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Dürer, Albrecht
Albrecht Dürer in seinen Briefen — Leipzig, Berlin: Teubner, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.75394#0158
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126

Anhang.

und 1533 von einem Neffen ermordet. Da pico 1470 geboren war, so war er
mit pirkheimer völlig gleichalterig. Zusammengefunden hatten sich die beiden
wohl, als pirkheimer auf italienischen Universitäten sich aufhielt.
(Kus dem Lateinischen.)
1. September 1527.
Wilibald pirkheimer grüßt seinen Klbrecht Dürer.
Dieses liebe Büchlein, das mir von einem lieben Freunde ge-
schenkt wurde, habe ich Dir, mein liebster Klbrecht, zu widmen
beschlossen, nicht nur um unserer gegenseitigen Freundschaft willen,
sondern weil Du in der Kunst der Malerei allen weit voranstehst,
damit auch Du kennen lerntest, wie fein jener greise und weise
Theophrast die menschlichen Tharaktereigenschasten zu zeichnen ver-
stand. Zurückgedrängt pflegen sie sich eine Zeit lang zu verbergen
und nur bei gegebener Gelegenheit aus den tiefsten Falten des
Herzens heroorzubrechen, als ob sie jetzt erst entstünden und nicht
vielmehr durch die Furcht vor dem Zuchtmeister Sitte im Zaum
gehalten, schon längst im verborgenen vorhanden gewesen wären.
Ist jener nicht da, dann wagen sie sich ans Licht und zeigen sich
öffentlich. Daß dem wirklich so ist, beweisen vor anderen die gegen-
wärtigen Zeiten, in denen übergroße Freiheit auch übergroße
Schrankenlosigkeit auskommen läßt. Obwohl die Wahrheit allent-
halben gepredigt wird, wird doch in keiner Weise nach ihren For-
derungen gehandelt, als ob das Reich Gottes vielmehr in bloßen
Worten als in ihrer Erfüllung durch Werke bestünde?)
Da wir alle so schwach sind, daß Niemand leicht seine Fehler
zu tadeln über sich gewinnt, halte ich nichts für nützlicher, als immer
I) pirkheimer hatte anfangs Luthers Auftreten freudig begrüßt. Leine
Haltung hatte sogar dazu geführt, daß ihn mit Spengler durch Eck der päpst-
liche Vannstrahl traf. Indes war seine Stellung nicht eigentlich religiös bedingt.
Er begrüßte die Bewegung vor allem vom humanistischen Standpunkt aus. N)as
er wünschte, war in erster Linie Förderung der klassischen Studien durch Zurück-
drängen des scholastischen Formelkrams und des dadurch verknöcherten Unter-
richtswesens. Daß die Neuerungen in viele alte Verhältnisse störend eingriffen
und zugleich viele Auswüchse zeitigten, ist kaum verwunderlich, pirkheimer sah
später nur diese Schattenseiten. Daß es sich um die tiefgehendsten Gegensätze
religiösen und sittlichen Lebens handelte, konnte er nicht verstehen. Da er darum
den inneren Uern der Fragen nicht zu würdigen wußte, so stand er verstimmt
der Bewegung gegenüber, die er doch in vieler Hinsicht nicht verurteilen konnte.
Lin Ausfluß seiner mißbilligenden Haltung ist obige Stelle.
 
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