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Dürer, Albrecht
Albrecht Dürer in seinen Briefen — Leipzig, Berlin: Teubner, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.75394#0032
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Über Dürers Leben und Schaffen.

Gewänder, alles in sorgfältigster Malerei eigenhändig ausgesührt, von
der künstlerischen Gewissenhaftigkeit des Meisters erzählen. Gin solches
Bild war allerdings in Nürnberg noch nicht gemalt worden, und
wir verstehen, daß es in seiner leuchtenden Farbenschönheit jedem
damaligen Beschauer rückhaltlose Bewunderung ablockte. Dürer hatte
sehr bestimmte Anregung in Italien empfangen. Die Kunst dort
hatte einen höheren Flug, sie war einfacher und in der Bewegung
freier als im Norden. Er sucht diese Eindrücke diesmal zu verwerten,
wie wir es in keinem anderen Merke finden. Daß nun aber Dürer
deshalb ein Bild hätte schaffen wollen, das von einem Italiener
hätte gemalt sein können, wäre eine sehr irrtümliche Annahme. Mas
er versuchte, war, mit deutscher Phantasie und deutschem Grund-
empfinden zu Mürde und Klarheit in freier Bewegung sich auszu-
schwingen. Die kritische Betrachtung kann jedoch trotz aller Bewunderung
nicht zugeben, daß ihm vollständig gelang, was er erstrebte. Zu
völliger Freiheit ist er noch nicht überall durchgedrungen.
Die Verdrießlichkeiten, die sich an dieses in langer Arbeit voll-
endete Bild knüpften, sind aus den an Heller in Frankfurt geschriebenen
Briefen zu ersehen. Sie führten dazu, daß Dürer es direkt aussprach,
überhaupt von der Malerei sich abwenden zu wollen. Doch hatte
er noch ein Altarbild zu malen, dessen Ausführung er schon über-
nommen hatte. Es ist die Anbetung der Dreifaltigkeit, die einst in
der Kapelle des Landauer Klosters zu Nürnberg sich befand und jetzt
eine Zierde des Miener Hofmuseums bildet. Es ist gegenwärtig noch
das einzige figurenreiche Bild, das uns eine richtige Vorstellung davon
vermittelt, wie Dürer Farbenschönheit zu poesievoller Mirkung zu
verwenden wußte.
Menn wir die beiden letzten Bilder vergleichen, so nehmen wir
mit Überraschung wahr, daß das zweite viel weiter von Italien
abgerückt ist als das erste. Die Komposition hat gar nichts Italienisches,
die das Ganze beherrschenden Hauptgestalten sind groß gedacht, ohne
daß man sich irgendwie an Fremdes erinnert fühlt. In solcher Meise
wirkte der italienische Einfluß dann fort und zeitigte viel später erst
seine reifsten Früchte. In einer Hinsicht jedoch ist die Anbetung der
Dreieinigkeit italienischer als der Helleraltar. Es wurde früher schon
erwähnt, daß in Deutschland überall Flügelaltäre üblich waren, bei
denen zumeist der Hauptteil, d. i. der Mittelschrein der Plastik zusiel,
 
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