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Dürer, Albrecht
Albrecht Dürer in seinen Briefen — Leipzig, Berlin: Teubner, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.75394#0085
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An Heller in Frankfurt a. M. geschriebene Briefe.

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erstandenen. Im Jahre 1614 wurde die Tafel, die einen viel-
bewunderten Lefitz des Klosters bildete, gegen ein Iahrgeld dem Kur-
fürsten Maximilian von Bayern überlassen. In der Münchner Residenz
ging sie dann bei einem Brande zugrunde. Was uns blieb, sind außer
einer sehr mäßigen Kopie, die jetzt noch in Frankfurt aufbewahrt wird,
eine ganze Reihe herrlicher Einzelstudien. Neunzehn Blätter besitzen
wir noch. Rn den noch im Original vorhandenen Flügeln ist vielleicht
mit Rusnahme des Porträts von Heller nichts von Dürer selbst gemalt.
Die Krönung der Maria ist das eine der großen Bilder, das nach
dem Rufenthalt in Venedig entstand. Es gibt mehr als das spätere Rller-
heiligenbild von dem, was Dürer dort in sich ausgenommen hatte. Die große
Anordnung und die Ausprägung der den Sarg umstehenden Apostel wäre
ohne Italien nicht so geworden. Doch muß man zugeben, daß namentlich
die Apostel nicht durchweg befriedigen. Es fehlt ihnen das Einheitliche
der gesamten Gestalt. Der Organismus ist nicht frei von innen heraus
entwickelt, wie jüngst mit Recht betont wurde. Die Sorgfalt, die auf
die Einzelstudie verwendet wurde, ist echt Dürerisch, hinderte aber diesmal
noch den freien, sichern Gesamtentwurf. Im übrigen war das Bild ein
einzigartig ausgeführtes Stück, und wenn auch Dürer in bezug auf die
Apostel der Tafel noch nicht sein Höchstes erreichte, wie ihm dies
später gelang, so war das Bild doch in jeder anderen Beziehung ein
Juwel, das selbst dem Anfertiger des sonst trockenen Inventars des
Münchner Kunstbesitzes von 1627 rühmende Worte abgewann.
Für das Verständnis von Dürers Stellung feiner Kunst gegen-
über sind diese Briefe ergiebiger als die andere Gruppe. Daß wir
nebenbei belehrende Einzelheiten über damalige Werkstattgepflogenheiten
erfahren, ist schon wertvoll. Weit wichtiger aber ist, daß wir in einem
konkreten Fall durch den Meister selbst erfahren, mit welcher Sorgfalt
er zu Werke ging, und wie er trotz aller leidigen Umstände stets ein
Höchstes erstrebt. Aber obwohl er sich seiner Meisterschaft bewußt ist,
betont er doch in Bescheidenheit nachdrücklich, daß neben dem Werke
des Schöpfers künstlerischem vermögen absolute Vollkommenheit unerreich-
bar sei. Der große Meister Jan van Eyck schrieb auf seine Tafeln „Als
ich kann"; das war unausgesprochen auch Dürers Wahlspruch.
Erster Brief an Heller.
Nach einer neueren Mitteilung könnte man annehmen, daß Heller das
Altarbild schon seit 1503 in Aussicht genommen hätte, jedenfalls aber wurde die
Bestellung erst im Sommer 1507, als er in Nürnberg war, eine definitive.
Sicher schon vorher hatte Dürer übernommen, für Kurfürst Friedrich den
Weisen von Sachsen die in dem Briefe erwähnte Marter der Zehntausend zu
 
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