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Archäologisch-epigraphische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn — 10.1886

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Jireček, Konstantin: Archäologische Fragmente aus Bulgarien, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12271#0159
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Unmittelbar über den Häusern von Sliven ragen die steilen
Mauern des Balkan empor, über welchen in dieser Gegend nur
beschwerliche Saumpfade führen. Das Gebirge ist hier in mehrere
Ketten getheilt, zwischen denen sich die Wässer der ostwärts zum
Schwarzen Meere abfliessenden Kamcija sammeln. Die südliche
„ Wilde Kamcija" (bulg. Luda Kamcija, türk. Deli Kamcik) entsteht aus
zwei Quellflüssen, der Ko tlesniea; welche die merkwürdige, ganz
aus Holz erbaute, aber bei aller Alterthümlichkeit nicht in's Mittel-
alter zurückreichende Bulgarenstadt Kötel (7481 Einw.) durch-
fliesst, und der Rakovska Reka, die aus einem von bulgarischen
Schafhirten bewohnten Gebirgslande mit schönen Eichen- und
Buchenwäldern und Alpentriften herabsteigt. An dem Zusammen-
flusse beider liegt das Städtchen Gradec, an dessen Westseite
auf einem felsigen, von einer Strombiegung der Rakovska Reka
umflossenen Gebirgsvorsprung die Reste eines jetzt von alten Wald-
bäumen überwucherten Castells zu sehen sind, von dem der Ort
auch den Namen hat (gradec bulg. „Schlösschen"). Neben byzan-
tinischen und bulgarischen Münzen zeigte man mir in Gradec auch
einige hier gefundene von Septimius Severus und Diocletian. Dass
auch die höher gelegenen Waldgebiete im Alterthum nicht unbe-
wohnt waren, beweisen die Funde römischer Kaisermünzen selbst
in dem an der oberen Rakovska Reka in einer tiefen Schlucht ge-
legenen Icera: Silbermünzen von Hadrian, Philippus und Decius.
Den Engpass der Kotlesnica zwischen Gradec und Kotel überragt
von der Westseite eine steile isolirte Kuppe, deren Profil man selbst
vom Hissar von Karnabad gut unterscheiden kann, Grad (Schloss,
Burg), Vi da oder türk. Kyztepe („Mädchenhügel") genannt; auf

streckte und vielleicht auch jenseits des Flusses die dortige Therme umfasste. Der
Ort soll erst mit der türkischen Eroberung eingegangen sein. Ausser Tumuli, drei
Kirchenfundamenten, der Spur einer Brücke über die Tundza, Grundmauern von
Häusern findet man hier Gefässe, Lanzenspitzen, Skelette und byzantinische Münzen.
Bei der Therme grub man auch eine Marmorplatte (20 Cm. h. und br., 1*5 dick)
mit dem „thrakischen Reiter" aus, sowie eine Münze der Stadt Parium mit latei-
nischer Legende. Diese alte Ansiedelung halte ich für das mittelalterliche Au Ii
(y\ hi)\r\ Kedrenos p. 596, Eului, var. Aulin, Eulin bei Villehardouin ed. Wailly
p. 293), eine Burg (qppoüpiov) mit einer an Vieh und Getreide reichen Stadt (ville)
am Fusse des Haemus (kcxt& -ra<; iiTruupeiaf; tou Ai'juou; bei Villehardouin sehr
anschaulich beschrieben), 4 — 5 Tagemärsche nördlich von Adrianopel in der Nähe
von Diampolis. Im 11. Jahrhundert setzten sich hier einmal die Pecenegen fest
und schlugen die anrückenden Byzantiner bei Diampolis; 1207 wurde Auli vom
Lateinerkaiser Heinrich von Adrianopel aus erreicht und ausgeplündert.
 
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