Die Tribus Pollia
Gustav Wilmanns hatte in seiner Abhandlung über cdie römische
Lagerstadt Afrikas' in den commentationes Mommsenianae S. 201
bemerkt, dass in den zu Lambaesis gefundenen Listen von Soldaten
alle diejenigen, die als ihre Heimat das Lager nennen, zur Tribus
Pollia gehören. Die Erklärung hiefür machte Wilmanns Schwie-
rigkeit. Seit den neuerlichen Funden von Soldatenlisten in Aegypten
und der sofort erfolgenden umfassenden Verwerthung derselben
durch Mommsen im Hermes 19 (1884), durch die unsere Kenntnis
von der Aushebungsordnung in der römischen Kaiserzeit völlig
umgewandelt wird, ist auch das zweifellos geworden, dass die polli-
sche Tribus nach Mommsens Worten a. a. 0. S. 11 cals personale
und zur Erlangung der Dienstfähigkeit in der Legion den an sich
derselben ermangelnden Rekruten verliehen zu betrachten' ist. Wes-
halb ist hierzu aber gerade die pollische Tribus gewählt worden ?
Eine, ernstliche Bedeutung hatte, so viel wir sehen, die Verschie-
denheit der Tribus nicht mehr. Dass die Zugehörigkeit zu einer
städtischen Tribus wenig ehrenvoll war, war geblieben, aber ob der
Einzelne zu dieser ländlichen Tribus oder einer anderen gehörte,
machte sachlich wohl wenig aus. Dass man nun diejenigen, die
das Bürgerrecht erhielten, um als Bürgersoldaten Kriegsdienste zu
thun, in die pollische Tribus aufnahm, hat vielleicht darin seinen
Grund, dass diese Tribus nach der Bedeutung ihres Namens die
für die Kriegsmänner passendste zu sein schien *). Von den Tribus
haben die städtischen bekanntlich ihre Namen nach Oertlichkeiten
der Stadt, von den ländlichen die älteren nach patricischen Gentes,
die jüngeren nach Oertlichkeiten. So ist fast kein Tribusname
derart, dass er anscheinend eine Eigenschaft ausdrückte. Die ein-
zige Ausnahme bildet, so viel ich sehe, die Pollia, die wegen des
Zusammenhangs mit poliere die "starke5, die 'kraftvolle' zu bedeuten
schien1). Wir wissen, dass bei der Aufstellung der Liste der zu
*) Erst jetzt, da der Bogen abgezogen werden soll und ich den Satz nicht
stärker ändern kann, sehe ich, dass dies von Mommsen selbst in einer beiläufigen
Bemerkung vermuthet worden ist (im Anschluss an die Publication der einen Liste
aus Aegypten, Eph'epigr. V p. 15 mit Note 1). Seine von mir übersehenen Worte
sind: 'non aliam objcausam opinor quam boni ominis .
*) Natürlich soll damit nicht gesagt sein, dass wirklich Pollia als Tribus-
und Gentilnamen mit pollere zusammenhängt.
Gustav Wilmanns hatte in seiner Abhandlung über cdie römische
Lagerstadt Afrikas' in den commentationes Mommsenianae S. 201
bemerkt, dass in den zu Lambaesis gefundenen Listen von Soldaten
alle diejenigen, die als ihre Heimat das Lager nennen, zur Tribus
Pollia gehören. Die Erklärung hiefür machte Wilmanns Schwie-
rigkeit. Seit den neuerlichen Funden von Soldatenlisten in Aegypten
und der sofort erfolgenden umfassenden Verwerthung derselben
durch Mommsen im Hermes 19 (1884), durch die unsere Kenntnis
von der Aushebungsordnung in der römischen Kaiserzeit völlig
umgewandelt wird, ist auch das zweifellos geworden, dass die polli-
sche Tribus nach Mommsens Worten a. a. 0. S. 11 cals personale
und zur Erlangung der Dienstfähigkeit in der Legion den an sich
derselben ermangelnden Rekruten verliehen zu betrachten' ist. Wes-
halb ist hierzu aber gerade die pollische Tribus gewählt worden ?
Eine, ernstliche Bedeutung hatte, so viel wir sehen, die Verschie-
denheit der Tribus nicht mehr. Dass die Zugehörigkeit zu einer
städtischen Tribus wenig ehrenvoll war, war geblieben, aber ob der
Einzelne zu dieser ländlichen Tribus oder einer anderen gehörte,
machte sachlich wohl wenig aus. Dass man nun diejenigen, die
das Bürgerrecht erhielten, um als Bürgersoldaten Kriegsdienste zu
thun, in die pollische Tribus aufnahm, hat vielleicht darin seinen
Grund, dass diese Tribus nach der Bedeutung ihres Namens die
für die Kriegsmänner passendste zu sein schien *). Von den Tribus
haben die städtischen bekanntlich ihre Namen nach Oertlichkeiten
der Stadt, von den ländlichen die älteren nach patricischen Gentes,
die jüngeren nach Oertlichkeiten. So ist fast kein Tribusname
derart, dass er anscheinend eine Eigenschaft ausdrückte. Die ein-
zige Ausnahme bildet, so viel ich sehe, die Pollia, die wegen des
Zusammenhangs mit poliere die "starke5, die 'kraftvolle' zu bedeuten
schien1). Wir wissen, dass bei der Aufstellung der Liste der zu
*) Erst jetzt, da der Bogen abgezogen werden soll und ich den Satz nicht
stärker ändern kann, sehe ich, dass dies von Mommsen selbst in einer beiläufigen
Bemerkung vermuthet worden ist (im Anschluss an die Publication der einen Liste
aus Aegypten, Eph'epigr. V p. 15 mit Note 1). Seine von mir übersehenen Worte
sind: 'non aliam objcausam opinor quam boni ominis .
*) Natürlich soll damit nicht gesagt sein, dass wirklich Pollia als Tribus-
und Gentilnamen mit pollere zusammenhängt.