Nicht ganz waren die Sorgen des Gouverneurs durch dieſen
Bericht zerſtreut worden. Verſammlungen, ſchrieb er, welche eigene
Direktoren wählen und Verhaltungsmaßregeln aufſtellen, erregen
heutzutage Aufſehen und Verdacht. Pucher möge daher auf das
Kaſino keinen Einfluß mehr nehmen, die Teilnehmer unter gute
Polizeiaufſicht ſtellen und nicht erlauben, daß Aemter und Regeln
beſtehen. Die größten Hoffnungen ſetzte er auf den eben be—
ginnenden Frühling: das ſchöne Wetter werde die Leute ins Freie
locken und das Kaſino nach und nach verſchwinden.

Die geheimen Anzeigen und Verdächtigungen mehrten ſich in
auffallender Weiſe. In einer derſelben trat auch wieder das
 
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