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Zeitschrift für allgemeine Geschichte, Kultur-, Litteratur- und Kunstgeschichte — 4.1887

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Krones, Franz Xaver von: Land und Leute Westeuropas am Schlusse des Mittelalters nach gleichzeitigen Reiseberichten: Studie, 2
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https://doi.org/10.11588/diglit.52692#0759
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Land und Leute Weſteuropas. 749

zu danken war, daß, als ſchon das Dach des Dormitoriums brannte,
der Prior die heil. Jungfrau knieend um Beiſtand bat. Dieſe und
die frühere Feuersbrunſt müſſe man als Strafe Gottes anſehen;
das Völkchen in Bozen ſei laſterhaft, dem Trunke, der Ueppigkeit und
Hoffahrt überaus ergeben, denn dort ſei für den Lebensgenuß alles
in Hülle und Fülle vorhanden, vorzüglicher Wein und ſüße Früchte.
Aber es ſei andererſeits ein arger Fieberort, was man davon herleite,
daß die Stadt von der friſchen und geſunden Nordluft durch hohe
Berge abgeſperrt ſei, von der anderen, freien Seite aber Luft—
ſtrömungen aus dem Gebiete der übelriechendſten Sümpfe empfange.
Andere ſchrieben das herrſchende Fieber nicht der ſchlechten Luft,
ſondern dem guten Weine und der guten Küche, den üppigen Speiſen
zu, die man Unmäßig in ſich hinein ſchlänge und alſo krank werde.

Die Reiſenden konnten unter ſolchen Verhältniſſen auf der
Brandſtätte Bozens nicht länger als eine Nacht zubringen und
ritten morgens weiter. Bruder Faber vergißt nicht bei Tramin
(„Traming“) der vortrefflichen, im Schwabenlande gerngeſehenen
Rotweine und der gewaltigen Sümpfe zwiſchen der Etſch und
Meran zu gedenken, und widmet dann dem von ihm beſichtigten
Bergſchloſſe Firmian eine ausführliche Beſchreibung.

Sein damaliger Beſitzer, Herzog Sigismund, habe die Be—
feſtigungen ungemein erweitern und ſtärken laſſen. Die Mauer
ſei zwanzig Fuß dick, das Innere ſehr geräumig und wohnlich, ein
Radwerk fördere das Trinkwaſſer aus der Etſch herauf. Trotzdem
der Landesfürſt die Entſumpfung der Gegend angelegentlich be—
treibe und dadurch Fruchtland, ſchiffbare Kanäle und einen nam—
haften Weingarten gewänne, könne doch niemand auf der Burg
iange leben. Dies wurde unſerem Faber vom Schloßhauptmann
in nachſtehender biologiſcher Weiſe klar gemacht. Hier oben ſei
die Luft ſo friſch und ſtark, daß die Anwohner unaufhörlich Hunger
und Durſt verſpürten; das richte ſie dann bald zu Grunde, denn
immer gebe es offene Tafel und freien Wein. Auf die Frage,
weshalb der Landesfürſt Firmian ſo gewaltig feſt gemacht habe,
da es doch inmitten ſeiner Landgrafſchaft Tirol gelegen wäre,
antwortete ſein Gewährsmann, dies ſei deshalb geſchehen, damit,
falls die Bauern des Landes ſich nach Art der Schweizer gegen
ihren Herrn erhüben, er da droben ſicher ſei und von da aus ſie
ſo lange plagen könne, bis ſie zum Kreuze kröchen.

Bei der Erwähnung Neumarkts nimmt Bruder Felix Anlaß,
ſich über die „vagierenden“ Mönche auszuſprechen, die von deutſcher
Seite herüberflöhen, um ſich hier als in ſicherſtem Neſte zu bergen,
billig zu leben und für Meſſen möglichſt viel Geld herauszuſchlagen.
 
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